1. Programmkonvent zum Parteiprogramm am 26. Juni 2010 in Dresden
In meinem Einführungsbeitrag forderte ich eine Debatte, in der wir uns zu Grundfragen unserer Politik verständigen. Denn das ist notwendig, da nur in einer solchen Debatte alternative Vorstellungen und Reformalternativen entwickelt werden können. Gerade in der gegenwärtigen Situation, in der erstmals seit 1998 die drei Parteien LINKE, SPD und Grüne keine rechnerische Mehrheit im Bundestag haben, sollten wir die Herausforderung nutzen, ggf. in Sachfragen zusammenzuarbeiten und zugleich in einen strategischen Dialog zu treten.
Liebe Genossinnen und Genossen,
ich darf euch zum 1. Konvent im Rahmen der laufenden Programmdebatte, im Namen des
Landesvorstands und der Grundsatzkommission Sachsen, ganz herzlich begrüßen.
Ich freue mich, dass trotz des Ferienbeginnes heute so viele den Weg nach Dresden gewählt haben und an der letzten VERANSTALTUNG der LINKEN Sachsen teilnehmen.
In den letzten Wochen hat es drei Regionalkonferenzen in Dresden, Leipzig und Chemnitz gegeben, mit mehr als 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Nachdem wir uns Ende April in Chemnitz zum Auftakt der Programmdiskussion in Sachsen getroffen haben, wurden seit dieser Zeit unwahrscheinlich viele Veranstaltungen, Diskussionen zu dem vorliegenden Programmentwurf durchgeführt. Ich möchte mich an dieser Stelle bei den Mitgliedern der Grundsatzkommission bedanken, die die Programmdiskussion im Auftrag des Landesvorstandes organisieren und aktiv begleiten.
Heute treffen wir uns erstmalig um in verschieden Workshops zu ausgewählten inhaltlichen Themen zu diskutieren. Unsere heutige Veranstaltung ist auch eine Art Zäsur der ersten Runde im Rahmen der Programmdebatte in Sachsen.
Ich will auch gar kein langes Eingangsreferat halten, sondern nur einige wenige Gedanken äußeren. Was ist mir wichtig, auch in der weiteren Debatte die wir führen werden?
1. Ich will, eine transparent, breit und tiefgründig und Ergebnisoffene Debatte innerhalb der LINKEN.
2. Ich will, eine Debatte, in der wir uns um Grundfragen unsere Politik verständigen und
3. ich will dabei als Ergebnis ein Parteiprogramm in der es um die klar erkennbare Line geht und kein Wahlprogramm, als Sammelsurium für: wir haben auf alles anstehende
Tagesaufgaben eine Antwort.
4. Ich will, eine Diskussionskultur die nicht davon bestimmt ist: Ich habe Recht und Du nicht bzw. wo dem Mitdiskutanten unterstellt wird er/sie sei eine linke oder rechte AbweichlerIn
5. Wir müssen die Diskussion um unser Programm für die politische Bildungsarbeit nutzen und dies für alle Generationen und auch für alle Gruppen von Mitgliedern, sein man nun schon seit sechzig Jahre Mitglied oder erst seit wenigen Monaten.
6. Wir brauchen die Programmdebatte für unser Selbstverständnis als junge linke Partei in
Deutschland, zumal wir – auch wenn wir dies in Sachsen nicht glauben wollen, seit 2007
1/3 neue Mitglieder in der Partei DIE LINKE haben.
7. Ich will, dass wir uns nach einer ersten innerparteilichen Verständigung in diesem Jahr, dass wir mit weiteren AkteurInnen außerhalb unsere Partei ins Gespräch kommen über unser neues Programm.
8. Und ich will organisatorisch, dass wir eine größtmögliche Beteiligung erreichen.
Mit dem Wahlerfolg bei der Bundestagswahl ist eine ambivalente Situation entstanden. Der neuen Stärke unserer Partei, auf Grundlage breiterer Zustimmung zu linken Positionen – gerade in der Krise -, steht eine bürgerliche Regierungskoalition gegenüber, die inhaltlich für die Kräfte der Krisenversursacher wie der Krisengewinner steht.
Für die LINKE ergibt sich damit eine große inhaltliche Herausforderung, ihre Alternativen zu präsentieren und immer wieder weiter zu entwickeln. Zugleich ist eine neue Konstellation auf der Oppositionsseite im Bundestag entstanden. Erstmals seit 1998 haben die drei Parteien SPD, Grüne und LINKE keine rechnerische Mehrheit mehr. Das Lager aus diesen drei Parteien ist mit seinen jeweiligen inneren Klärungsproblemen, mit seinen Differenzen und innerparteilichen Neubestimmungen dort versammelt.
Ich verstehe diese Situation trotz aller Ambivalenzen als eine Chance. Wir sollten die
Herausforderung nutzen, alternative Vorstellungen zu ruinöser Schwarz-Gelber Politik einer Umverteilung von unten nach oben im Wettstreit zu entwickeln, ggf. in Sachfragen
zusammenzuarbeiten und zugleich in einen strategischen Dialog zu treten.
Im sächsischen Landtag, haben sich in den letzten Monaten immer wieder an in Sachfragen orientierte gemeinsame Initiativen zwischen den Fraktion SPD, Grünen und uns ergeben, die weiter ausbaufähig sind. Ein beginnendes Vertrauensverhältnis beginnt zu wachsen. Nur auf diesem Wege können Reformalternativen entwickelt und im gesellschaftlichen Diskurs verankert werden, kann um gesellschaftliche Hegemonie gerungen werden. Da eine Regierungsalternative nicht von selbst oder nur arithmetisch entsteht, ist dies meiner Auffassung nach der Humus, aus dem sich eine mitte-links Regierung, verbunden mit einem Bündnis progressiver gesellschaftspolitischer Kräfte, entwickeln lässt.
Was wir brauchen ist auch in Sachsen eine Debatten über Reformalternativen und die Möglichkeit diese Debatte mit anderen zu führen, hier müssen wir in Sachsen noch nach Möglichkeiten und Wegen suchen.
Voraussetzung von Seiten der LINKEN für die Erarbeitung von Reformalternativen ist eine strategische Debatte, die dieser Situation gerecht wird. Die Erkenntnis, dass es kein eigenes drittes Lager für uns gibt und nicht alle anderen Parteien „neoliberaler Einheitsbreit“ sind, ist unverzichtbarer Ausgangspunkt für die Suche nach Schnittmengen und gemeinsamen Projekten, um die neoliberale Politik von Schwarz-Gelb perspektivisch zu beenden und umsteuern zu können. Für ein selbstbewusstes Agieren in dieser strategischen Debatte ist eine programmatische Grundlegung ebenso wichtig wie für die weitere integrierende Identitätsstiftung der neuen LINKEN. Die lange Wartezeit bis zur Vorlage eines Programmentwurfs durch die Programmkommission zeigt
die Schwierigkeiten bei der Kompromissfindung. Die Grundsatzkommission der sächsischen LINKEN, die im Auftrag des Landesvorstandes, die
Programmdebatte organisiert und koordiniert, hat Leitfragen für Sachsen aufgestellt.
Die lauten: „Kapitalismus und bürgerliche Gesellschaft“, wobei wir hier vor allem über die Frage diskutieren wollen:
Wer ist Träger der gesellschaftlichen Veränderung?
Und wir wollen über die Eigentumsverhältnis als Quelle von Unterdrückung und Ausbeutung
diskutieren.
3
Ein zweite Leitfrage ist die nach: „Freiheit und Demokratie“.
Hier müssen wir, um nur ein Beispiel zu nennen, uns um unser Staatsverständnis verständigen. Im Programmentwurf steht dazu nichts.
Als eine dritte Frage hat die Grundsatzkommission, die Frage nach unseren Ansätzen für einen gesellschaftlichen Wandel?, herausgearbeitet. Wobei es bei dieser Frage auch um die PartnerInnen für andere gesellschaftlichen Mehrheiten geht.
Bei der vierten Leitfrage geht es um die „Politische Kultur und das Selbstverständnis der LINKEN.“ – also zum Beispiel sollten wir hier die Frage beantworten? Was soll, was muss die LINKE in ihrem Politikstil von anderen Parteien unterscheiden?
Ich denke, wir werden viel zu debattieren haben und es ist auch notwendig. Lasst uns diese Debatte in aller Fairness führen, dann kommen wir auch zu einem guten Ergebnis.
Ich habe am Donnerstag in Chemnitz bei der 3. Regionalkonferenz erlebt wie intensiv debattiert worden ist, ich bin gespannt auf die heutige Debatte. Unser 1. Konvent im Rahmen der Programmdebatte ist eröffnet.