Konferenz der LINKEN am 23.10.2010 mit „Schneeberger Erklärung 2010“ beendet
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 4. Armutskonferenz der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag zum Thema „Überwindung von Hartz IV als wichtigste Voraussetzung für Armutsbekämpfung“ verabschiedeten heute im erzgebirgischen Schneeberg folgende Erklärung:
Hartz IV war und ist Armut per Gesetz. Allein in Sachsen sind nach wie vor mehr als eine halbe Million Menschen auf diese Leistung auf Sozialhilfeniveau angewiesen. Seit Inkrafttreten der Hartz-IV-Regelungen im Januar 2005 ist die offizielle Armutsquote in Sachsen weiter angestiegen und liegt heute mit 20 Prozent weit über dem Bundesdurchschnitt und sogar über dem Durchschnitt der fünf neuen Bundesländer. Besonders dramatisch ist, dass inzwischen mehr als ein Viertel der Kinder und über 40 Prozent der Alleinerziehenden im Freistaat unmittelbar von Armut betroffen sind. Entgegen der Behauptung der Staatsregierung und der sie tragenden schwarz-gelben Koalition ist Sachsen nicht das ostdeutsche Vorzeigeland für soziale Gerechtigkeit, sondern vielmehr das Musterland der besonders restriktiven Umsetzung von Hartz IV, der Minijobs und des Niedriglohnes. Mehr als 130.000 Erwerbstätige, darunter 17.000 Selbständige, sind in Sachsen als Aufstocker auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen. Nach wie vor hält die Abwanderung aus Sachsen an, so dass die sächsische Bevölkerung seit 2005 um weitere 120.000, vornehmlich junge Menschen zurückgegangen ist. Wer Armut wirklich überwinden will, muss für die Überwindung von Hartz IV eintreten. Die Anhebung des Regelsatzes um lediglich 5 Euro und der Verzicht auf einen eigenen Regelsatz für Kinder ist eine Beleidigung für die Verfassungsrichter und insbesondere für die von Hartz IV Betroffenen. Als unverzichtbare Schritte auf diesem Weg fordern wir von der Staatsregierung und der sie tragenden Koalition:
1. Ablehnung des von der Bundesregierung am 20. Oktober verabschiedeten Änderungsgesetzes zu Hartz IV im Bundesrat und Einbringung eigener Vorschläge zur sachgerechten Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes vom 9. Februar dieses Jahres. Der Regelsatz muss auf mindestens 420 Euro angehoben werden. Darüber hinaus sind Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu leisten, um spätere Altersarmut zu verhindern.
2. Initiative zur Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns, der über der Armutsgrenze liegt und garantiert, dass Beschäftigte von ihren Arbeitseinkommen auch leben können.
3. Einführung eines Landesbeschäftigungsprogramms zur Schaffung Existenz sichernder Arbeitsplätze aus Landesmitteln, anstatt weiterhin auf prekäre Beschäftigung zu setzen.
4. Aufstockung der finanziellen Mittel für Verbände und Vereine zumindest auf das bisherige Niveau. Rücknahme der Vorhaben der Staatsregierung zur Beschneidung des vor allem für Hilfebedürftige unverzichtbaren bürgerschaftlichen Engagements.
5. Rücknahme der drohenden Sozialkürzungen im Doppelhaushalt 2011/2012, um eine Ausweitung und Zementierung von Armut zu verhindern.