Kreisparteitag in Nordwestsachsen

Liebe Genossin­nen und Genossen,

eigentlich sollte ich jet­zt in Schnee­berg im Erzge­birge sein, wo heute unsere Land­tags­frak­tion die 4. Armut­skon­ferenz durch­führt. Wegen der aktuellen Ereignisse in eurem Kreisver­band habe ich mich kurzfristig entsch­ieden, heute erst hier­her zu kom­men und dann gegen Mit­tag nach Schnee­berg weit­erz­u­fahren.

Ich will hier jet­zt nicht bew­erten, welche Ereignisse oder Ursachen dazu geführt haben, dass Michael Sehrt ver­gan­genen Sonnabend erk­lärte, er ste­ht für eine Wieder­wahl als Kreisvor­sitzen­der nicht mehr zur Ver­fü­gung. Diese Analyse müsst ihr im Kreis sel­ber vornehmen, vor allem auch deswe­gen, damit sich so eine Sit­u­a­tion kün­ftig nicht wieder­holt.

Ich bin heute gekom­men, weil der Lan­desvor­stand vor eini­gen Monat­en – auf euren Antrag hin – euch als Pilot­pro­jekt für die notwendi­ge Parteien­twick­lung aus­gewählt hat­te. Als Lan­desvor­sitzen­der erwarte ich nun von euch, dass diese Auf­gabe mit dem neuen Kreisvor­stand naht­los fort­ge­führt wird – so wie sie dem Kleinen Parteitag am 4. Sep­tem­ber als Zwis­ch­en­ergeb­nis vorgestellt wurde. Dieses Pilot­pro­jekt ist nicht nur für euch als Kreis son­dern für den gesamten Lan­desver­band von großer Bedeu­tung.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

ich will gar nicht Drumherum reden: Ich bedau­re Michael Sehrts Entschei­dung.

Micha,
Du warst mir in mein­er Funk­tion als Lan­desvor­sitzen­der und auch vorher, als Lan­des­geschäfts­führer, stets ein ver­lässlich­er Part­ner. Vie­len Dank.
Du warst in ein­er Zeit Kreisvor­sitzen­der, als zwei ehe­ma­lige Kreise zusam­men­gelegt wur­den, die das bei­de zunächst nicht woll­ten. Ihr ward ja auch der­jenige Kreisver­band, wo wir mit der Vere­ini­gung am läng­sten gewartet hat­ten, um euch die Zeit zu geben, die ihr brauchtet.

Liebe Genossin­nen und Genossen,
ich kann ja ver­ste­hen, dass es Men­schen gibt, die mit der Arbeit eines Vor­sitzen­den nicht zufrieden sind. Dann liebe Genossin­nen und Genossen erwarte ich aber, dass ihr das ansprecht, ihr die Debat­te sucht und den Mei­n­ungsstre­it miteinan­der. Immer­hin pos­i­tiv anzumerken ist, dass ihr Michael vor ein­er Woche schriftlich informiert und die Presse dabei außen vor gelassen habt.

Ich erwarte von euch Allen: Heute ist der let­zte Tag um über Unschönes in der Ver­gan­gen­heit zu reden und das auch nur eingeschränkt. Ich will stattdessen, dass wir uns mit Zukun­fts­fra­gen der LINKEN und unsere Antworten auf gesellschaftliche Prob­leme beschäfti­gen.

Liebe Genossin­nen und Genossen,
wir ste­hen näch­stes Jahr vor zwei unwahrschein­lich schwieri­gen Auf­gaben als Bun­despartei:
Wir als LINKE haben ein­er­seits 5 Land­tagswahlen – davon drei im Osten – erfol­gre­ich zu bestre­it­en und wir müssen ander­er­seits unsere Pro­gram­mde­bat­te soweit voran­brin­gen, dass unser neues Parteipro­gramm durch einen Mit­glieder­entscheid Ende 2011 beschlossen wer­den kann. Für den säch­sis­chen Lan­desver­band erwarte ich, dass wir uns in diese Auf­gaben inten­siv ein­brin­gen!

Bei der Pro­gram­mde­bat­te bin ich bis­lang sehr opti­mistisch, was wir Sach­sen da leis­ten kön­nen. Vor weni­gen Wochen sagte mir unser Vor­sitzen­der Klaus Ernst, nach sein­er Ein­schätzung bietet der säch­sis­che Lan­desver­band bis­lang die besten Möglichkeit­en für Genossin­nen und Genossen, sich in die Pro­gram­mde­bat­te wirk­sam einzubrin­gen.

Natür­lich freue ich mich sehr über sein Lob, aber nach mein­er Auf­fas­sung müssen wir die näch­sten Wochen noch viel stärk­er nutzen, unsere erar­beit­eten Posi­tio­nen zu Papi­er zu brin­gen und an die Redak­tion­s­gruppe des Parteivor­stands zu schick­en.

Denn der derzeit­ige Pro­gram­men­twurf sollte nach mein­er Auf­fas­sung auf jeden Fall über­ar­beit­et wer­den. Bis­lang fehlen mir darin unsere linken Visio­nen über den All­t­ag hin­aus. Man kann es auch anders for­mulieren: Der Entwurf liest sich ein biss­chen zu sehr als Wahl­pro­gramm für die laufende Peri­ode statt eines echt­en Parteipro­gramms über den näch­sten Wahlabend hin­aus.

Da geht es zunächst auch nicht darum, ob eine Idee sofort mehrheits­fähig wäre. Vor Debat­ten oder gar vor­eilige Ablehnung soll­ten wir keine Angst haben.

Da wäre z.B. der Vorschlag über die Ein­führung eines bedin­gungslosen Grun­deinkom­mens. Diese Idee ist auch inner­halb der LINKEN nicht unum­strit­ten. Ich vertrete die Mei­n­ung, dass dieser Vorschlag zum Grun­deinkom­men eine enorm wichtige Diskus­sion über den gesamten The­menkom­plex Grund­sicherung bietet. Es geht dabei um die Frage, wie eine gesicherte Exis­tenz sowie gesellschaftliche Teil­habe auch ohne Erwerb­sar­beit möglich sein kann. Angesichts von Mil­lio­nen Men­schen ohne Job ist das eine Frage, auf die wir eine Antwort find­en MÜSSEN.

Dass das Mod­ell des bedin­gungslosen Grun­deinkom­mens bei der heuti­gen Aus­rich­tung der Sozial­sys­teme zunächst auf Kri­tik stößt, ist nachvol­lziehbar – auch wenn diese Idee an sich weniger rev­o­lu­tionär ist, als vielfach angenom­men wird.

Jen­seits von Begrif­f­en und For­mulierun­gen: Wir müssen uns Gedanken machen über eine mod­erne Form des „Rechts auf Arbeit“.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

ich sprach am Anfang mein­er Rede neben der Pro­gram­mde­bat­te auch von den anste­hen­den Land­tagswahlen im Jahr 2011. Wir sind als Sach­sen davon nicht direkt betrof­fen, wir pla­nen aber wieder den Ein­satz von Unter­stützung­steams in die wahlkämpfend­en Lan­desver­bände.

Der Aus­gang dieser Wahlen hat jedoch sehr wohl Auswirkun­gen bis zu uns nach Sach­sen. Es geht dann um Fra­gen wie:
• wie schnei­det DIE LINKE jew­eils ab?
• sind rech­ner­isch Regierungs­beteili­gun­gen durch DIE LINKE möglich?
• ist das Ergeb­nis der LINKEN bess­er als das der SPD?
• was passiert, wenn sog­ar die Grü­nen bess­er abschnei­den als die SPD?
• koalieren dann die Grü­nen eher mit der CDU als sich auf rot-rot-grün einzu­lassen?

Eines ist sich­er: 2011 WIRD SPANNEND!

Das Jahr 2011 wollen wir in Sach­sen vor allem auch für die Klärung von poli­tisch-inhaltlichen Fra­gen nutzen. Dazu haben wir im Lan­desver­band bere­its fünf Pro­jek­t­grup­pen gebildet, die sich mit The­men wie:

• Armut
• Schaf­fung von Arbeit­splätzen
• Nach­haltigkeit
• Bil­dung und Kul­tur
• und Demokratisierung der Gesellschaft

beschäfti­gen sollen. Aus dieser über­greifend angelegten Pro­jek­tar­beit soll dann ein inte­gri­ertes Lan­desen­twick­lungs- und Wirtschaft­skonzept der LINKEN als Dialo­gange­bot an die Ein­wohner­in­nen und Ein­wohn­er in Sach­sen entste­hen. D.h. wir wollen uns mit Fra­gen der Entwick­lung und Zukun­ft von Sach­sen beschäfti­gen.

Gle­ichzeit­ig müssen wir uns auch inner­halb der Partei auf Verän­derun­gen ein­stellen, weit­er an uns arbeit­en und das Miteinan­der verbessern. Wir brauchen nicht nur neue Mit­stre­i­t­erin­nen und Mit­stre­it­er. Wir müssen sie auch mehr ein­beziehen und unsere Struk­turen für sie öff­nen. Das ist manch­mal schwierig, ich weiß.

Es ist also viel zu tun. Ich zäh­le da auch beson­ders auf euren Kreisver­band. Ihr habt ein­er­seits viel Poten­tial, aber ander­er­seits noch einige Reser­ven! Danke