LKA durchsucht Dresdner Haus von Linkspartei: Rico Gebhardt, Landesvorsitzender der Linken in Sachsen im Interview

Inter­view mit der ND vom 23.2.2011

Am Sam­stag hat Sach­sens LKA das »Haus der Begeg­nung« (HdB) in Dres­den durch­sucht, in dem auch die Stadt­geschäftsstelle der LINKEN sitzt. Welche neuen Erken­nt­nisse gibt es inzwis­chen?Wir wis­sen heute, dass das LKA das falsche Gebäude durch­sucht hat.
Beantragt war eine Aktion beim Jugend­vere­in »Rot­er Baum«, betrof­fen war das »Haus der Begeg­nung« auf der anderen Straßen­seite. Die Recht­fer­ti­gun­gen der Staat­san­waltschaft, warum man dort einge­drun­gen ist, und zwar auch in Räume der Partei und sog­ar eine Anwalt­skan­zlei,
halte ich für absurd. Deren Tür wurde einge­treten, obwohl ein großes Schild auf die Kan­zlei hin­weist. Man zieht im Nach­hinein Recht­fer­ti­gun­gen an den Haaren her­bei.

Hat das juris­tis­che Fol­gen?
Wir machen Schaden­er­satzansprüche gel­tend und lassen prüfen, inwieweit die gesam­melten Dat­en ver­w­ertet wer­den dür­fen. Dazu habe ich einen Anwalt eingeschal­tet. Vor allem muss die Angele­gen­heit ein poli­tis­ches Nach­spiel haben.

In welch­er Form?
Darüber muss die Frak­tion in den näch­sten Tagen befind­en. Die SPD hat eine Son­der­sitzung des Innenauss­chuss­es beantragt; das ist sicher­lich der richtige Ort. Wir wollen klären, ob der SEK-Ein­sat­zleit­er und der Präsi­dent des Lan­deskrim­i­nalamtes über­fordert waren. Bei­de wer­den einige Fra­gen zu beant­worten haben.

Muss es dabei nur um die Stür­mung des HdB gehen?
Die SPD attestiert der Polizei für den 19. Feb­ru­ar Totalver­sagen.

Totalver­sagen werfe ich der Polizei nicht vor. Wir hat­ten eine sehr unüber­sichtliche Sit­u­a­tion in Dres­den, denn die Sicher­heits­be­hör­den haben als Schlussfol­gerung aus Urteilen des Ver­wal­tungs­gerichts einen Polizeiein­satz organ­isiert, der beteiligte Beamte über­fordern musste. Zu klären sind allerd­ings einige konkrete und durch Fil­mauf­nah­men belegte Sit­u­a­tio­nen: der Ein­satz eines Wasser­w­er­fers ohne vorherige Ankündi­gung, die Anwen­dung von so genan­nten pep­per balls, die Nutzung von Polizei­drohnen oder die ver­suchte Erstür­mung des alter­na­tiv­en Wohn­pro­jek­tes »Die Prax­is« durch Nazis, das die Polizei an diesem Tag nicht schützte, obwohl die Attacke abzuse­hen war. Alle diese Fra­gen müssen par­la­men­tarisch gek­lärt wer­den.

Fordern sie per­son­elle Kon­se­quen­zen?
Das muss gek­lärt wer­den. Ich rede nicht über den Polizepräsi­dent oder den Innen­min­is­ter, aber im Fall des vor kurzem einge­set­zten LKA-Präsi­den­ten muss man tat­säch­lich über­legen, ob das der richtige Mann am richti­gen Ort ist, wenn er bere­its beim ersten Ein­satz ver­sagt. Und soll­ten sich die Gerüchte verdicht­en, wonach der Ver­fas­sungss­chutz seine Hand im Spiel hat­te, frage ich mich, wie sin­nvoll eine solch große Behörde ist, wenn sie im Zweifels­fall nicht ein­mal das richtige Objekt iden­ti­fiziert.

Der Ein­satz richtete sich gegen die Press­es­telle des Bünd­niss­es »Dres­den naz­ifrei«, dem die Ans­tiftung zu Gewalt­straftat­en vorge­wor­fen wird. Hal­ten sie das für gerecht­fer­tigt?
Wir müssen jet­zt sehr auf­passen, dass nach den erfol­gre­ichen Block­adeak­tio­nen die zivilge­sellschaftlichen Proteste nicht krim­i­nal­isiert wer­den. Das Bünd­nis hat die friedlichen Proteste
organ­isiert, das heißt auch: eine entsprechende Logis­tik aufge­baut. Sie dür­fen jet­zt nicht dafür haft­bar gemacht wer­den, dass es den Nazi­auf­marsch in Dres­den zum zweit­en Mal nach 2010 nicht gegeben hat.