Pressekonferenz zur Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchung der Räume der LINKEN in der Großenhainer Str. 93 in Dresden am 19. Februar

Sehr geehrte Damen und Her­ren,

wir haben Sie heute ein­ge­laden, um Sie über unsere Klage auf Fest­stel­lung der Rechtswidrigkeit der Durch­suchung der Räume der LINKEN zu informieren. Dies wird dann anschließend unser Anwalt André Scholl­bach machen, deswe­gen will ich darauf auch gar nicht einge­hen, son­dern zu Beginn ein paar wenige Aus­führun­gen machen, wie ich den 13. und 19. Feb­ru­ar 2011 bew­erte und welche Schlussfol­gerun­gen aus heutiger Sicht mein­er Mei­n­ung nach zu ziehen sind.

Dank des couragierten zivilge­sellschaftlichen Engage­ments von mehr als 20.000 Men­schen ist es gelun­gen, dass die geplanten Nazi­aufmärsche am 19. Feb­ru­ar 2011 in Dres­den, für welche die Szene europaweit mobil­isierte, zum zweit­en Mal in Folge ver­hin­dert und die Kundge­bun­gen nur unter erhe­blichen Ein­schränkun­gen durchge­führt wer­den kon­nten. Tausende Men­schen aus der gesamten Bun­desre­pub­lik und nach mein­er Beobach­tung viel mehr Dres­d­ner­in­nen und Dres­d­ner als im ver­gan­gen Jahr, haben sich in vielfältiger Form gegen Nazis und den Miss­brauch des Gedenkens an die Kriegsz­er­störung Dres­dens engagiert und Gesicht gezeigt.

Dieser Erfolg, der nicht nur bun­desweit und über die Gren­zen der Bun­desre­pub­lik hin­aus bre­it medi­al reflek­tiert wor­den ist, son­dern auch im hohen Maße bun­des- und europaweit Beach­tung, Respekt und Zus­pruch gefun­den hat, wurde nicht zulet­zt auch durch die Bere­itschaft han­del­nder PolizeiführerIn­nen möglich.
Denn ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Dres­d­ner Stadtver­wal­tung und des Dres­d­ner Ver­wal­tungs­gericht­es hat die Polizeiführung das Recht auf Gegen­proteste in „Ruf und Hör­weite“ zumin­d­est par­tiell gewährt, die in ein­er grandiosen Vielfalt erfol­gten. So haben sich Gew­erkschaften, Kirchen, Parteien, das Bünd­nis „Dres­den Naz­ifrei!“ und viele andere demokratis­che Ini­tia­tiv­en zu einem bre­it­en Spek­trum zivilge­sellschaftlich­er Kräfte zusam­menge­fun­den.

Die Stadt Dres­den mit ihrer – lei­der erkrank­ten – Ober­bürg­er­meis­terin hat es zumin­d­est am 13. Feb­ru­ar geschafft, ein Zeichen zu set­zen, das in dieser Stadt Nazis nicht erwün­scht sind. Lei­der hat die Stadt am 19. Feb­ru­ar aus mein­er Sicht völ­lig ver­sagt, weil nicht nur die Ver­samm­lungs­be­hörde unwahrschein­lich dilet­tan­tisch agiert hat. Es wurde lei­der wieder auch deut­lich, dass in der Ver­wal­tungsspitze im Dres­d­ner Rathaus und in den Rei­hen der Stadt CDU und FDP immer noch unklar ist, wie mit den bish­er größten Nazi­aufmärschen in Europa angemessen umge­gan­gen wer­den müsste.

Beson­ders deut­lich zeigt sich das an der „Weg­beau­fla­gung“ und damit fak­tis­chen Unter­sa­gung eines Spazier­ganges auf Täter­spuren weg von den eigentlichen Zeitzeug­nis­sen hin auf die andere Elb­seite in die Neustadt am 13. Feb­ru­ar 2011 und die Ver­lagerung der Mah­nwache vor dem Gew­erkschaft­shaus am 19. Feb­ru­ar auf die andere Elb­seite.

In Dres­den muss die selb­ster­nan­nte bürg­er­liche Mitte endlich aus ihrer beque­men, selb­st­genügsamen Posi­tion her­auskom­men. Sie muss zusam­men mit den vie­len tausend Demon­stran­ten aus allen Teilen der Repub­lik gegen den Miss­brauch dieser Stadt und ihrer Geschichte durch Neon­azis Gesicht zeigen. Es nützt nie­man­dem, frucht­lose Debat­ten darüber zu führen, wer ein guter oder ein schlechter Demokrat ist. Es nützt auch nichts, wenn sich demokratis­che Parteien gegen­seit­ig die Schuld zuweisen und sich vorschreiben, was die richti­gen Mit­tel sind, um den Neon­azis nicht die Plätze und Straßen von Dres­den zu über­lassen.

Stille Trauer zum 13. Feb­ru­ar ist erst dann wieder möglich, wenn kein Neo­faschist mehr durch Dres­den ziehen will.

Was wir brauchen – und da bin ich sehr beim säch­sis­chen Innen­min­is­ter -, ist (Zitat) „eine gesellschaftliche Diskus­sion, wie man mit solchen Sit­u­a­tio­nen umge­ht.“
Wir wer­den uns in diese Diskus­sion aktiv ein­brin­gen. Zugle­ich warne ich davor, dass diese Debat­te ohne die Akteure aus der Stadt­ge­sellschaft stat­tfind­et. Und ich plädiere dafür, dass auch Vertreterin­nen und Vertreter des Bünd­niss­es „Dres­den Naz­ifrei“ ein­be­zo­gen wer­den.

Auch wenn das The­ma heute eigentlich unsere Klageschrift zur Durch­suchung der Räum­lichkeit­en der LINKEN ist, will ich klar­ma­chen, dass es mir nicht nur um meine Partei geht.

Ich erwarte, dass sofort alle Krim­i­nal­isierungsver­suche gegen das „Bünd­nis Dres­den naz­ifrei“ eingestellt wer­den.

Die Staat­san­waltschaft muss weit­er­hin in aller Öffentlichkeit klarstellen, dass sie nicht gegen den Jugend­vere­in Rot­er Baum e.V. ermit­telt
und dass es zu keinen Ankla­gen im Zusam­men­hang mit friedlichen Massen­block­aden und damit den Aktiv­itäten des „Bünd­niss­es Dres­den naz­ifrei“ kommt, welch­es aus­drück­lich zu friedlichen Block­aden aufgerufen hat­te.
Auf einem vol­lkom­men anderen Blatt ste­ht die Ver­fol­gung von Gewalt­tätern, die gegen Ein­satzkräfte vorge­gan­gen sind – wer so agiert, hat meine Sym­pa­thien ver­loren.

Neben dieser Klage wer­den wir auch par­la­men­tarisch an dem The­ma dran­bleiben. So hat meine Frak­tion einen Antrag zu ein­er Son­der­sitzung des Innenauss­chuss­es gestellt, welche am 17. März stat­tfind­en wird. Dort wird neben unserem Antrag zur „Aufk­lärung des polizeilichen und jus­tiziellen Vorge­hens im Umfeld der Proteste gegen die Nazi­aufmärsche am 19. Feb­ru­ar 2011 in Dres­den – Keine nachträgliche Krim­i­nal­isierung des zu 99,9 Prozent friedlichen Protestes!“ (Druck­sache 5/5082) auch der Antrag der Grü­nen zur „Auswer­tung des Ein­satzes der Polizei am 19. Feb­ru­ar 2011“
behan­delt.

Gle­ichzeit­ig haben wir einen Antrag gestellt, den wir zum Plenum im März aufrufen wollen, wo es uns um die Rah­menbe­din­gen für die zuge­lasse­nen Aufmärsche der JLO und weit­er­er geht und die notwendi­gen Kon­se­quen­zen daraus, auf die ich schon kurz einge­gan­gen bin.

Wir wollen einen öffentlichen und gesellschaftlichen Dis­put zum Ver­hält­nis von Legal­ität und Legit­im­ität von Demon­stra­tio­nen und Protesten, die sich gegen neon­azis­tis­che Aufmärsche richt­en.

So will ich unsere Klage gegen die ille­gale Durch­suchung unsere Räum­lichkeit­en in der Großen­hain­er Straße 93 ver­standen wis­sen.

Dazu wird Ihnen jet­zt Herr Scholl­bach die notwendi­gen Erläuterun­gen geben.