Mittelfristige Struktur- und Finanzplanung in Kreisverbänden und auf Landesebene – Finanzierungskonzepte, die perspektivisch tragfähig sind
Liebe Genossinnen und Genossen
lautet der Titel unserer heutigen Veranstaltung zu der euch im Namen des Landesvorstandes und des Finanzbeirates ganz herzlich begrüßen möchte.
Warum jetzt so eine Veranstaltung, zumal wir vor zwei Wochen den Haushaltsplan 2011 für den Landesverband der LINKEN beschlossen haben?
Alle, die bei der gemeinsamen Beratung des Landesvorstandes, des Landesrates und der Kreisvorsitzenden dabei waren, haben sicherlich zwei Zahlen in Erinnerung:
Einmal das Minus beim Landesvorstand von 33.000 Euro im Haushaltsansatz für dieses Jahr und das Minus in der langfristigen Finanzplanung.
Mit weiteren Zahlen will ich euch nicht quälen, dass machen heute sicherlich noch andere.Ich will, bevor ich einen Ausblick gebe auf Fragen die wir versuchen müssen gemeinsam zu beantworten, einen kurzen Rückblick mit euch gemeinsam wagen und euch ein wenig in die Geschichte der PDS mitnehmen. Dazu habe ich mir einfach mal ein paar Veröffentlichungen im Internet der PDS Sachsen angeschaut.
Und los geht’s:
Eindrücke aus der Diskussion auf dem 9. Landesparteitag 3. Tagung in Chemnitz am 28.11.2004:
Zitat:
„Zum Thema Finanzen sagte der Schatzmeister Heiz Pingel, dass „die Einnahmen um 5% zurückgegangen sind. Die Bilanz zeigt beim Landesvorstand einen Rückgang, bei den Kreisverbänden Zuwachs. Die PDS Sachsen ist der einzige Landesverband der PDS, in dem 50% der Mitgliedsbeiträge in Kreisverbänden bleibt – das muss neu diskutiert werden!“ (Zitat Ende)
Unter der Überschrift „Mut zur Veränderung“ wurde am 2. Dezember 2004 ein Beitrag von der damaligen Landesvorsitzenden Cornelia Ernst veröffentlicht:
Zitat: „Wir müssen über eine Reihe wichtiger Fragen reden und sie auch beantworten, wie Fragen nach einer gezielten Mitgliederentwicklung und qualifizierten Personalpolitik.
Die Strukturen der PDS sind zu hinterfragen und unter dem Aspekt zu verändern, wie wir die Arbeits- und Entscheidungsprozesse in der PDS transparenter machen und vor allem mehr Genoss/innen einbeziehen.
Alle Gremien der PDS sind diesbezüglich auf den Prüfstand zu stellen.
Auch andere Dinge harren konkreter Entscheidungen – die Regionalisierung und unsere Finanzen im Landesverband. Im ersten Halbjahr 2005 werden wir uns damit auf einer Tagung des Landesparteitages „Zur Arbeitsweise und den Strukturen der PDS“ befassen. (Zitat Ende)
In einem Bericht, welcher am 28. Januar 2005 veröffentlicht wurde und als Autorinnen Anke Wendrich, Marianne Schölzel und Angela Hähnel angibt, kann man folgendes lesen:
Zitat: „Zur Tagesordnung der Klausur (Gemeint ist die Klausur des Landesvorstandes) gehörte auch eine mehrstündige Diskussion über die Finanzen unseres Landesverbandes.
Dafür wurde der Landesfinanzbeirat (FBR) beauftragt, eine gründliche Analyse vorzubereiten. Diese wurde unter Leitung von Anke Wendrich und ihren beiden Mitstreiterinnen durch eine sehr aufwendige Zusammenstellung von Fakten erstellt.
Zunächst interessierte sie als Haupteinnahmequelle die Tendenz in der Beitragsentwicklung. Während bis 2001 die Zahlung von Parteibeiträgen relativ konstant war, stieg sie nach der Umstellung auf den Euro 2002 auffällig an. Danach ist eine stetig fallende Tendenz festzustellen.
Bei der Analyse wurde erneut festgestellt, dass der Durchschnittsbeitrag beim Lastschrifteinzugsverfahren bedeutend höher liegt, als bei der Barzahlung.
Nach wie vor zahlen nicht alle Mitglieder statutengerecht.
Bei der Zusammenstellung der Spenden unserer Genossinnen und unserer Sympathisantinnen ergibt sich die erklärliche Tatsache, dass in Wahljahren die Spendenfreudigkeit besonders groß ist.
Schon viele Jahre befasst sich der FBR mit dem Problem der PDS-Geschäftsstellen. Die aktuelle Übersicht ergibt, dass in einigen Gebietsverbänden dafür bis zu 50 % der Beitragseinnahmen benötigt werden. Mit der Kofinanzierung durch Dritte wird die finanzielle Situation in vielen Gebietsverbänden territorial unterschiedlich entspannt. Wir müssen überlegen, ob bei geringer zeitlicher Nutzung vieler Geschäftsstellen der finanzielle Aufwand noch zu rechtfertigen ist.
Die Bedeutung der politischen Arbeit der landesweiten AG/IG steigt ständig, und dadurch benötigen sie mehr finanzielle Mittel. Deshalb muss die effektive Nutzung der Gelder angestrebt und kontrolliert werden. Das gilt besonders für die Reisekosten. Die Landesarbeitsgemeinschaft „Adele“ ist durch die Kofinanzierung ihrer Aktivitäten durch Spenden beispielgebend.
Auf Grund der aktuellen finanziellen Situation in der PDS Sachsen hat der FBR eine Reihe von Sparmaßnahmen vorgeschlagen. Außerdem hat er sich an alle Finanzverantwortlichen der Gebietsverbände und die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen gewandt, um weitere Ideen zu sammeln, wie wir noch sparsamer und sinnvoller mit unseren Geldern umgehen können.
Das alles soll dazu dienen, ein Finanzkonzept zu erstellen, das beim Landesparteitag im Juli vorgestellt wird.
Dieses Konzept soll nicht nur die Erfüllung unseres Finanzplanes für 2005, sondern auch die finanzielle Sicherheit für die Zukunft der PDS gewährleisten.
(Zitat Ende!)
Kleine Anmerkung von mir an dieser Stelle: Zu diesem Landesparteitag ist es leider nie gekommen, obwohl er sehr gut vorbereitet und viele Papiere erarbeitet worden sind. Der Grund: Gerhard Schröder hatte im Mai 2005 die Idee Neuwahlen des Deutschen Bundestages anzustreben, die ja auch im Herbst 2005 stattgefunden haben.
Und zum Abschluss will ich noch aus einem Beschluss der 2. Tagung des 9. Landesparteitages am 04. / 05. November 2006 in Weinböhla zitieren:
Der Landesvorstand wird beauftragt, eine genaue Aufgaben- und Finanzanalyse insbesondere mit der differenzierten Darstellung der Unterschiede zwischen Landkreisen und kreisfreien Städten vorzulegen. Nach intensiver Diskussion mit den Gebietsverbänden erfolgt danach im Rahmen anderer notwendiger Änderungen von Formalia im Zuge des Vereinigungsprozesses (z.B. Satzung) auch die Beschlussfassung zu einem neuen Finanzkonzept.
Soweit Auszüge aus dem Beschluss von Ende 2006.
Liebe Genossinnen und Genossen,
ihr habt gehört, wie lange wir uns nun schon mit dem Thema: Finanzierungskonzepte, die perspektivisch und tragfähig sind im Landesverband Sachsen beschäftigen. Wenn ich weiter zurückgeschaut hätte, wäre ich auch da noch fündig geworden.
Unser Ziel muss es diesmal tatsächlich sein, dass wir bis zum Landesparteitag im Herbst dieses Jahres notwendige Beschlüsse und Entscheidungen treffen, wie wir unsere Finanzen und damit einhergehen unsere Strukturen innerhalb des Landesverbandes regeln wollen.
Ich bin in Vorbereitung von heute gefragt worden, was ich für eine Zielstellung verfolge:
Ganz klar, mir ist es fast egal, welche Regeln und Vereinbarungen wir treffen, sie müssen eigentlich nur drei Bedingungen erfüllen:
1. Sie müssen nachhaltig und damit langfristig gelten, mindestens bis 2019.
2. Sie müssen von einer Mehrheit getragen werden. Wir brauchen dazu einen offenen und transparenten Dialog innerhalb der Landespartei.
3. Sie müssen rechtlich sauber sein und mit dem Parteiengesetz und anderen Reglungen in Übereinstimmung gebracht werden.
Wenn ich mir die Ziele und Grundsätze der Finanzpolitik des Landesverbandes, beschlossen im Finanzkonzept 2007, anschaue, dann sind alle politischen Primmissen gesetzt:
Zitat: „Die Partei DIE LINKE. Landesverband Sachsen setzt finanzielle Mittel ein, für:
- Mitwirkung an der politischen Willensbildung einschließlich des Zusammenwirkens mit anderen politischen Akteuren,
- die Entwicklung ihres Images (z.B. durch Öffentlichkeitsarbeit und eine moderne und ansprechende Ausgestaltung von Begegnungsstätten),
- Wahlkämpfe,
- innerparteiliche Kommunikation und Entscheidungsprozesse,
- Mitgliedergewinnung und Mitgliederbetreuung,
- eine langfristige Entwicklung von haupt- und ehrenamtlichen Politikerinnen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene,
- die technische Ausstattung, von ihr genutzte Immobilien,
- Bildung
Damit sind die politischen Rahmenbedingungen gesetzt und brauchen aus meiner Sicht keiner neuen Debatte, außer wir wollen zukünftig kein Geld mehr für Wahlkämpfe einsetzen, dann könnte der Punkt entfallen.
Liebe Genossinnen und Genossen,
nun müssen wir Fragen beantworten:
z.B. :
Ist eine Geschäftsstelle der Partei ein Büro, wo wir Verwaltung leisten, Kampangen entwickeln und/oder eine Anlaufpunkt für Menschen? Ist dies ein Widerspruch und wenn ja, kann er aufgelöst werden?
Wie viele von solchen Anlaufpunkte braucht eine Partei eigentlich?
Brauchen wir zentrale oder eine dezentrale Parteiverwaltung?
Brauchen wir eine Landeszeitung und wenn ja, wer macht die und für wen wird sie gemacht?
Brauchen wir einen landesweiten Internetauftritt? Oder ist nicht die Summe der einzelnen Internetseiten der Kreisverbände die Widerspieglung der Arbeit der Landespartei?
Müssen wir Landesparteitage mit 300 bis 400 Personen durchführen? Müssen wir jedes Jahr Landesparteitage durchführen, die mit Übernachtungen verbunden sind? Und wäre es nicht einfacher wir organisieren Landesparteitage in den Großstädten und die Hälfte der Delegierten und Gäste schläft bei GenossInnen?
Was ist eigentlich politische Arbeit im Rahmen des Geldausgebens? Der Blumenstrauß zum Geburtstag, die Frauentagskarten, der Neujahrsgruß muss dafür Geld ausgegeben werden?
Ist die Qualifizierung einer GenossIn im Rahmen ihrer politischen Tätigkeit für die Partei von ihr selbst oder von der Partei zu finanzieren?
Ist es richtig die GenossInnen an ihre Beitragsehrlichkeit zu erinnern?
Wäre es nicht auch an der Zeit nicht nur mit den gewählten Abgeordneten auf allen Ebene (hier sind nicht die kommunalen Mandatsträger gemeint) sondern mit gewählten kommunalen WahlbeamtInnen Vereinbarungen über Mandatsträgerbeiträge abzuschließen?
Wäre es nicht auch notwendig mit den hauptamtlichen MitarbeiterInnen bei der Partei- und der Fraktion wenn sie nicht Mitglieder der Partei sind und somit ihren Beitrag für die Partei leisten, eine Spendenvereinbarung abzuschließen?
So, meine Seite ist voll. Ich könnte noch viele Fragen stellen. Auf einige habe ich auch Antworten, aber wir wollen ja diskutieren.
Eine letzte Bemerkung:
Wir Sachsen sind Toll und die Besten!
Aber, wir sind nicht die einzigen die sich in den letzten Jahren mit Finanzfragen beschäftigt haben und schon Entscheidungen getroffen haben bzw. Entscheidungen schon treffen mussten, weil sie aus finanziellen Gründen nicht mehr oder fast nicht mehr Handlungsfähig waren. Ein Blick über den Tellerrand zu unseren Genossinnen und Genossen in den Ost-Landesverbänden kann uns weiterhelfen und Anregungen geben.
Ich wünsche mir, eine offene, eine faire, eine konstruktive Debatte.
Sie ist jetzt notwendig und richtig, weil, wenn wir über Mitgliederentwicklung, Mitgliederleben und politische Bildungsarbeit reden, müssen wir auch über unsere Finanzen reden und sie fit machen für die nächsten knapp zehn Jahre.
Lass uns heute einen Beitrag dazu leisten.