Gedanken zum 1. Mai

5672399863_0009fb8ca6 Was ist in diesem Jahr anders, als 2009 und 2010?

Die Wirtschaft­skrise, bess­er die Finanz­markkrise scheint über­wun­den. In Deutsch­land gibt es wieder mehr Beschäf­ti­gung und die Men­schen mit Beschäf­ti­gung bekom­men mehr Lohn. Selb­st eine Renten­er­höhung soll es in diesem Jahr geben. Also alles in Ord­nung?
Mit etwas guten Willen kön­nte man der von mir vor­ge­tra­ge­nen Ein­schätzung zus­tim­men, weil nach den gestern vorgestell­ten Arbeit­slosen­zahlen, haben wir in Deutsch­land 3,1 Mil­lio­nen reg­istri­erte Arbeit­slose, eine Zahl die seit Jahren nicht erre­icht wor­den ist.

Also es gibt ein Job­wun­der in Deutsch­land? 7,3 Mil­lio­nen „Mini-Jobs“ gibt es derzeit­ig in unserem Land, rund 1,6 Mil­lio­nen mehr seit 2003. 4,6 Mil­lio­nen Frauen arbeit­en in Mini-Jobs, 3,3 Mil­lio­nen bestre­it­en alleine so ihren Leben­sun­ter­halt. Wenn frau Glück hat, dann hat sie zwei, drei oder vier dieser Jobs, die in der Regel mit mick­ri­gen Löh­nen bezahlt wer­den. Und später führt dies ger­adewegs in die Alter­sar­mut.

Eine richtige „Erfol­gs­branche“ ist die Lei­har­beit. Inner­halb eines Jahres verze­ich­net sie ein Plus von 200.000. Mit­tler­weile ist die Mil­lio­nen­gren­ze für diese Arbeits­form längst über­schrit­ten. Selb­st im „Muster­län­dle“ Baden-Würt­tem­berg waren im let­zten Jahr mehr als 80 Prozent aller Neue­in­stel­lun­gen nur Lei­hjobs! So wird Lohn­dump­ing betrieben. Es gibt 30 bis 50 Prozent weniger Lohn als für die „Stamm­belegschaft“. Deswe­gen fordern wir, DIE LINKE, dass für die Lei­har­beit geset­zlich zu regeln ist, dass ab dem ersten Ein­satz­tag im Entlei­h­be­trieb der Gle­ich­be­hand­lungs­grund­satz ohne Aus­nahme anzuwen­den ist. Ich gehe sog­ar weit­er und sage: Lei­har­beit­er sind mod­erne Wan­der­ar­beit­er, die vor­rüberge­hend Unternehmen in ein­er wirtschaftlichen Sit­u­a­tion – zum Beispiel neue oder kurzfristige Aufträge die abgear­beit­et wer­den müssen – helfen, also soll­ten Lei­har­beit­er nicht nur gle­ich, son­dern sog­ar bess­er bezahlt wer­den. Damit kann man Ungerechtigkeit­en aus­gle­ichen – wie z.B. die nur jew­eils kurzfristi­gen Beschäf­ti­gungsver­hält­nisse, oft an unter­schiedlichen Orten und die Unternehmen, wer­den sich über­legen ob sie lieber ihr Stamm­per­son­al auf­s­tock­en, als die teur­eren Lei­har­beit­er anzustellen. Im Moment ist es ja genau umgekehrt.

Was wird sich mit dem 1. Mai 2011 noch ändern? Es gilt, dass in 25 von 27 Mit­gliedsstaat­en der EU die uneingeschränk­te Freizügigkeit für Arbeit­nehmerin­nen und Arbeit­nehmer – ausgenom­men sind die Rumä­nen und die Bul­gar­en. Heißt, jed­er Staats­bürg­er eines Mit­glied­s­lan­des der EU darf dann in einem anderen Mit­glied­s­land der EU arbeit­en, ohne Ein­schränkun­gen. Lei­der gibt es in der EU keine ein­heitlichen Stan­dards in den Bere­ichen Arbeit, Soziales und Lohn. In Deutsch­land gibt es zur Zeit ja keine ein­heitliche Loh­nun­ter­gren­ze – wir sagen Min­destlöhne dazu, was ab und an zu Debat­ten führt, ob wir Men­schen, die bish­er mehr Verdiehen etwas weg­nehmen wollen. Seit langem fordert die LINKE einen ein­heitlichen flächen­deck­enden Min­dest­lohn von zuerst 8,00 Euro und derzeit­ig von 10,00 Euro Einzuführen bis 2013.

In den let­zten Jahren hat ja die Bun­desregierung erst in der großen Koali­tion und nun unter schwarz-gelb Branchen­be­zo­gene Min­destlöhne einge­führt. Ein Schritt in die richtige Rich­tung, aber nicht aus­re­ichend.
Nun habe ich gestern gele­sen, dass die Sozialauss­chüsse der CDU einen all­ge­meinen Min­dest­lohn ins Gespräch gebracht haben. Der Chef der Unions-Arbeit­nehmer­gruppe im Bun­destag, Peter Weiß, sagte den “Stuttgarter Nachricht­en” die Union gebe immer branchen­be­zo­ge­nen Min­destlöh­nen den Vor­rang, die von den Tar­if­part­nern aus­ge­han­delt wer­den. “Wenn der­ar­tige Vere­in­barun­gen aber nicht möglich sind, schla­gen die Sozialauss­chüsse der CDU einen ergänzen­den all­ge­meinen Min­dest­lohn vor”, sagte er. In der Höhe kön­nte er sich an dem ohne­hin branchenüber­greifend­en Min­dest­lohn in der Zeitar­beit ori­en­tieren.

Na vielle­icht gibt es ja doch noch eine Bewe­gung in die richtige Rich­tung. Nur wenn alle mehr Geld haben, zum aus­geben, dann kann auch jed­er Mit­tel­ständler den Min­dest­lohn zahlen.

Eine weit­ere inter­es­sante Nachricht habe ich gestern eben­falls gefun­den: Ein geset­zlich­er Min­dest­lohn von 8,50 Euro die Stunde kön­nte einen Beitrag zum Abbau der öffentlichen Defizite leis­ten. Die “Berlin­er Zeitung” von gestern berichtet von ein­er Studie des Forschung­sun­ternehmens Prog­nos für die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung zufolge wür­den durch eine solche Loh­nun­ter­gren­ze für fünf Mil­lio­nen Arbeit­nehmer die Arbeit­seinkom­men steigen. Das ent­laste die staatlichen Haushalte um mehr als sieben Mil­liar­den Euro im Jahr. Der Studie zufolge wür­den wegen der höheren Einkom­men jew­eils knapp 2,7 Mil­liar­den Euro mehr an Steuern und Sozial­beiträ­gen fäl­lig, schrieb das Blatt. Der Bedarf an Unter­stützung etwa durch Arbeit­slosen­geld II, Sozial­hil­fe oder Wohn­geld sänke um 1,7 Mil­liar­den Euro. Selb­st bei einem Min­dest­lohn von fünf Euro pro Stunde prof­i­tiere der Staat noch mit knapp 1,3 Mil­liar­den Euro. Für die Studie hät­ten Wis­senschaftler mögliche neg­a­tive oder pos­i­tive Beschäf­ti­gungsef­fek­te aus­geklam­mert, weil sich diese nicht ein­deutig vorher­sagen ließen.

Zusam­men­fassend:
Mit dem heuti­gen Tag ste­ht der deutsche Arbeits­markt auch Beschäftigten aus Mit­tel- und Osteu­ropa ohne Ein­schränkun­gen offen. Das ist ein guter Schritt auf dem Weg zu einem vere­in­ten Europa. Es ist ein schlechter Schritt für die arbei­t­en­den Men­schen, wenn Arbeit­ge­ber nicht daran gehin­dert wer­den, die Konkur­renz zwis­chen ihnen auszunutzen und die Löhne weit­er zu drück­en. Das wirk­sam­ste Mit­tel gegen Lohn­dump­ing ist also die Ein­führung eines flächen­deck­enden geset­zlichen Min­dest­lohns. DIE LINKE kämpft für einen exis­ten­zsich­ern­den geset­zlichen Min­d­est- lohn. In den Par­la­menten und auf der Straße.