Krieg – (k)ein Mittel der Politik!
So lautet die Überschrift für die heutige Veranstaltung. Ihr habt mich gebeten dazu einige Ausführungen zu machen. Sie in den Kontext mit dem 8. Mai 1945, den heutigen Bundeswehreinsätzen zu stellen und ich will auch gerne noch was zur Problematik der Bundeswehrreform was sagen und versuchen auch Probleme im Zusammenhang mit der Programmdebatte einbauen. Ihr seht ein Unterfangen was eigentlich nicht zu bewältigen ist, deswegen wird das eine oder andere auch nur Schlaglichtartig von mir zu behandeln sein. Wir können ja in der anschließenden Debatte angesprochen oder auch nicht angesprochene Punkte vertiefen.
Krieg oder Frieden – diese Frage ist nicht nur für unsere Partei, sondern für die gesamte Gesellschaft von zentraler Bedeutung. Man sollte meinen, dass es
angesichts der Tatsache, dass Deutschland zwei Weltkriege mit unvorstellbaren Opfern und Leid angezettelt und verloren hat, hier keinen Streit mehr geben kann. Das Bekenntnis „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“ war der wohl einzige Grundkonsens beider deutscher Republiken nach 1945. Er hielt bis zum Untergang
der DDR. Die direkte oder auch nur indirekte Beteiligung an den Kriegen gegen Ex-Jugoslawien, Afghanistan und Irak beendete die kurze Epoche des „friedlichen Deutschlands“. Horst Köhlers letzte Wahrheit vor seinem Rücktritt lautete, dass im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig sei, um „unsere“ Wirtschaftsinteressen
zu wahren. Empörung und der Vorwurf imperialen Denkens war die Reaktion.
Dabei hatte er nur Recht und Baron zu Guttenberg stimmte ihm später ausdrücklich zu.
Sozialistische Friedenspolitik muss radikal in ihrer Kritik an Krieg, Rüstung, Völkerrechtsbruch und Menschenrechtsverletzungen sein.
Internationale Krisen rechtzeitig erkennen und entsprechend eingreifen, so definiert die Bundesregierung Friedenspolitik und beschriebt dies als ein wichtiges Ziel deutscher Außenpolitik.
Dem Wort eingreifen kommt in diesem Satz leider mehr Bedeutung zu als erkennen, denn mittlerweile sind im Ausland zu diesem Zweck mehr deutsche Soldaten als Diplomaten zu finden. Den alten und neuen Herausforderungen in den internationalen Beziehungen – wie die steigende Zahl von Kriegen und Bürgerkriegen, die Zunahme von Armut und Hunger sowie die Folgen des fortschreitenden Klimawandels – setzt die Bundesregierung zunehmend militärische Maßnahmen entgegen. Selbst für Ziele wie die Sicherheit von Energie- und Rohstoffversorgung wird der Einsatz militärischer Mittel mittlerweile nicht mehr ausgeschlossen, siehe die schon erwähnte Aussage des Ex-Bundespräsidenten.
Im Jahr 2009 wurden für das Verteidigungsministerium 31 Milliarden Euro bereit gestellt. Dem Auswärtigen Amt, dem Umweltministerium oder dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung stand nur ein Bruchteil dieser Mittel zur Verfügung. Damit ist Deutschland von einer friedlichen und zukunftsorientierten Außenpolitik weiter entfernt als je zuvor.
Die steigende Zahl von deutschen Truppen im Ausland hat die Welt weder friedlicher noch Deutschland sicherer gemacht. Stattdessen trägt Deutschland dazu bei, Konflikte zu verschärfen, Aufrüstungen zu fördern, das Völkerrecht und die Vereinten Nationen zu schwächen. Beginnend mit der Beteiligung am völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien bis hin zum Einsatz in Afghanistan – längst hat die Bundesregierung das Völkerrecht wissentlich gebrochen und dem Krieg den Vorzug vor der friedlichen Konfliktlösung gegeben. Statt in die Zukunft zu investieren und die Ursachen von Konflikten zu bekämpfen, finanziert die Bundesregierung militärische Großvorhaben, Aufrüstung und Kriegseinsätze. Den globalen Herausforderungen unserer Zeit wird die deutsche Außenpolitik damit nicht gerecht.
Bundeswehr-Auslandseinsätze
Das Grundgesetz stellt fest, dass der Bund Streitkräfte zum Zweck der Verteidigung aufstellt. In den letzten Jahren wurde die Bundeswehr immer wieder zu Auslandseinsätzen eingesetzt, derzeitig mit etwa 7.500 Soldatinnen und Soldaten.
Das „Aufgabenspektrum“ erstreckt sich von Überwachungseinsätzen der Vereinten Nationen mit Militärbeobachtern – wie im Sudan (UNMIS) oder im Libanon (UNIFIL) – über „Stabilisierungs“-funktionen – wie in Bosnien (EUFOR) – und „Piratenjagd“ (ATALANTA) am Horn von Afrika bis hin zu völkerrechtlich fragwürdigen Kampfeinsätzen wie OEF ebenfalls am Horn von Afrika sowie in Afghanistan (ISAF). Letzterer ist dabei mit 5.350 Soldatinnen und Soldaten der größte Auslandseinsatz der Bundeswehr.
Die kalkulierten Kosten für die Auslandseinsätze belaufen sich auf mehr als 1,2 Milliarden Euro im Jahre 2010. Davon entfallen alleine für den Afghanistaneinsatz (ISAF) der Bundeswehr mindestens 1,010 Milliarden Euro.
Militäreinsätze haben zudem oftmals zur Folge, dass den Menschen ein einseitiger Lösungsversuch aufgezwungen wird. Das Resultat war und ist häufig eine Art militärische Dauerbesatzung, um den Ausbruch neuer Gewalthandlungen zu verhindern.
Gesellschaftliche und politische Perspektiven bleiben aus. Mit dieser Strategie schafft man keinen Frieden. Zivile Krisenvorsorge sowie ziviles Konfliktmanagement spielen im Vergleich zu den vermeintlich „erfolgreicheren“, tatsächlich aber nur spektakuläreren militärischen Maßnahmen nahezu keine Rolle mehr. Hier ist ein Umdenken dringend erforderlich.
Für DIE LINKE besteht kein Zweifel: Deutschland braucht eine andere, eine friedlichere Außen- und Sicherheitspolitik.
Wir haben dazu folgende Vorschläge:.
Erstens. Keine deutsche Beteiligung an Auslandskriegseinsätzen. Gerade Afghanistan hat gezeigt, wie schwer oder unmöglich es ist, wenn man erst einmal in der Gewaltspirale ist, dort wieder herauszukommen.
Zweitens. Tiefgreifende Abrüstung ohne Sicherheitseinbußen ist möglich. Das muss jetzt energisch vorangebracht werden. Die Bundeswehrführung hat es gerade noch einmal bestätigt: Eine unmittelbare Bedrohungslage existiert nicht. Daher ist eine erhebliche Verkleinerung der Bundeswehr, ist der Verzicht auf eine Reihe von Waffensystemen ohne Sicherheitseinbußen möglich. Dadurch werden sogar Mittel frei für eine Außen- und Sicherheitspolitik mit friedlichen und zivilen Instrumenten, die eine tragfähige Entwicklung in anderen Regionen der Welt ermöglichen und damit unter dem Strich unsere Sicherheit erhöhen.
Drittens. Das Grundgesetz stellt fest, dass der Bund Streitkräfte zum Zweck der Verteidigung aufstellt. Wir wollen, dass man sich auf die Landesverteidigung im Bündnis konzentriert. Wenn wir Verteidigung sagen, dann meinen wir das auch so. Deutschland benötigt demzufolge keine Führungskommandos für schnelle Eingreiftruppen, genauso wenig wie geheime KSK-Operationen im Ausland. Meine Meinung zumindest ist, dass Multinationalität der Streitkräfte gut ist, aber nicht, wenn diese Einheiten für Interventionen in anderen Staaten konzipiert sind.
Viertens. Aufhebung und nicht nur Aussetzung der Wehrpflicht. Das erklärt sich von selbst, wegen der nicht mehr gegeben Wehrgerechtigkeit. Dieser Zwangsdienst muss ein Ende haben.
Fünftens. Wir möchten alles, nur keine reine Berufsarmee, sondern eine Bundeswehr, die im Kern eine Freiwilligenarmee ist. Die Soldaten auf Zeit, die dann in das bürgerlich-zivile Leben übergehen und schon in ihrer Militärdienstzeit darauf vorbereitet werden, sollten das Rückgrat der Truppe bilden.
Ansonsten ist alles, was Zivilität in den Streitkräften bewahrt und weiterentwickelt, zu verteidigen und auszubauen. Das beginnt bei der zivilen Wehrverwaltung, reicht über zivile Anteile bei der Ausbildung der Soldatinnen und Soldaten und endet bei der Revitalisierung des Prinzips des Staatsbürgers in Uniform.
Sechstens. Wir wollen einen sozial verträglichen Umbau und Konversionsprogramme, mit denen dieser Umbau organisiert wird; denn diese Umstellung ist nicht zum Nulltarif zu haben. Das wissen wir auch. Personalkürzungen, Standortschließungen und die Beendigung von Rüstungsprogrammen müssen gut vorbereitet werden. Deshalb brauchen wir jetzt Überlegungen für Konversionsprogramme.
Siebentes: Für DIE LINKE gilt: Außenpolitik ist Friedenspolitik! Wir setzen uns für eine friedliche, auf weltweite politische, soziale und ökonomische Gerechtigkeit gerichtete Außenpolitik Deutschlands ein. Eine friedliche Außenpolitik muss verbunden sein mit einer gerechten Außenwirtschaftspolitik und einer fairen Entwicklungspolitik. Deutsche Außenpolitik muss zurückfinden zu Völkerrecht und ziviler Konfliktlösung. Krieg darf kein Mittel der Politik sein.
Bis hierher gibt es in der LINKEN keinen wirklichen Dissens, vermutlich in sprachlichen Formulierungen. Jedoch gibt es im Rahmen der geplanten Bundeswehrreform und im Zusammenhang mit der Programmdebatte innerhalb der LINKEN nicht in allen Fragen Konsens.
Ich will Die euch/ihnen diesen Dissens nicht deswegen darstellen um den Streit innerhalb der LINKEN zu befördern, sondern um darzulegen, dass wir innerhalb der LINKEN debattieren und es auch notwendig erscheint, dass wir diese Debatte, sachlich, fair und zielführenden gemeinsam austragen.
Konsens:
- Die LINKE hält eine Welt für möglich, in der Konflikte friedlich und mit zivilen Mitteln ausgetragen werden. Eine Bundesrepublik ohne Armee ist daher unser längerfristiges Ziel.
- Wir lehnen die Guttenberg‘schen Reformen – mal sehn was de Maiziere will – grundlegend ab. Mit diesen Plänen soll zwar eine Reduzierung der Personalstärke der Bundeswehr erreicht werden, zugleich soll die Truppe noch effizienter, noch schlagkräftiger auf globale Militäroperationen getrimmt werden. Eine deutsche Beteiligung am NATO-und EU-Militärinterventionismus kommt für uns nicht in Frage.
- Wir befürworten eine starke Reduzierung der Bundeswehr und wollen die (übergangsweise) verbleibende Truppe defensiv ausrichten. Alle Strukturen, die für offensive Operationen benötigt werden, wollen wir abbauen, die entsprechenden Waffensysteme ausmustern bzw. abbestellen.
- Die Wehrpflicht ist sicherheitspolitisch nicht zu begründen und als erheblicher Eingriff in die Lebensplanung junger Männer abzulehnen. Daher plädieren wir für eine konsequente Abschaffung der Wehrpflicht.
- Solange die Bundesrepublik über eine Armee verfügt, sollte diese einer strikten Kontrolle durch das Parlament unterliegen und sich konsequent am Leitbild des Staatsbürgers in Uniform orientieren. Das bedeutet, dass der Einfluss des Zivilen auf das Militär gestärkt werden soll, statt umgekehrt.
- Die Vermischung von militärisch und zivil lehnen wir ab, ob bei Einsätzen im Ausland oder im Inneren. Für humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz sind zivile Einrichtungen zuständig, niemand sonst.
- Damit der starke Abbau der Streitkräfte, der ja auch Rückwirkungen auf den gesamten Rüstungssektor haben wird, sozial- und umweltverträglich gestaltet wird, muss der Bund mit den Ländern und Kommunen zusammen ein großzügiges Konversionsprogramm auflegen. Dabei geht es um die zivile Umnutzung der bisherigen Militärstandorte, um die Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie und um die berufliche Neuorientierung des Personals gleichermaßen.
II. Dissens und offene Fragen
- Akzeptieren wir das Bekenntnis und grundgesetzlich niedergelegte Recht zur Landesverteidigung, formulieren wir also einen positiv bestimmten Auftrag an die Truppe oder nicht, oder halten wird die Landesverteidigung angesichts der aktuellen Bedrohungslage für obsolet?
- Wie halten wir es mit der „Verteidigung im Bündnis“, also mit den zumindest deklaratorischen Verpflichtungen, die Deutschland im Rahmen der NATO, der EU und der UNO eingegangen ist?
- Sollen wir eine konkrete Zahl für die erheblich zu verkleinernde Truppe nennen oder nicht und wenn ja, in welchem Zeitraum und ist dies dann ein Zwischenschritt oder das Ziel? Vorgeschlagen ist z.B. eine Halbierung auf 125.000 Soldatinnen und Soldaten (andere wollen 100.000)
- Soll sich die Bundeswehr an UNO-Einsätzen nach Kapitel VI und VII beteiligen? Anders ausgedrückt: Sollen Bundeswehr-Angehörige bei UN-„Peace-Keeping“-Missionen mitwirken oder sollen sie es nicht? Gilt dafür ein grundsätzliches Nein, vom dem im Einzelfall abgewichen werden kann? Oder: Konzentriert sich Deutschland auf eine rein zivile Außenpolitik?
- Die Bundeswehr sollte sich künftig überwiegend aus Freiwilligen zusammensetzen, die sich auf Zeit verpflichtet haben; der Anteil der Berufssoldaten würde proportional sinken.
- Welche Bedeutung messen wir dem Prinzip der Inneren Führung zu? Damit ist die grundsätzlichere Frage verknüpft: Sind Streitkräfte in Grenzen überhaupt „zivilisierbar“?
- Brauchen wir überhaupt ein detailliertes und in sich stimmiges Konzept der Bundeswehr oder verzichten wir darauf, da wir die Armee als eine abzuwickelnde Institution ansehen?
- Leiten wir die Rolle der Bundeswehr und unsere Haltung dazu aus ihrer Funktion für das deutsche Kapital und den globalen Kapitalismus ab?
- Sollen wir uns für die Menschen im „System Bundeswehr“ einzusetzen, auch wenn es dabei um einsatzbezogene Bedingungen geht (soziale Verbesserungen, beispielsweise Auslandsverwendungszuschläge etc., medizinische Fürsorge, persönlicher Schutz auch im Einsatz etc.)?
Soweit eine kleine Übersicht über die Dissense und offene Fragen und die Konsense innerhalb der LINKEN zur Bundeswehr.
Ich will noch mit einem praktischen Beispiel enden um klar zu machen, wie schwierig und einfach zu gleich es sein könnte, wenn wir eine Debatte innerhalb der LINKEN führen würden.
Oskar L. schlägt vor die Bundeswehr zu Grünhelmeinsätzen heranzuziehen.
Reaktion: Geht nicht, weil verfassungsrechtlich sehr bedenklich, da die Bundeswehr nach der Verfassung einen Auftrag hat und der heißt: Landesverteidigung.
Okay was machen wir? Entweder der Debatte versandet oder die Akteure verhageln sich sosehr, dass es zu gar keiner Debatte kommen kann, weil sie ist Tod bevor sie begonnen hat.
Dabei wäre diese Debatte für DIE LINKE sehr selbstbewusst zu führen:
1. Die Truppen für Grünhelme werden aus der Bundeswehr herausgelöst, mit Technik und Standorten und einer neuen Behörde unterstellt für den weltweiten Katastrophenschutz.
2. Wir haben somit einen Anteil an der Verkleinerung der Bundeswehr geleistet und dies auch noch sozial verträglich gestaltet und
3. die gefährdeten Bundeswehrstandorte in den Kommunen z.B. im Saarland und in Sachsen haben wir auch noch umgewidmet und haben etwas zur Konversion getan.
Ich weiß, es ist viel komplizierter, es sollte ja auch nur als Beispiel dienen.
Danke, fürs zuhören!