Notwendig ist die Akzeptanz eines vernünftigen Verständnisses von Pluralität in der LINKEN
Zur Strategiekonferenz der Landesvorstände der LINKEN am 9. Juli 2011 in Potsdam
‑von Antje Feiks, Landesgeschäftsführerin und Rico Gebhardt, Landesvorsitzender-
Im Januar, als Gesine sich auf die verschiedenen Wege des Kommunismus begeben wollte, haben die Landesvorsitzenden mit den Mitgliedern des Geschäftsführenden Parteivorstands vereinbart, dass wir dringend eine Strategiedebatte brauchen. Da nichts geschah, hat der Landesvorsitzende aus Brandenburg, Thomas Nord, im ersten Quartal 2011, die Initiative ergriffen und Landesvorsitzende sowie LandessprecherInnen aus Ost und West zu einem gemeinsamen Treffen eingeladen. In diesem Treffen wurde vereinbart: Wir müssen mehr miteinander reden, weil der Prozess des Zusammenwachsens der LINKEN ist bislang nicht erfolgreich, er ist jedoch auch nicht gescheitert. Wir müssen akzeptieren, dass wir länger brauchen als die bisher fünf Jahre um uns kulturell und politische anzunähern. Was der LINKEN noch fehlt ist eine gemeinsame kulturelle Basis, für uns ist dies jedoch die Grundlage, um mit unserer Pluralität, mit unserer Vielfalt und Widersprüchlichkeit umzugehen.
Für den 14. Mai vereinbarten die Landesvorsitzenden bzw. SprecherInnen aus Brandenburg, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westphalen Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen ein gemeinsames Treffen in Bremen um eine Strategiekonferenz am 9. Juli 2011 in Potsdam vorzubereiten. NRW und wir Sachsen haben am 2. Mai die Mitglieder des Geschäftsführenden Parteivorstandes gebeten an dieser Strategiekonferenz teilzunehmen.
Uns wurde immer deutlicher, dass der Parteivorstand das Anliegen aus den Landesverbänden nur unzureichend berücksichtigt hat, gerade im Hinblick auf die Programmdebatte. So wurde beispielsweise beschlossen, den Leitantrag an den Bundesparteitag erst kurz vor der Sommerpause zu verabschieden. Nicht zuletzt machte sich die Sorge in den Landesverbänden breit, wie wir ohne Diskussion des überarbeiteten Programmentwurfes auf den Bundesparteitag zusteuern würden, wie wir den Bundesparteitag gestalten wollen — es stellte sich die Frage, ob Strömungen wieder am Vorabend Kompromisse schmieden würden und somit die Meinung von 90 Prozent der GenossInnen, die nicht in Strömungen organisiert sind, kaum eine Rolle spielen würden.
Wir konnten uns – mit vielen Schwierigkeiten auf einen Ablauf und das Ziel der Konferenz verständigen. Regelmäßige Telefonkonferenzen brachten uns immer wieder auf den gleichen Informations- und Bearbeitungsstand.
Ziel war es, dass VertreterInnen der Landesverbände miteinander zu verschiedenen Punkten einen Dialog führen. So z.B. strittige Punkte des Programms miteinander zu diskutieren, Satzungsfragen miteinander zu besprechen, zur Frage „Was für eine Partei wollen wir?“ ins Gespräch zu kommen sowie neue Herausforderungen der LINKEN miteinander zu besprechen, die wir jetzt und in den kommenden Jahren meistern müssen. Ziel war es, offen miteinander zu diskutieren, Verständnis füreinander und miteinander zu stärken, die oft ausgeblendete Frage des „Warum“ zu besprechen.
Dafür fanden sich 200 Menschen aus Ost und West am 9. Juli in Potsdam zusammen. Vier Unterkonferenzen wurden durch die Landesverbände Ost-West-übergreifend vorbereitet — schon allein die gemeinsame Vorbereitung war es wert, die Konferenz durchzuführen.
Bewusst wurde auf Einführungsreferate durch Parteifunktionäre verzichtet, dafür gab es zwei Vorträge zur Betrachtung der LINKEN von außen und wir wollten Raum zur Diskussion schaffen.
Zu übergroßen Teilen wurde offen diskutiert, in kleineren und größeren Runden — gerade in der durch Sachsen gemeinsam mit NRW, Bayern und Bremen vorbereitenden Unterkonferenz „Was für eine Partei wollen wir?“ standen weniger die Problemlagen im Mittelpunkt, sondern mehr die Lösungsansätze, die gesehen werden. Jedoch war es wichtig, gemeinsam die richtigen Fragen zu formulieren, um nach den richtigen Antworten zu suchen. Hier eine kleine Auswahl von Fragen: „Wie definieren wir eigentlich Erfolge?“; Waren wir 2007 einen andere Partei als heute?“; „Sind Mitglieder der LINKEN eigentlich links und was ist links?“; „Welche Strukturen brauchen wir um erfolgreich arbeiten zu können?“; „Wie gelingt es uns eine linke Identität zu schaffen bzw. herauszubilden?“; „Wie bekommen wir die unterschiedlichen Milieus innerhalb der Partei zusammen?“; „Wie gelingt es uns Streit produktiv zu machen?“; „Sind Teile der Partei erschöpft oder überfordert?“, „Brauchen wir nicht unterschiedliche Konzepte für unterschiedliche Zielgruppen?“; „Wie kann die Parlamentarisierung der Partei verhindert werden?“und eine letzte Frage: „“Wie gehen wir mit Mehrheitsentscheidungen um?“ Soweit Fragen, die wir in der Unterarbeitsgruppe: „Was für eine Partei wollen und können wir sein?“ gestellt und debattiert haben.
Weiterhin wurde mehr als deutlich, dass in der Partei Transparenz bei Entscheidungsprozessen gewünscht wird, genau wie offene Diskussionen. Auch eine Stärkung der Landesverbände wurde für wichtig erachtet.
Im Workshop „Neue Herausforderungen an DIE LINKE“ ist allerdings diese offene und konstruktive Atmosphäre nicht gelungen. Da wurde eine Debatte zur Strategie der LINKEN von Beginn an dadurch verhindert, weil ein Teil – leider Mitglieder aus dem Parteivorstand – der Meinung ist, man brauche keine Strategiedebatte, weil unsere Strategie von 2009 zu den Bundestagswahlen war erfolgreich und man müsse nur unsere Positionen deutliche schärfen, dann sind wir auch 2013 erfolgreich. In der Unterkonferenz zur Programmdebatte gestaltete sich die Diskussion leider schwierig, da die Mitglieder des Parteivorstandes hier auf einem anderen Kenntnisstand als die Mitglieder der Landesverbände waren und die neuen Ergebnisse nicht allen Diskutanten vorlagen, weil erst am 11. Juli die Medien der neue Programmentwurf präsentiert werden sollte. Dennoch wurden Kompromisse, die der Parteivorstand verabschiedet hat, erläutert und es wurde sich darauf geeinigt, dass der Versuch unternommen werden sollte für die Kompromisse zu werben. Auch die strittigen Satzungsfragen scheinen sich mit den Beschlüssen des Parteivorstandes – die als Antrag an den Parteitag gestellt werden — entspannt zu haben.
Insgesamt war die Veranstaltung ein sehr gelungener Auftakt wie Landesverbände auch in Zukunft miteinander ins Gespräch kommen sollten. Es ist wichtig, dass die Landesverbände untereinander kommunizieren und miteinander ins Gespräch kommen — um mit Vorurteilen und Gerüchten aufzuräumen, aber auch um miteinander zu reden statt übereinander. Wir haben auch gleich mal Nägel mit Köpfen gemacht und so werden uns Mitglieder aus NRW am 18./19. September zum Erfahrungsaustausch in Dresden besuchen und wir haben die Landessprecherin aus Nordrhein-Westphalen, Katharina Schwabedissen, zum Landesparteitag im November nach Sachsen eingeladen.
Aus Sachsen haben an der Konferenz der Landesvorstände folgende Genossinnen und Genossen teilgenommen, die euch auch als AnsprechpartnerInnen zur Verfügung stehen: Rico Gebhardt, Cornelia Falken, Sebastian Scheel, Antje Feiks, Sarah Buddeberg, Sven Scheidemantel, Mirko Schultze, Falk Neubert, Einde O‘Callaghan, Susanna Karawanskij, Annekatrin Klepsch, Heinz Pingel, Verena Meiwald, Stefan Hartmann, Juliane Nagel, Axel Troost . Da nicht alle in den gleichen Unterarbeitsgruppen waren, müsst ihr euch in der Landesgeschäftsstelle bei Juliana Schielke informieren.