Für eine „radikale linke Realpolitik“
„Wo will DIE LINKE. Sachsen hin?“ Gedanken zum bevorstehenden Landesparteitag, der am 5./6.11. in Bautzen stattfindet:
In unserer Partei wählen wir, wenn Vorstände, Gremien, Parlamente zu besetzen sind, Menschen in Funktionen, in Ämter und Mandate, also zur Erfüllung bestimmter Aufgaben. Wie diese für mich als Landesvorsitzenden aussehen, bestimmen vor allem unsere Landesparteitage. Die Grundrichtung und die Hauptaufgaben werden dabei jeweils durch die Leitanträge bestimmt, sie sollen im Wortsinn „handlungsleitend“ für den gewählten Vorstand sein. Damit entsteht zugleich die Möglichkeit, die Erfüllung der Aufgaben, für die man gewählt wurde, zu objektivieren, zu überprüfen. Im besten Fall erfüllt man die erteilten Aufgaben möglichst gut und hat damit ein Fundament für die weitere Arbeit. In einer so großen Organisation wie unserem Landesverband ist es ein hoher Wert, wenn es uns gelingt, politische Prozesse kontinuierlich zu entwickeln. Dies insbesondere deshalb, weil die Beteiligung an der inhaltlichen und methodischen Weiterentwicklung unserer Politik kein schneller Vorgang ist, sondern eine Menge Zeit braucht. DIE LINKE ist, wie auch immer man das finden mag, kein Schnellboot. In Vorbereitung unseres Novemberparteitages, auf dem auch ein neuer Landesvorstand gewählt wird, liegt nun ein Leitantrag zur Debatte vor (“Wo will DIE LINKE. Sachsen hin? – Fahrplan 2013/2014“).
Um diesen sinnvoll zu diskutieren, möchte ich hier zuerst über die Erfüllung der Aufträge berichten, die durch den vor zwei Jahren verabschiedeten Leitantrag „Aufbruch in ein neues Jahrzehnt“ gestellt wurden. In diesem wurden zwei Aufgabenfelder bestimmt, die von der Landespartei zu erfüllen waren. Zum einen setzte der Parteitag fünf inhaltliche Schwerpunktthemen, nämlich „Sachsen ohne Armut“, das „Programm 100 000 Arbeitsplätze“, den „Plan Demokratisches Sachsen“, einen „Aufbruch in ein sozial-ökologisches Sachsen“ sowie „Bildung, Kunst und Kultur für alle“. Auf Grundlage dieser zu erarbeitenden Konzepte soll ein integriertes Landesentwicklungs- und Wirtschaftskonzept erarbeitet werden. Neben diesen inhaltlichen Aufgaben analysierte der Parteitag im Jahr 2009 gründlich die häufig schwierige Lage unserer Partei, die vor allem Mitgliederstruktur, Mitgliederleben, Beteiligungsformen und Kommunikationsstrukturen betrifft. Auch hier wurden entsprechende Aufgaben an die Landespartei, also vor allem an den Landesvorstand, aber auch an die Kreisvorstände und alle anderen Gremien erteilt.
Nach nunmehr zwei Jahren kann festgestellt werden, dass ein guter bis sehr guter Arbeitsstand erreicht wurde. Sozialpolitische Leitlinien werden auf diesem anstehenden Novemberparteitag zur Diskussion freigegeben, energiepolitische Leitlinien wurden bereits auf dem Landesparteitag 2010 beschlossen. Auf den Gebieten der Bildungs- und Kulturpolitik liegt sehr gutes Material vor, das zur Diskussion anregt. Ein Landesforum Wirtschaftspolitik wurde eingerichtet, dass bereits mehrmals tagte und inzwischen substantiell gut fundierte Aussagen erarbeitete. Ebenso gibt es erste Grundlagen für den „Plan demokratisches Sachsen“.
Die parteistrukturellen Aufgaben wurden vom Landesvorstand, den von ihm berufenen Arbeitsgruppen aber auch von einigen Kreisverbänden mit viel Energie angegangen. Sowohl die Personalentwicklungskonzepte und mehrere Kreisentwicklungskonzepte geben darüber Zeugnis. Die Politische Bildungsarbeit wurde ebenso intensiv mit nahezu allen Kreisverbänden analysiert und diskutiert.
Mein etwas längerer Rückblick hier war notwendig, um zu zeigen, dass Leitanträge auf unseren Parteitagen Wirkung haben und unserem politischen Handeln die Richtung geben. Deshalb konnte der Landesvorstand nun einen Leitantrag für den Bautzener Parteitag vorlegen, der auf den vielen gelungenen Aktivitäten der vergangenen zwei Jahre aufbaut.
Insgesamt werden drei Themengebiete abgesteckt, die das Haupthandlungsfeld unserer Partei in den zwei vor uns liegenden Jahren bilden sollen. Dies ist erstens die Vorbereitung der Wahlen 2013 und 2014, das betrifft Wahlkampfstrukturen ebenso wie Schulungsprogramme, Kandidatengewinnung oder die Vorbereitung einer Wahlkampfstrategie. Zweitens, im Übrigen eng mit der Wahlvorbereitung verbunden, die weitere Parteientwicklungsarbeit. Zum dritten sind die Diskussion, Qualifizierung und Weiterentwicklung der in den vergangen Jahren geschaffenen inhaltlichen Grundlagen und deren Zusammenführung zu nennen. Für diesen Prozess sollen die in unserem Landesverband außerordentlich guten Erfahrungen in der Programmdebatte genutzt werden, um eine möglichst breite innerparteiliche Beteiligung an der inhaltlichen Arbeit zu ermöglichen. Darüber hinaus sollen nicht erst die Ergebnisse der Öffentlichkeit unterbreitet werden, sondern nach Möglichkeit PartnerInnen für einen sächsischen Dialog über unsere politischen Angebote gefunden werden.
In den letzten Monaten und Jahren wurde vor allem auf der Bundesebene intensiv darüber diskutiert, inwieweit wir uns als Gesamtpartei strategisch erfolgreich aufstellen können. Auch zu diesem Thema haben wir uns als größter Landesverband zu positionieren, und zwar nicht theoretisch, sondern praktisch durch das, was wir tun und wie wir es tun. Für diesen strategischen Korridor diskutieren wir im Zusammenhang mit dem Leitantrag die folgenden Perspektiven:
Zum einen steht DIE LINKE in Sachsen für eine „radikal linke Realpolitik“. Das bedeutet, dass wir die real existierenden Probleme in Sachsen aufgreifen – ob diese nun durch die Staatsregierung, durch parlamentarisches Handeln oder als akute gesellschaftliche Probleme auftreten – und setzen sie auf unsere Agenda. Wir klären auf, untersuchen die Sachverhalte und verbinden dies mit unserer Perspektive auf notwendige Veränderungen. Immer aber bleiben wir in unserem öffentlich relevanten Handeln der Realität, der Wirklichkeit verhaftet. Wir versuchen nicht, den Menschen im Land einzureden, welche Probleme sie denn haben sollten, sondern wenden uns denen zu, die sie haben. Unser kritisches Handeln bezieht sich auf das Hier und Jetzt und damit auf die vorgefundenen Bedingungen, die es zu verändern gilt.
Zum anderen profilieren wir uns als „linke Gestaltungspartei“ in Sachsen. Das bedeutet, dass wir Konzepte, Ideen, Ansätze – also Politik – für Sachsen und in Sachsen entwickeln, deren Gestaltungsanspruch durch ein Höchstmaß an Glaubwürdigkeit gekennzeichnet ist. Wir beschreiben also konkrete Veränderungen, die von möglichst großen Teilen der sächsischen Bevölkerung als relevant und umsetzbar erachtet werden, also nicht in das Sankt-Nimmerleins-Land der politischen Träumerei verwiesen werden können. Unser klares Profil in der auf diesem Kampffeld dichten Konkurrenz mit anderen Parteien erhalten wir dadurch, dass wir alle Politik und alles Wirtschaften in die Soziale Frage ein- und unterordnen. Da aber insbesondere hier in Sachsen jedem Menschen unmittelbar eingängig ist, das soziale Gerechtigkeit und soziale Sicherheit SOWOHL erkämpft ALS AUCH erwirtschaftet werden müssen, sind die praktischen Auswirkungen unserer Gestaltungsvorschläge das entscheidende Glaubwürdigkeitskriterium.
Landesparteitag in Bautzen am 05./06.11.: der Leitantrag, weitere Anträge, ein vorläufiger Zeitplan sowie eine Übersicht über bislang erklärte Kandidaturen finden sich unter www.dielinke-sachsen.de