Anklage gegen Oppositionspolitiker, weil er Fraktionsvorsitzender ist – das ist „sächsische Demokratie“ / Aber Vertrauen in engagierte sächsische Zivilgesellschaft
Die Regierungsfraktionen CDU und FDP haben der Staatsanwaltschaft den Weg
für die Anklage gegen den Vorsitzenden der größten Oppositionsfraktion frei
gemacht, die ausschließlich damit begründet wird, dass er
Fraktionsvorsitzender ist und wegen seiner herausgehobenen Funktion an der
Verhinderung eines Naziaufmarsches “schuld” sein soll. Das aber ist
politischer Missbrauch der Strafverfolgung, vor der die Immunität gerade
schützen soll.
Ich freue mich, dass dies die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN ebenso
sehen, und ich finde es besonders befremdlich, dass die FDP-Fraktion –
anders als die FDP-Abgeordneten in Thüringen bei der Abstimmung über die
Aufhebung der Immunität von Bodo Ramelow – alle rechtlichen Bedenken, auch
das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, ignoriert.
Aber diese bedenkenlose Unterwerfung von Grundrechten unter politische
Vorgaben – siehe Handydatenaffäre und die beginnende Welle von Verfahren
gegen Nazigegner wegen des gescheiterten Naziaufmarsches am 19. Februar 2011
– ist gerade zweifelhaftes Markenzeichen der “sächsischen Demokratie”.
Deshalb ist André Hahn kein Einzel‑, sondern Präzedenzfall für viele
unbekannte Menschen, die sich Nazis in Dresden und im Land entgegenstellen,
auch sie haben alle Sympathien und Unterstützung der LINKEN.
Doch darauf wird die engagierte sächsische Zivilgesellschaft, davon bin ich
überzeugt, auch 2012 eine selbstbewusste Antwort geben und dafür sorgen,
dass die unsägliche Tradition der europaweit größten Naziaufmärsche in
Dresden endgültig Geschichte ist. Dies ist zugleich die beste Antwort
darauf, dass heute CDU und FDP zusammen mit der NPD die Immunität eines
Politikers wegen des Protestes gegen einen Naziaufmarsch aufheben.