Meine Eröffnungsrede zur Generaldebatte am 5. November zum 6. Landesparteitag in Bautzen

„Es sind die Ver­hält­nisse, die wir ändern müssen. IMG_4649-1024x682

 

Liebe Genossin­nen und Genossen, liebe Gäste,

das Mot­to unseres Lan­desparteitags an diesem Woch­enende lautet:

„Es sind die Ver­hält­nisse, die wir ändern müssen.“

Es geht mir dabei nicht alleine darum, als Partei die gesellschaftlichen Ver­hält­nisse ändern zu wollen, son­dern auch, unsere Partei muss sich ändern. Darüber soll­ten wir heute und mor­gen disku­tieren.

Ich beginne mit ein­er kurzen Reflex­ion des bere­its Erre­icht­en seit meinem Amt­santritt Ende 2009. Weit­er­hin will ich kurz eine Ein­schätzung der Ergeb­nisse des Erfurter Bun­desparteitags und dabei der Rolle Sach­sens vornehmen. Danach will ich euch meine strate­gis­chen Über­legun­gen vor­tra­gen, wie wir uns in den näch­sten Jahren auf­stellen soll­ten. Außer­dem wird es heute den Auf­takt ein­er bre­it­en inhaltlichen Debat­te über die Sozialpoli­tis­chen Leitlin­ien geben, auch dazu werde ich mich äußern.

Und schließlich haben wir auf diesem Parteitag einen neuen Lan­desvor­stand zu wählen, unter dessen poli­tis­ch­er Führung die Auf­gaben und Her­aus­forderun­gen des Lei­tantrags, der mor­gen zur Diskus­sion und Abstim­mung ste­ht, umzuset­zen sind.

Aus Zeit­grün­den kann ich auf die aktuelle EU-Finanzkrise nicht einge­hen, freue mich aber, dass der stel­lv. Frak­tionsvor­sitzende im Bun­destag, Diet­mar Bartsch, dazu nach der Mit­tagspause zu uns sprechen wird.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

als ich 2009 für den Lan­desvor­sitz kan­di­dierte, hat­te ich euch ver­sprochen, dass ich stets flügel- und gen­er­a­tionsüber­greifend mit allen in der Partei auf Augen­höhe zusam­me­nar­beit­en werde, dass es mir niemals um Einzelin­ter­essen son­dern stets um die Partei als Ganzes geht und ich es für außeror­dentlich wichtig finde, vielfältige Ein­beziehung und umfassende Beteili­gungs-Möglichkeit­en auf allen Ebe­nen der Partei sich­er zu stellen. Die Bewährung­sprobe fol­gte sogle­ich, denn der dama­lige Lan­desparteitag beauf­tragte den neugewählten Lan­desvor­stand u.a.:

1. mit der Organ­i­sa­tion der Pro­gram­mde­bat­te im Lan­desver­band

2. eine Mit­glieder- und langfristige Per­son­alen­twick­lung mit den örtlichen Kreis- und Stadtver­bän­den zu organ­isieren und

3. fünf inhaltliche Pro­jek­te zu entwick­eln zu den poli­tis­chen Schw­er­punk­ten: „Sach­sen ohne Armut“, „Bil­dung, Kun­st und Kul­tur für alle“, „100.000 Arbeit­splätze für Sach­sen“, „sozial-ökol­o­gis­ches Sach­sen“ und „Plan demokratis­ches Sach­sen“ und diese mit der Arbeit unser­er Land­tags­frak­tion zu verzah­nen

Wir macht­en uns damals sofort an die Arbeit, bilde­ten Arbeits­grup­pen und fünf Pro­jek­t­grup­pen mit jew­eils Ver­ant­wortlichen aus Frak­tion und Partei. Zusät­zlich grün­dete sich im Som­mer 2010 auf Ini­tia­tive des Lan­desvor­standes das Forum Alter­na­tive Wirtschaft­spoli­tik, das sei­ther zu Fra­gen der nach­halti­gen Lan­desen­twick­lung, des Ver­hält­niss­es von Land und Kom­munen in Sach­sen sowie zu Möglichkeit­en aktiv­er Arbeits­mark­t­poli­tik disku­tiert und Vorschläge entwick­elt.

Das Lan­des­fo­rum Wirtschaft­spoli­tik hat bish­er erfol­gre­ich gezeigt, wie man Men­schen unter­schiedlich­er Prä­gung so an einen Tisch bringt, dass sie wie Sahra Wagenknecht und Kurt Biedenkopf neulich in ein­er Talk­show gemein­same weltan­schauliche Aha-Erleb­nisse haben. Davon brauchen wir zukün­ftig mehr, ich komme darauf noch mal zurück.

Das erste inhaltliche Ergeb­nis dieser Pro­jek­t­grup­pen war der viel­beachtete Energiepoli­tis­che Lan­desparteitag im Herb­st 2010 und die beschlosse­nen Energiepoli­tis­chen Eck­punk­te, in denen wir uns tat­säch­lich zu ein­er Zeit mit einem The­ma beschäftigten, das damals ganz Deutsch­land bewegte. Während die CDU unter Angela Merkel schon im Früh­jahr 2011 ihre Entschei­dun­gen vom Herb­st 2010 zur Energiepoli­tik wegen anste­hen­der Wahlen und der Katas­tro­phe in Japan ruckar­tig änderte, hat­ten wir bish­er keine Ver­an­las­sung unsere Über­legun­gen über Bord zu wer­fen. Nein, sie haben sich vielmehr als richtig und zukun­ftsweisend her­aus­gestellt.

Weit­er­hin ent­standen unter Regie des Lan­desvor­standes die, inzwis­chen in die Diskus­sion einge­bracht­en „Kul­tur­poli­tis­chen Leitlin­ien“ für Sach­sen sowie die euch heute vor­liegen­den „Sozialpoli­tis­chen Leitlin­ien “, zu denen wir heute noch zen­tral berat­en wer­den. Und in eini­gen Monat­en wer­den wir außer­dem auch die Ergeb­nisse der Pro­jek­t­gruppe „Bil­dung, Kun­st und Kul­tur für alle“ präsen­tieren. Ende des Jahres wird es zu diesem The­men­bere­ich eine große Bil­dungskon­ferenz der Land­tags­frak­tion geben.

Diese Pro­jek­t­grup­pen soll­ten über den unmit­tel­baren Anlass hin­aus für Mit­glieder wie Sym­pa­thisan­tInnen konkrete Beteili­gungsmöglichkeit­en bieten sowie die inhaltliche Diskus­sion im Lan­desver­band befördern. Deshalb werbe ich dafür, die dort erar­beit­eten konzep­tionellen Ansätze noch mehr zu Diskus­sion­s­the­men im Parteileben zu machen, um so unser inhaltlich­es Pro­fil zu schär­fen und um in den näch­sten 2 Jahren ein umfassendes und inte­gri­ertes „Lan­desen­twick­lungs- und Wirtschaft­skonzept“ vor­legen zu kön­nen.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

ich glaube, nach dem Lan­desparteitag im Novem­ber 2009 ist uns in Sach­sen ein richtig guter Neustart gelun­gen. Ich will zwar nicht gle­ich behaupten, wir hät­ten uns neu erfun­den. Jedoch kann man leicht fest­stellen, dass es uns gelun­gen ist, über gemein­same Pro­jek­te eine gemein­same Iden­tität für den Lan­desver­band neu zu erzeu­gen. Nicht mehr das Tren­nende, son­dern das Verbindende stand und ste­ht im Mit­telpunkt unser­er Arbeit. Mit viel und inten­siv­er Kom­mu­nika­tion inner­halb des Lan­desver­ban­des haben wir es geschafft, dass wir heute zu den sta­bil­sten Lan­desver­bän­den inner­halb der Bun­despartei zählen. Wir haben sog­ar erre­icht, dass die Sach­sen in Berlin wieder ernst genom­men wer­den. Man schaut auf uns!

Auch wenn wir in Säch­sis­chen Umfra­gen derzeit zwis­chen 17 und 20 % liegen, während sich gle­ichzeit­ig bei bun­desweit­en Umfra­gen der Wäh­lerzus­pruch für DIE LINKE fast hal­biert hat, kön­nen wir in Sach­sen damit auf keinen Fall zufrieden sein, weil vom ein­wohn­er­stärk­sten Land im Osten hängt entschei­dend ab, wie stark wir als LINKE im näch­sten Bun­destag vertreten sind. Das heißt, die Bun­despartei braucht auch den Rück­en­wind aus Sach­sen.

Ein enorm wichtiger Prozess in der Arbeit des ver­gan­genen Lan­desvor­standes war die Pro­gram­mde­bat­te. Mit der äußerst bre­it angelegten Organ­i­sa­tion dieser Debat­te in ganz Sach­sen hat der Lan­desvor­stand über anderthalb Jahre inten­siv und konzen­tri­ert daran gear­beit­et, in zahlre­ichen Debat­ten und Kon­feren­zen mit der Parteiba­sis Säch­sis­che Änderungsanträge für das Pro­gramm zu entwick­eln.

Von Beginn an, also seit März 2010, mis­cht­en wir uns sehr aktiv in die Pro­gram­mde­bat­te ein. Ich möchte hier vor allem pos­i­tiv her­vorheben, dass diese Ein­mis­chung nicht etwa nur die des Lan­desvor­standes oder des Lan­desrates waren, son­dern bere­its zum ersten Entwurf sehr viele BOs ihre Mei­n­un­gen schriftlich ein­bracht­en. Von vorn­here­in haben wir in Sach­sen der Pro­gram­mde­bat­te deshalb größte Aufmerk­samkeit gewid­met. Die vom Lan­desvor­stand mit der Organ­i­sa­tion beauf­tragte Grund­satzkom­mis­sion erfüllte hier ihre Auf­gabe wirk­lich sehr gut. Vie­len Dank. Liebe Genossin­nen und Genossen!

Über anderthalb Jahre hin­weg fan­den Hun­derte von Ver­anstal­tun­gen auf allen Ebe­nen, also in den Ortsver­bän­den, den Kreisver­bän­den, als Region­alver­anstal­tun­gen und auf Lan­desebene statt. Auf diesen wurde sehr freimütig Zus­tim­mendes und Ablehnen­des erörtert, es ent­standen Impulse, Ideen und am Ende auch Anträge.

Die entschei­dende poli­tis­che Erfahrung in diesem Prozess war, dass wir prak­tisch bewiesen haben, dass auch bei ein­er doch sehr umfänglichen und kom­plex­en Auf­gabe Beteili­gung funk­tion­iert. Mein­er Mei­n­ung nach, hat DIE LINKE. Sach­sen somit schließlich zum Erfolg des Erfurter Parteitages ganz wesentlich beige­tra­gen.

Auf zwei für uns LINKE. Sach­sen beson­ders erfreuliche Ergeb­nisse der Pro­gram­mde­bat­te möchte ich hin­weisen: Im Parteitags­beschluss von Erfurt wur­den die Ziele ein­er sol­i­darischen Min­de­strente und ein­er Kinder­grund­sicherung aufgenom­men — auf Ini­tia­tive Sach­sens!
Auch wenn bei­de Forderun­gen in den meis­ten Ohren hier im Saal fast selb­stver­ständlich klin­gen mögen: dahin­ter steck­ten oft sehr hart geführte inner­parteiliche Auseinan­der­set­zun­gen.

Ich will das kurz am Beispiel der sol­i­darischen Min­de­strente näher erläutern:
Man kann beispiel­sweise Renten­gerechtigkeit vom Stand­punkt des von Alter­sar­mut bedro­ht­en Rent­ners sehen, der vielle­icht in den let­zten zwei Jahrzehn­ten vom Arbeit­sleben aus­geschlossen war oder nur niedrig­sten Lohn ver­di­enen kon­nte. Dann ist es gerecht und links, zu sagen: „Nein, dieser Men­sch darf nicht auch noch im Alter bestraft wer­den für die Umstände, unter denen er leben musstet!“
Ein eben­so link­er Blick­winkel ist jedoch auch unter dem Aspekt der sys­temis­chen Renten­gerechtigkeit zu find­en, näm­lich in der Frage, wer denn für die Rente zahlt, wer dafür aufkommt. Und da ist es eine berechtigte linke Kri­tik, wenn wir sagen, Unternehmen und Ver­mö­gende sollen nicht ent­lastet wer­den.

Was aber in inner­parteilichen Auseinan­der­set­zun­gen nicht geht — und das müssen wir uns wirk­lich ins Stamm­buch schreiben — was also gar nicht geht, ist in diesem Prozess die jew­eils andere Posi­tion zu dif­famieren und qua­si außer­halb des Kon­sens­es unser­er Partei zu stellen. Wenn wir in ein­er solchen, sach­lich und fach­lich wichti­gen Debat­te dazu kom­men, ander­s­denk­ende Genossin­nen und Genossen als „neolib­er­al“ zu kennze­ich­nen, dann ist das eine Gren­züber­schre­itung die wir nicht mehr dulden dür­fen.

Das wäre näm­lich der Weg der Spal­tung, der Weg hin zu ein­er Split­ter­gruppe, deren gesellschaftliche Wirkung gen Null gehen würde! Wir müssen akzep­tieren, dass „links“ immer etwas mehr ist, als die jew­eilige GenossIn, der jew­eilige Orts‑, Kreis- oder Lan­desver­band sich eben vorstellen kann. Anson­sten hät­ten wir den Weg der Grün­dung der LINKEN gar nicht erst beschre­it­en sollen.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

an ein­er, für unsere säch­sis­che Posi­tion­ierung wichti­gen Stelle führten die Auseinan­der­set­zun­gen zu ein­er schwieri­gen Sit­u­a­tion. Ich meine hier das The­ma „Öffentlich­er Beschäf­ti­gungssek­tor“. Klar, wir Sach­sen woll­ten eigentlich mehr, als let­ztlich in Erfurt beschlossen wurde. Aber immer­hin ist dieses The­ma nun mit deut­lich pos­i­tivem Bezug weit­er­hin im Pro­gramm enthal­ten — das war ein­er der berühmten „großen Kom­pro­misse“. Das finde ich richtig und gut.

Was aber wer­den denn nun die Genossin­nen und Genossen aus einem großen west­lichen Lan­desver­band denken, die vorher in ihrem Antrag for­mulierten, dass der Öffentliche Beschäf­ti­gungssek­tor ein Ansatz aus der neolib­eralen HartzIV-Logik ist? Ein Ansatz, der also ganz und gar getil­gt wer­den müsse aus dem Pro­gramm. In let­zter Kon­se­quenz müssten nun diese Antrag­steller glauben, dass unser Erfurter Pro­gramm schlimme „neolib­erale, der HartzIV-Logik fol­gende“ Ele­mente enthält. Ich hoffe — ganz ehrlich — dass sie es nicht tun.

Und ich möchte, dass wir als Partei stolz auf jeden der über 5.000 Arbeit­splätze im Öffentlichen Beschäf­ti­gungssek­tor sind, die in der Berlin­er rot-roten Lan­desregierung geschaf­fen wur­den und die nun von der neuen Koali­tion in Berlin wieder in die Arbeit­slosigkeit geschickt wer­den sollen.

Diese, etwas län­gere Aus­führung hat einen tief­er­en Grund, der unsere inner­parteiliche Kul­tur bet­rifft und damit die Voraus­set­zung, auf der wir unsere linke Ver­schieden­heit zur poli­tis­chen Gemein­samkeit wach­sen lassen kön­nen und müssen. Sich­er scheint es manch­mal nüt­zlich, auch inner­parteilich schw­erere Kaliber aufz­u­fahren. So richtig vom Led­er zu ziehen, lässt manch­mal doch etwas mehr an Applaus und Zus­tim­mung entste­hen, als eine nach­den­kliche Analyse. Der Schaden, den man damit inner­parteilich anricht­en kann und oft dann auch anrichtet, über­wiegt jedoch den indi­vidu­ellen Nutzen fast immer!

Wir LINKEN sind bei weit­em nicht stark genug dafür, dass wir unsere Kraft auf solche inner­parteilichen Auseinan­der­set­zun­gen ver­schwen­den. Ich kenne keine Genossin und keinen Genossen, auf die ich verzicht­en oder die ich ver­let­zt sehen möchte oder an den Rand gedrängt. Keinen!

Ich bin froh, dass wir im Rück­blick auf die ver­gan­genen zwei Jahre sagen kön­nen:
Wir haben uns nicht „auf die faule Haut gelegt“.
Wir haben hart gear­beit­et, an unseren poli­tis­chen Inhal­ten sowie an unseren Meth­o­d­en und Struk­turen.

Liebe Genossin­nen und Genossen,
neben der guten konzep­tionellen und organ­isatorischen Arbeit des Lan­desvor­standes in den let­zten 2 Jahren, möchte ich aber noch darauf hin­weisen, dass wir die strate­gis­che Debat­te bis­lang ver­nach­läs­sigt bzw. sie sog­ar gescheut haben wie der Teufel das Wei­h­wass­er.

Wenn es unser gemein­sames Ziel ist, die poli­tis­chen Ver­hält­nisse im Land zu ändern, wir aber wis­sen, dass wir als LINKE allein dazu nicht die poli­tis­che Kraft haben, heißt das, dass wir Part­ner­in­nen und Part­ner und vor allem eine Strate­gie brauchen.
Eine gute Strate­gie ver­schafft uns Ori­en­tierung in der oft­mals unüber­sichtlichen Tage­spoli­tik und bietet Leitlin­ien für unser poli­tis­ches Han­deln. Mehr noch, was wir brauchen, ist ein strate­gis­ches Hand­lungskonzept, das die Art der poli­tis­chen Prob­lem­lö­sung, das Konkur­ren­zver­hal­ten der Parteien und wie wir öffentlich kom­mu­nizieren, mit einan­der vere­int.

Dabei muss man mit einem Missver­ständ­nis aufräu­men:
Strate­gie bedeutet nicht die ein­seit­ige Ori­en­tierung auf Macht, son­dern es geht um den Ziel­bezug.

Ich habe ab und zu das Gefühl, dass viele glauben, es gäbe ein ein­fach­es Rezept­buch, in dem wir nach­schla­gen kön­nten um für uns die richtige Lösung zu find­en. Nein, das gibt es nicht.

Unsere poli­tis­che Strate­gie muss vor allem sicht­bar sein, nur so schafft man die Voraus­set­zung für notwendi­ge strate­gis­che Diskurse. Die brauchen wir nicht nur für die inner­parteiliche Demokratie, son­dern auch um der Öffentlichkeit die Möglichkeit zu geben, unsere Strate­gie zu ver­ste­hen.

Wenn wir denn als LINKE in Sach­sen kün­ftig über unsere strate­gis­che Auf­stel­lung disku­tieren – und damit also vor allem darüber,

• wie wir erfol­gre­ich und mit wach­sender Anerken­nung in Sach­sen wirken wollen,
• wie unsere Sicht auf die Gesellschaft ist,
• was für ein Men­schen­bild wir haben,
• wie wir unsere The­men auf die öffentliche Tage­sor­d­nung heben wollen,
• wie wir gesellschaftliche Verän­derun­gen bee­in­flussen,

dann tun wir das öffentlich und nicht in Hin­terz­im­mern.
Strate­gie ist nicht die Hülle son­dern der Weg.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

Im Lei­tantrag gibt es die For­mulierung „Für eine radikal linke Realpoli­tik“. Radikal kommt aus dem Lateinis­chen und heißt „Wurzel“; Wer radikal ist, geht also bei der Lösung eines Prob­lems an dessen Wurzel. Nun ist aber Latein außer­halb der katholis­chen Kirche keine Amtssprache mehr, und auf Deutsch ist das mit der Radikalität eine heik­le Sache, was wir bei der Arbeit am Lei­tantrag dann auch zu spüren beka­men.

Zunächst hieß es: „Für eine radikale Realpoli­tik“. Das klingt super, aber zu sehr nach Anerken­nung der Macht des Fak­tis­chen. Wir sind doch LINKE, also fol­gte For­mulierung Num­mer zwo: „Für eine linke radikale Realpoli­tik“. Dabei scheint das Linke aber nur ein Anhängsel des radikalen Realen zu sein, deshalb rück­te es später in die Mitte: „Für eine radikale linke Realpoli­tik“. Mit dieser drit­ten Vari­ante dro­ht­en neue Missver­ständ­nisse – schließlich leben wir in einem Land, in dem es den soge­nan­nten Radikalen­er­lass­es von 1972 gab, mit dem ver­meintliche Ver­fas­sungs­feinde aus dem öffentlichen Dienst gedrängt wer­den soll­ten. Der Weisheit der Redak­tion­s­gruppe fiel deshalb ein „e“ zum Opfer, und for­t­an heißt es im Lei­tantrag „Für eine

radikal linke Realpoli­tik“.

Es wäre schön, liebe Genossin­nen und Genossen, wenn ihr das mor­gen so beschließen würdet – denn noch schlauer kann man es nicht sagen!

Unter anderem mit dieser Botschaft, verknüpfe ich das Ziel, für die Durch­set­zung unser­er poli­tis­chen Konzepte und Ideen, am Ende auch die Über­nahme von mehr Ver­ant­wor­tung als bish­er, also der Ein­tritt in eine Säch­sis­che Regierung. Und dann muss man als Partei auch vor­bere­it­et sein.

Dafür brauchen wir, ganz kurz gesagt:
• gute Poli­tikange­bote
• gutes Per­son­al
• gute, klare Botschaften
• und gute Part­ner­in­nen und Part­ner

Um das zu erre­ichen, liegt noch ein Berg Arbeit vor uns.

Denn .…
• Noch wird uns bei manchen The­men eine nicht aus­re­ichende Lösungskom­pe­tenz zugeschrieben.
• Noch sind unsere möglichen Part­ner­in­nen und Part­ner zu unentschlossen bzw. selb­st zahlen­mäßig nicht stark genug.
• Noch sind wir nicht aus­re­ichend ver­ankert in der heuti­gen Gesellschaft.
• Noch fehlt uns für einige The­men glaub­würdi­ges Per­son­al.
• Noch sind wir bei etlichen The­men nicht authen­tisch genug.

Jedoch, kann ich die poli­tis­che Konkur­renz beruhi­gen: Da wir diese Auf­gaben ken­nen, wer­den wir sie auch lösen!

Ob uns LINKEN die derzeit­ige Finanzkrise und die aktuellen Debat­ten darüber, ob uns die Finanzmärk­te noch ruinieren wer­den, nun zu neuen Höhen in den Umfra­gen ver­hil­ft, ganz nach dem Mot­to: „Jet­zt hat’s der Let­zte begrif­f­en, dass wir immer schon recht gehabt haben“ wage ich den­noch zu bezweifeln.

Mit Stim­men für Parteien ist das ja wie mit Aktienkursen: Man wird nicht gewählt, weil man bish­er so kluge Dinge getan oder gesagt hat, son­dern weil die Wäh­lerin­nen und Wäh­ler glauben: In dieser Partei steckt etwas, was Zukun­ft hat, was jet­zt gebraucht wird. Und ob die Leute das glauben, das hat natür­lich was mit der Glaub­würdigkeit ein­er Partei zu tun. Und die ist eben von dem abhängig, was Men­schen dieser Partei zuvor gesagt und getan haben.

Oder anders aus­ge­drückt:
Für uns in Sach­sen heißt das, wir müssen unsere Glaub­würdigkeit erhöhen indem wir unsere Lösungsvorschläge stärk­er in den Mit­telpunkt unser­er poli­tis­chen Kom­mu­nika­tion rück­en. Die klare Botschaft an unsere Wäh­lerin­nen und Wäh­ler muss laut­en: Wir kri­tisieren die ungerecht­en Ver­hält­nisse, sagen aber auch, was und wie wir es bess­er machen wollen.
Dazu gehört
Mut,
Kon­se­quenz und
ein langer Atem.

Für einen tief greifend­en Poli­tik­wech­sel in Sach­sen, der natür­lich mehr ist, als der Aus­tausch eines Koali­tion­spart­ners unter Fort­führung der­sel­ben Poli­tik in anderen Far­ben, sind deswe­gen aus mein­er Sicht mit­tel­fristig fol­gende strate­gis­che Ziele zu beschreiben:

1. LINKE, SPD und Grüne sind in der Oppo­si­tion trotz pro­gram­ma­tis­ch­er und kul­tureller Unter­schiede gemein­sam hand­lungs­fähig. Die Parteien und Frak­tio­nen beweisen damit ihre grund­sät­zliche Fähigkeit zum gemein­samen Regieren in Sach­sen.

2. Die Fähigkeit zum Dia­log auf Augen­höhe ist für die Spitzen von Partei und Frak­tion eine unbe­d­ingte Voraus­set­zung.

3. Poli­tis­che Gemein­samkeit­en aber auch Dif­feren­zen wer­den in ein­er stre­it­baren öffentlichen Diskus­sion über eine mögliche rot-rot-grüne Refor­mal­ter­na­tive nachvol­lziehbar und ver­ständlich, so wie wir das beim let­zten Lan­desparteitag mit der Rede von Johannes Lich­di begonnen haben.

4. Wir stellen klar: DIE LINKE strebt keine Weltan­schau­ungs­ge­mein­schaft mit anderen Parteien an, son­dern ein prag­ma­tis­ches, zeitlich begren­ztes Hand­lungs­bünd­nis zur Durch­set­zung gemein­samer Ziele in Sach­sen.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

Lasst uns diese strate­gis­che Debat­te jet­zt führen, weil sie ist wichtig und notwendig für unser Agieren in den näch­sten Jahren. Die poli­tis­chen Akzente, die wir set­zen wollen, ergeben sich aus unserem grund­sät­zlichen Ein­treten für eine sozial gerechtere, demokratis­che und friedliche Welt. Aber wir müssen uns kün­ftig the­ma­tisch bre­it­er auf­stellen, dazu hat­te ich mich im Früh­jahr öffentlich geäußert und der eine oder die andere hat mich dafür kri­tisiert.

Ich will heute noch ein­mal klar stellen: Wenn ich sage, wir müssen uns the­ma­tisch bre­it­er auf­stellen, dann meine ich nicht, dass wir die Soziale Frage aus dem Zen­trum unser­er Poli­tik ent­lassen. Nein, wir müssen alle poli­tis­chen The­men immer mit dem Sozialen in Verbindung set­zen, dies unter­schei­det uns näm­lich von allen anderen Parteien.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

zwei Begriffe, die in Sach­sen beson­dere Bedeu­tung genießen, sind Kul­tur und Iden­tität. Wir Sach­sen sind stolz auf unser Sach­sen. Das ist nun mal so, ob es dem Einzel­nen gefällt oder nicht. Wir müssen ler­nen damit umzuge­hen. Eine über­große Mehrheit in Sach­sen lebt gerne hier, sie ist stolz auf ihr Land und dessen kul­turelle Vielfalt. Wir soll­ten dies nicht klein reden oder gar ignori­eren.

Wir LINKEN müssen dieses „Wir-Gefühl“ bzw. diese säch­sis­che Iden­tität strate­gisch aufnehmen und in ein poli­tis­ches Ange­bot über­set­zen: Das heißt wir müssen Iden­tität und Kul­tur vor allem als Kom­mu­nika­tion ver­ste­hen. Wir müssen den Sach­sen beweisen, dass es für uns keinen Wider­spruch gibt zwis­chen dem Ein­treten für soziale Gerechtigkeit und der tief emp­fun­de­nen Heimatliebe der Sach­sen.

Wir kön­nten die Partei in Sach­sen sein, die diesem Land die notwendi­ge Moder­nität und das Weltof­fene gibt und die aber eins klar macht:

• Die Kun­st in diesem Land, hat nicht der König geschaf­fen, son­dern die Handw­erk­erin und der Handw­erk­er.

• Das Meißn­er Porzel­lan kon­nte deswe­gen hergestellt wer­den, weil es die Arbeit­er im Erzge­birge waren, die unter erbärm­lich­sten Bedin­gun­gen das Auer Kaolin aus der Erde kratzten und dabei ihre Gesund­heit und oft genug ihr Leben riskierten.

• Es ist auch nicht die heutige Lan­desregierung, die dafür sorgt, dass dieses Kul­turerbe allen zugänglich ist, son­dern es war die Aneig­nung durch das Volk. Und let­z­tendlich bezahlte zu allen Zeit­en immer der Steuerzahler auch die Präsen­ta­tion der Kun­stschätze.

DIE LINKE, die sich vor allem als eine kul­turelle Linke ver­ste­hen sollte, muss hier­bei deut­lich machen, dass sie sich immer auf ein weit größeres Gesellschaft­spro­jekt ein­lassen wird, als allein auf eine bessere Umverteilung des Reich­tums, wie es die Sozialdemokratie macht.

Ja, wir wollen eine Poli­tik der Umverteilung – also der soziale Aspekt – aber eben auch eine Poli­tik der Anerken­nung vielfältiger Lebensweisen und kul­tureller Iden­titäten.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

ein für uns LINKE enorm wichtiges The­ma sowie Teil unser­er poli­tis­chen Iden­tität ist die Auseinan­der­set­zung mit dem Faschis­mus und dem Recht­sex­trem­is­mus. Das ist kein Engage­ment ein­er einzel­nen poli­tis­chen Grup­pierung son­dern weite Teile der Zivilge­sellschaft stellen sich gegen Nazis. Wir ste­hen da in ein­er Rei­he mit Gew­erkschaf­terin­nen und Gew­erkschaftern, Kün­st­lerin­nen und Kün­stlern, anderen poli­tis­chen Parteien unter anderem SPD und Bündnis90/Grüne und sog­ar mit den Kirchen.

Und selb­st in den Rei­hen der Säch­sis­chen CDU gibt es seit ein paar Wochen Bewe­gung. Ein führen­der Dres­d­ner Land­tagsab­ge­ord­neter warb kür­zlich für eine dif­feren­ziert­ere Hal­tung sein­er eige­nen Partei im Umgang mit Aufmärschen von Neon­azis, im Beson­deren in Dres­den, um den 13. Feb­ru­ar. Das heißt, ger­ade jün­gere CDU-Land­tagsab­ge­ord­nete suchen beim Protest gegen die Nazis den Dia­log mit anderen demokratis­chen Kräften, aus­drück­lich auch mit uns. Wir wer­den das beobacht­en und wenn das Ange­bot ernst gemeint ist – ich habe momen­tan keinen Grund zu zweifeln — dann müssen wir diesen Dia­log führen.
Weil, Faschis­mus ist allein mit Links – wie uns die Geschichte lehrt – nicht zu bekämpfen.

Und doch, wie ihr es ver­fol­gt habt, gibt es im Zusam­men­hang mit den Protesten gegen die Dres­d­ner Nazi­aufmärsche polizeiliche und juris­tis­che Ver­fol­gung gegen linke Demon­stran­ten. Während Polizeirazz­ien und Haus­durch­suchun­gen in Dres­den inzwis­chen höch­strichter­lich als ille­gal eingestuft wur­den, laufen weit­er­hin staat­san­waltliche Ermit­tlungsver­fahren gegen einige linke promi­nente und gegen Hun­derte nicht-promi­nente Demon­stran­tinnen und Demon­stran­ten.

Dabei wird die poli­tis­che Moti­va­tion dieser Strafver­fol­gung immer offen­sichtlich­er, denn sog­ar die Immu­nität von frei gewählten Abge­ord­neten wurde inzwis­chen aufge­hoben, um sie dafür zu bestrafen weil sie als Frak­tionsvor­sitzende, als ange­bliche Rädels­führer, einen Nazi­auf­marsch in Dres­den durch Gegen­demon­stra­tio­nen ver­hin­dert hät­ten.

Wir LINKEN Sach­sen erk­lären uns deshalb hier und heute sol­i­darisch mit

Janine Wissler,
André Hahn,
Willi van Ooyen
Bodo Ramelow,

und mit den vie­len hun­dert Anderen,

die friedlich in Dres­den 2010 und 2011 protestierten und denen jet­zt der Prozess gemacht wer­den soll.…..

Liebe Genossin­nen und Genossen,

woran es in Sach­sen wirk­lich man­gelt, ist Dia­log. Also Zuhören, Respek­tieren, Artikulieren und Erken­nt­nis. Dafür braucht es genü­gend Platz und Ver­trauen. Wir LINKEN wollen einen Dia­log für Sach­sen. Wie man so was konkret macht, kon­nte man beim Lan­des­fo­rum Wirtschaft­spoli­tik sehr schön ler­nen, da sind mit Prof. Thomas Lenk, von der Uni­ver­sität Leipzig und Prof. Mar­cel Thum, vom Ifo-Insti­tut Dres­den in diesem Jahr schon Men­schen mit uns in den Dia­log getreten, so, wie ich es mir viel öfters wün­schte.

Es wird ja manch­mal mit Recht viel darüber disku­tiert, ob all die wun­der­baren Möglichkeit­en der Bürg­er­beteili­gung und direk­ten Demokratie, für die wir als LINKE so vehe­ment ein­treten, am Ende nur die Spal­tung der Gesellschaft ver­tiefen: Diejeni­gen, die heute schon regen Anteil am poli­tis­chen Leben haben, mis­chen kün­fti­gen noch mehr mit, und diejeni­gen, die jet­zt bere­its abseits ste­hen, ger­at­en noch mehr ins Aus.

Aber mit Dia­log kön­nte man diese Hür­den über­winden. Es geht nicht ohne. Deshalb ist für uns der Dia­log für Sach­sen der Weg in eine bessere Zukun­ft.

Die schwarz-gelbe Staat­sregierung aber ken­nt keinen Dia­log.
Wohl kein säch­sis­ches Regierungsk­abi­nett seit 1990 hat so rein tech­nokratisch agiert wie die derzeit amtierende Min­is­ter­runde unter Stanis­law Tillich.
Jüng­stes Beispiel ist das so genan­nte Stan­dortege­setz, ein beispiel­los­er Behör­de­numzugszirkus, dessen einzige schon jet­zt beweis­bare Effek­te zunehmende Bürg­er­ferne und Belas­tung für die Betrof­fe­nen sind.

Schon frühzeit­ig erk­lärte der Wirtschaftsmin­is­ter der FDP, Sven Mor­lok, vor Per­son­al­räten, dass sich an den Ergeb­nis­sen des Regierungsen­twurfs eh nichts mehr ändern wird, egal was noch an Kri­tik kom­men wird.

Das heisst, die FDP ste­ht für das Gegen­teil von Dia­log. Die Sach­sen haben inzwis­chen die Schlussfol­gerung gezo­gen, dass in der FDP somit keine Zukun­ft steckt, weshalb die Partei in Sach­sen bei aktuellen Umfra­gen nur noch zwei Prozent erre­icht. Und das soll auch so bleiben!

Als Sprech­er für Innen­poli­tik in unser­er Land­tags­frak­tion habe ich schon im März einen Blog zur soge­nan­nten „Staatsmod­ernisierung“ angelegt, der sich sei­ther reger Beteili­gung durch Diskus­sions­beiträge erfreut, mit Leuten, die mit unser­er Partei bish­er nichts zu tun hat­ten. Und natür­lich sind wir vor Ort bei Ver­anstal­tun­gen zu Behör­den­schließun­gen bzw. –ver­lagerun­gen präsent. Wir sind aber nicht nur in der Bre­ite der Kom­mu­nika­tion, son­dern auch men­tal bess­er aufgestellt als das säch­sis­che CDU/FDP-Kabi­nett: Glaubt man dort, nur die Prob­leme lösen zu müssen, die man sel­ber hat – etwa durch Vor­gaben des Finanzmin­is­ters –, sind unser Aus­gangspunkt die Prob­leme, die die Bürg­erin­nen und Bürg­er selb­st als ihre Prob­leme definiert haben, bei denen sie ein Han­deln der Poli­tik erwarten.

Welche Wege zum The­ma Bürg­ernähe die derzeit­ige Regierung in Sach­sen für sin­nvoll erachtet, sieht man an den Aktio­nen des FDP-Wirtschaftsmin­is­ters. Dieser lauert Pendlern an Auto­bah­n­rast­stät­ten auf, schenkt ihnen Eier­schecke oder kosten­lose Toi­let­tenbe­suche und ver­sucht sie zu überre­den, sie mögen doch endlich wieder zurück nach Sach­sen kom­men.

Herr Mor­lock, nicht Eier­schecke bewegt die Men­schen in Sach­sen zu bleiben, son­dern gut bezahlte Arbeit! Und dafür wäre ein Min­dest­lohn eine richtige und gute Voraus­set­zung.

Die Men­schen wollen, dass ihnen zuge­hört wird, sie respek­tiert und ihre Argu­mente gehört und ver­standen wer­den.
Kurz: Die Men­schen wollen einen Dia­log für Sach­sen.
Und genau dafür ste­ht DIE LINKE.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

ich will noch auf die euch vor­liegen­den Sozialpoli­tis­chen Leitlin­ien zu sprechen kom­men.

Nach­dem sich Diet­mar Pell­mann, in bekan­nt brum­miger Art, nach dem Lan­desparteitag zur Energiepoli­tik darüber äußerte, dass es jet­zt aber mal wieder Zeit wäre, auf einem Lan­desparteitag über Sozialpoli­tik zu reden und er das min­destens noch zweimal wieder­holte, sagte ich zu ihm: Okay, machen wir, aber unter ein­er Voraus­set­zung: Du schreib­st ein Papi­er gemein­sam mit Kat­ja Kip­ping! Diet­mar brummte etwas, das ich als JA auf­fasste und nun musste ich noch Kat­ja überzeu­gen – was gar nicht so schw­er war wie ich dachte.

So set­zten sich bei­de gemein­sam an einen Tisch und macht­en ein Fahrplan. Und dann schrieb Diet­mar und dann schrieb Kat­ja. Dann führten sie Debat­ten. Und mit eini­gen Anderen, die sich auch mit guten Vorschlä­gen ein­bracht­en, ent­stand das, was euch heute vor­liegt.

Ihr kön­nt es mir glauben: Es war mir wirk­lich ein Herzenswun­sch, dass sich zu diesem The­ma Kat­ja und Diet­mar gemein­sam an einen Tisch set­zen. Bei­de gel­ten als exzel­lente Sozialpoli­tik­er unser­er Partei. Zwei, wie sie nicht unter­schiedlich­er sein kön­nten. Aber zwei, die sich was traut­en.

Ich kann euch heute bericht­en, dass diese Zusam­me­nar­beit aus mein­er Sicht her­vor­ra­gend gelun­gen ist und dafür möchte ich mich bei bei­den hier und heute auch noch mal bedanken.

Denn ganz ehrlich, es ist nicht immer ganz ein­fach, dass man sich über Gen­er­a­tio­nen und über ver­schiedene poli­tis­che Ansätze und Erfahrun­gen hin­weg an einen Tisch set­zt, um gemein­sam an einem Pro­jekt zu arbeit­en. Das ist nun hier beispiel­haft gelun­gen und es bedurfte noch nicht mal ein­er Mod­er­a­tion!

Ich zitiere aus den Leitlin­ien:

„Eine am demokratis­chen Sozial­staat ori­en­tierte Sozialpoli­tik ver­ste­ht sich als Gesellschaft gestal­tender und ver­schiedene gesellschaftliche Bere­iche über­greifend­er Poli­tikansatz.“

Zitat Ende.

Die sozialpoli­tis­chen Leitlin­ien beschränken sich somit nicht allein darauf, wie die Benachteiligten unser­er Gesellschaft ali­men­tiert wer­den – wie uns LINKEN ja oft vorge­wor­fen wird. Nein, dieses Papi­er hat aus­drück­lich einen generellen Ansatz der die Soziale Frage als Ganzes betra­chtet.

Da Kat­ja nur noch Stun­den vor der Geburt ihres ersten Kindes ste­ht, wird an ihrer Stelle, vertre­tungsweise, Anneka­trin Klep­sch gemein­sam mit Diet­mar die Sozialpoli­tis­chen Leitlin­ien heute auf unserem Parteitag ein­brin­gen. Und ich freue mich außeror­dentlich, dass mit Iris Klop­pich, der Säch­sis­chen DGB-Vor­sitzen­den eine aus­gewiesene Exper­tin unsere Sozialpoli­tis­chen Leitlin­ien aus Sicht der Gew­erkschaften bew­erten wird. Iris, ich bin ges­pan­nt auf Deine Anre­gun­gen und Kri­tiken.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

Für eine radikal linke Realpoli­tik – ich sagte es schon, so heißt es im Lei­tantrag. Radikal und links. Das wurde uns oft neg­a­tiv aus­gelegt. Dieser Tage aber wer­den wir ständig über­holt, ohne dass uns jemand ein­holte: Demokratis­chen Sozial­is­mus will ja ange­blich nie­mand, aber nach­dem bere­its in der let­zten großen Finanzkrise mit der Hypo Real Estate mal eben ein großes, aber lei­der völ­lig mar­o­des Gel­dun­ternehmen ver­staatlicht wurde, geht es nun im Zuge der Euro-Ret­tungss­chirme ver­schärft radikal weit­er.

Den Zus­tand der herrschen­den Poli­tik, wohlge­merkt nicht der LINKEN, son­dern der bürg­er­lich-kon­ser­v­a­tiv­en, unter­suchte dieser Tage ein Leitar­tikel im „Han­dels­blatt“.

Er eröffnet mit dem Lenin-Zitat

„Um die bürg­er­liche Gesellschaft zu zer­stören, muss man ihr Geld­we­sen ver­wüsten“

und stellt dann fest:

„Unsere Poli­tik­er sind auf dem besten Wege, Lenins Kamp­fauf­trag zu erfüllen.“

Und weit­er unten kommt man in dem Artikel zu dem Faz­it:

„Der Tag rückt näher, an dem zusam­men­fällt, was zusam­men­fall­en muss.“

Ende des Zitats und Beginn unser­er Ernüchterung:

Vor dieser Radikalität scheint unsere radikal linke Realpoli­tik zu verblassen.

Weil wir heute wis­sen, dass es damit nicht getan sein wird, wollen wir die Ver­hält­nisse verän­dern- als Schutzschirm für die Men­schen!

Vie­len Dank fürs zuhören!