Rede zum Leitantrag “Fahrplan 2013 und 2014”
Liebe Genossinnen und Genossen,
dass wir gerade Gundermann gehört haben, hat was damit zu tun, dass sich einige GenossInnen und Genossen aus dem Landkreis Bautzen gewünscht hatten, wir mögen doch mal wieder in Hoyerswerda einen Landesparteitag abhalten. Nun tagen wir dieses Wochenende doch leider nicht in Hoyerswerda, aber wir spielen Gundermann, ein großer Bürger Hoyerswerda.
Gerhard Gundermann lebte viele Jahre in Hoyerswerda und später im Spreetal. Gundermanns Biografie enthält unwahrscheinlich viele Brüche. Der Rausschmiss aus der Offiziershochschule in Löbau, der zweimalige Eintritte in die SED, zweimal wurde er ausgeschlossen – wegen unerwünschter eigener Meinung. Seine Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit kommentierte er später so:
„Ich sehe mich nicht als Opfer und auch nicht als Täter. Ich habe mich mit der DDR eingelassen — mit wem sonst? — und ich habe ausgeteilt und eingesteckt. Und ich habe gelernt. Deswegen bin ich auf der Welt.“
In dem Song von Gundermann, den wir gerade hörten, hieß es
„Alle oder Keiner!“
Und das gilt auch für unsere Partei, für unsere plurale LINKE: Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren, nicht von unseren Konkurrenten und Gegnern. Aber lasst uns ebenso nicht deren Geschäft machen! Lasst uns energisch den Versuchen entgegentreten, uns in echte und falsche Linke, in rechte und linke, in alte und neue Linke zu spalten. Wir sind DIE LINKE, und zwar alle – oder keiner von uns wird politische Bedeutung haben, wenn wir als Partei versagen.
So erfolgreich der hinter uns liegende Erfurter Parteitag in dieser Hinsicht war, so klar muss uns aber sein, dass wir in der Sorgsamkeit, mit der wir mit uns, mit unserer Partei umgehen, nicht nachlassen dürfen.
Liebe Genossinnen und Genossen,
ihr habt mir gestern Abend erneut das Vertrauen ausgesprochen, den Landesverband der LINKEN. Sachsen weitere zwei Jahre zu führen. Dafür danke ich euch.
Welche politischen Aufgaben zu leisten und welche Herausforderungen dabei zu meistern sind, werden wir nun heute mit dem Leitantrag abschließend diskutieren und beschließen.
Der Leitantrag beschreibt und analysiert zunächst aktuell die politischen Rahmenbedingungen unserer Partei in Sachsen. Wir befinden uns in Zeiten, in denen sich relativ schnell vieles ändert. Manches was gestern galt, wird morgen wieder über den Haufen geschmissen.
Das bedeutet zwar nicht, sich vordergründig ständig einem Zeitgeist anzupassen. Aber wir sollten dennoch regelmäßig überlegen, welche neue Antworten müssen wir geben. Oder aber nach einer Analyse feststellen: Wir hatten bereits die richtigen Antworten.
Oder das, was gestern noch unser „Alleinstellungsmerkmal“ war, kann heute schon auf der Agenda vieler Parteien stehen, kann sogar gesellschaftlicher Mainstream geworden sein. Und, nebenbei bemerkt: das wollen wir ja auch!
Aber daraus folgen Konsequenzen für unsere Politik, für unsere Strategie, für unseren Erfolg! Politik und Gesellschaft sind in ständiger Bewegung. Auch wenn es kurzfristig sicher sinnvoll ist, aufzuzeigen, wann und wie die politische Konkurrenz welche Fehler macht: Es muss uns klar sein, dass das nicht ausreicht.
Denn es wird uns in der jetzigen, von der CDU gerade wieder angestoßenen Mindestlohndebatte nicht viel nützen, wenn wir nur betonen, dass wir das immer schon und außerdem viel besser gesagt haben!
Vielmehr müssen wir aus unserer linken Grundposition, die unter allen Umständen die Soziale Frage auf die Tagesordnung setzt, unsere Positionen weiterentwickeln.
Neue politische und gesellschaftliche Umstände können deshalb nicht nur mit einem Verweis auf die Vergangenheit erfolgreich beantwortet werden. Eine auf immer feststehende richtige Strategie, die unter allen Umständen gilt, gibt es höchstens sehr abstrakt — im Konkreten, in der Wirklichkeit können wir uns niemals ausruhen.
Für die Weiterentwicklung unserer Partei ist es von enormer Wichtigkeit, dass wir uns immer wieder prüfen und fragen. Wer keine Fragen stellt, kann keine Antworten geben.
Liebe Genossinnen und Genossen,
Zunächst ist festzustellen, dass DIE LINKE in Sachsen organisatorisch gut aufgestellt ist. Außer der CDU ist keine Partei so flächenmäßig in Sachsen organisiert. Uns ist aber auch bewusst, dass wir unter einem weiterhin anhaltenden Mitgliederverlust leiden und somit eine „Unterjüngung“ der Partei in nächster Zeit nicht zu befürchten ist. Hier unterbreitet der Leitantrag Lösungsvorschläge.
Unser Problem ist wie folgt zu beschreiben: Viele unserer aktiven älteren Genossinnen und Genossen sind die, die die Wende aktiv mitgestaltet haben und denen wir das Ansehen der Partei und ihre Aktionsfähigkeit in hohem Maße verdanken.
Ohne aber jemanden zu nahe zu treten: Diese Aktionsfähigkeit schwindet mehr und mehr aus Altersgründen, die Formen und Möglichkeiten der politischen Arbeit waren damals andere, als sie die jüngere Generation heute pflegt.
Aber, das äußere Erscheinungsbild der Partei wird heute noch — vor allem vor Ort — von den Genossinnen und Genossen der Wendezeit geprägt.
Peter Porsch, unser langjähriger Landes- und Fraktionsvorsitzender, schrieb kürzlich in einem Text, der sich mit dem Thema Mitgliedergewinnung beschäftigte:
Zitat:
„Die Dialektik der Problematik besteht darin, dass die Partei letztlich nur in dem Maße für Jüngere attraktiv werden kann, in dem auch Jüngere in die Partei eintreten.“
Und weiter:
„Die LINKE hat keine bedeutsamen inhaltliche Probleme, keine programmatischen Probleme. Sie hat vor allem ein Imageproblem!“
Zitat Ende. Und recht hat er.
Auch wenn die Menschen in unserer Gesellschaft heutzutage zum Glück immer älter werden, neue Wählerschichten gewinnt man eher in jüngeren Generationen, weil die sich oft noch nicht politisch festgelegt und entschieden haben.
Deswegen müssen unsere Lösungsvorschläge und die Weiterentwicklung unserer Partei immer eine Doppelstrategie beinhalten. Wir brauchen die klassischen Kommunikationswege und Methoden, z.B. lokale Parteizeitung und Beratungen vor Ort und wir brauchen ein Modell mit onlinebasierten Informationszugang. Schon aus Zeit- und Kostengründen werden wir uns künftig öfter auch virtuell treffen und abstimmen müssen.
Mit gutem Beispiel geht hier der Kreisverband Westsachsen voran. Die Genossinnen und Genossen, die über einen Internetzugang verfügen, bekommen die neusten Informationen per Email und die anderen – um sie nicht auszuschließen — erhalten die regelmäßigen Informationen aus dem Vorstand per Brief nach hause geschickt.
Es muss eben immer sicher gestellt sein, dass sich alle, die das möchten, direkt beteiligen können und niemand ausgeschlossen wird. Beide Formen der Kommunikation und der Entscheidungsfindung, stehen gleichberechtigt nebeneinander.
Mit dem von mir gestern ausgerufenen „Dialog für Sachsen“ planen wir genau diese doppelte Aufgabe zu erfüllen. Wir werden diesen Dialog in der realen Welt, aber auch in einer neuen Form in der Online-Welt führen. Jede und jeder sollte sich dort beteiligen, wo er oder sie sich wohlfühlt.
Liebe Genossinnen und Genossen,
der vorliegende Leitantrag ist kein Produkt in der Weise, dass „jemand mal dies oder jenes anpacken“ soll, sondern er ist das Ergebnis harter und ehrlicher Arbeit sehr vieler Genossinnen.
Nehmen wir die fünf inhaltlichen Hauptthemen. Wenn man dahinter blickt, dann ist erkennbar, dass auf jedem dieser Felder doch erheblich viele Genossinnen und Genossen viel Zeit und Denken investiert haben
Im Ergebnis verfügen wir jetzt über die Grundlagen, die wir brauchen, um deutlich vor der nächsten Landtagswahl in einen „Dialog für Sachsen“ einzutreten. Wir können mit den vielen Ideen, die unsere Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitiker, unsere Bürgerrechtler, unsere Ökologen, unsere Kultur- und BildungspolitikerInnen entwickelt haben, selbstbewusst in die Öffentlichkeit treten.
Wir werden den „Dialog für Sachsen“ mit Bürgerinnen und Bürgern, Gewerkschaftern, Wissenschaftlern, mit Vereinen und Verbänden, mit Vertretern der Wirtschaft, mit Kulturschaffenden und allen die das wollen führen. Denn DIE LINKE. Sachsen hat was zu bieten.
Die Zeiten, in denen verkündet wurde, eine bestimmte Politik sei alternativlos, müssen endlich zu Ende gehen.
Diese sogenannte alternativlose Politik der Konservativen, der Neoliberalen oder unter Schröder und Fischer hat nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Europäischen Union in eine Sackgasse geführt.
Wir können in Sachsen unseren Teil dazu beitragen, dass diejenigen Gehör finden und politischen Einfluss bekommen, die es besser können, als diese vermeintlichen Experten einer alternativlosen Politik.
Liebe Genossinnen und Genossen,
im Text für meine Kandidatur habe ich unsere Partei als lernende Partei bezeichnete. Also ein Führungsmodell, das die dauerhafte Teilnahme der Mitglieder am Geschehen in der Partei und in ihrem Umfeld sichert.
Wie der gesamte Komplex Beteiligung funktionieren kann, lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- muss von den verantwortlichen Gremien, in diesem Falle Landesvorstand und Kreisvorstände, die entsprechende Aufgabe politisch inhaltlich und organisatorisch untersetzt werden. Ein transparenter Ablauf und politische Zielstellungen sind Grundbedingungen für ein breites Basisinteresse zum Mitdiskutieren.
- Ohne eine entsprechende Resonanz auf den verschiedenen Ebenen, insbesondere aber der Ortsverbände, läuft jede noch so gute Organisation ins Leere. Dafür bedarf es aber gut vorbereiteter Angebote, die die Parteibasis einfordern und nutzen kann.
- Der Diskussionsprozess muss kontinuierlich geführt und regelmäßig in landesweiten Veranstaltungen verdichtet werden. Dazu nutzen wir auf Landesebene bspw. bisher unsere „Kleinen Parteitage“, die weit über die satzungsmäßigen Pflichtaufgaben hinaus inzwischen zu gemeinsamen inhaltlichen Konferenzen wurden, auf denen Diskussionsergebnisse präsentiert und zu Positionen des Landesverbandes gemacht wurden.
- Der Prozess muss Auswirkungen haben. Die so gewonnenen politischen Positionierungen müssen sich im Ergebnis möglichst zahlreich widerspiegeln.
Und schließlich
- Über den Erfolg muss dann auch gesprochen werden! Die großartige Erfahrung, dass sich Tausende sächsischer Genossinnen und Genossen an der Programmdebatte beteiligt haben, dass daraus mehrere Hundert Ideen und Anträgen entstanden, von denen wiederum fast einhundert vom gesamten Landesverband mitgetragen wurden und die sich am Ende zu fast 75% im Erfurter Programm wiederfinden, diese großartige Erfahrung muss der Maßstab für alle vor uns liegenden politisch-inhaltlichen Prozesse in unserem Landesverband sein.
Lasst es mich noch mal mit Gundermann sagen: „Alle oder Keiner!“ – nur so, nur wenn ALLE die gleichen Möglichkeiten, die gleichen Rechte haben, erfüllt linke Politik glaubwürdig ihre eigenen Ansprüche!
Liebe Genossinnen und Genossen,
weiterhin heißt es im Leitantrag, dass wir uns als die linke Gestaltungspartei in Sachsen profilieren wollen. Das bedeutet, wir wollen mit eigenen Konzepten, eigenen Ideen und Ansätzen ganz reale Politik für Sachsen entwickeln.
Wir brauchen keine Plagiate, sondern Innovation in allen Bereichen: von den wirtschaftlichen bis zu den sozialen. Absolut überlebte Strukturen sehen wir in dem erstarrten Wirtschafts- und Sozialmodell; die falschen Reformen beruhen auf dem Irrglauben, dass ein ungezügelter Kapitalismus neuen Aufschwung und mehr Arbeitsplätze brächte. In Wahrheit entstehen auf solchen Wegen immer tiefere soziale Verwerfungen, die mit den bisherigen Mitteln des Sozialstaates fast nicht mehr zu lösen sind.
Stattdessen geht es uns um eine neuartige Kombination von verschiedenen Entwicklungspotenzialen. Was wir brauchen ist ein Paradigmenwechsel: Weg vom traditionellen Wachstumsmodell hin zu einem sozialökologischen, ressourcensparenden Entwicklungsmodell.
Da wir in Ostdeutschland bis heute die „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse“ nach Artikel 72 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht erfüllt sehen, sollten gerade wir uns als LINKE auf die Suche nach kreativen Zukunftsprojekten machen. Hier sollte tatsächlich unser Ansatz für eine andere, nachhaltige, ressourcensparende und dezentrale Wirtschaftpolitik sein.
Meiner Auffassung nach müssen wir weg von alleiniger staatlicher Bevormundung. Was wir als LINKE einfordern müssen, ist ein Bündnis aus Politik, Bürgergesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft.
Wenn in unserem neuen Programm richtigerweise steht, dass allumfassendes Staatseigentum aufgrund unserer bitteren historischen Erfahrungen nicht mehr unser Ziel ist, so kann es aber auch nicht unser heutiges Ziel sein, dass der Staat für alle gesellschaftlichen Probleme alleine zuständig ist.
Demokratischer Sozialismus bedeutet für mich vor allem eine BürgerInnengesellschaft oder wie es im Erfurter Programm steht:
Zitat:
„Wir streben eine sozialistische Gesellschaft an, in der jeder Mensch in Freiheit sein Leben selbst bestimmen und es im Zusammenleben in einer solidarischen Gesellschaft verwirklichen kann.“
Dieses Land braucht weder mehr Staat noch mehr Markt, sondern eine Gesellschaft mit selbstbewussten Bürgerinnen und Bürger, die nicht länger zwischen Markt und Staat gegeneinander ausgespielt werden.
Liebe Genossinnen und Genossen,
in unserem Leitantrag steht, dass wir eine intensive Debatte über landespolitische Themen führen wollen.
„Politische Differenzen sollen durch diese Debatte entweder aufgehoben oder in eine Form gebracht werden, die unserer gesellschaftlichen Anerkennung zuträglich ist“,
so schreiben wir es im Leitantrag.
Unsere Landtagsfraktion schreibt in ihren Vorstellungen für die Weiterentwicklung des Landesentwicklungsplanes für Sachsen:
„Für die vom demografischen Wandel betroffenen Gebiete ist der Abbau von Daseinsvorsorge proportional zur Bevölkerungsentwicklung der falsche Weg, wenn damit die Lebensqualität verschlechtert wird.“
Zitat Ende.
Diese Aussage unterschreiben wir alle, natürlich. Jedoch bedeutet das, und dies haben die AutorInnen des Papiers auch richtig festgestellt, dass es dazu konkrete Festlegungen zu Leistungen der Daseinsvorsorge insbesondere für periphere sowie ggf. für abgekoppelte Räume geben muss. Wir brauchen deshalb regional angepasste Lösungen zur Sicherung der Daseinsvorsorge, kurz gesagt: Flexibilität statt Abbau.
Genau hier beginnt dann aber unsere zukünftige Aufgabe. Wir müssen als LINKE konkret definieren: Was sind denn Standards der Daseinsvorsorge? Und ab welcher Einwohnerzahl ist eine Gemeinde dann eine „Standardgemeinde“?
- mit einer oder mehr Schulen?
- mit einem 24 Stunden besetzten Polizeirevier?
- mit einem hauptamtlichen Bürgermeister?
- mit wie vielen Kitas oder Einrichtungen für ältere Menschen? usw.
Und wo beginnen für uns dann die regionalen Unterschiede, bei denen wir nach oben oder unten Abstriche oder Ausnahmen zulassen? Ich denke, hier braucht es manchmal auch Mut, eine bestimmte Entscheidung zu treffen.
Ich will mal gleich ganz konkret werden: Es reicht meiner Meinung nach völlig aus, wenn es in Sachsen drei Polizeipräsidien plus das Landeskriminalamt gibt. Wir brauchen keine fünf Präsidien, wie es sie demnächst geben wird. Natürlich kann es dann sein, dass wir uns mit solch einer Entscheidung bei den Görlitzern und ZwickauerInnen unbeliebt machen. Besonders unser linker Finanzbürgermeister in Zwickau, Genosse Bernd Meyer, wird uns gehörig die Leviten lesen.
Aber wenn man sich in einen Dialog mit den Betroffenen begibt, sich dabei intensiv erklärt und auch deren Argumente anhört, sie ernst nimmt und in die Entscheidung einbezieht, dann wäre das ein Weg, mit dem sich DIE LINKE deutlich von schwarz-gelb in Sachsen unterscheiden würde.
Liebe Genossinnen und Genossen,
wir sagen, die digitale Spaltung in Sachsen muss überwunden werden
wir sagen, Investitionen in Datenautobahnen müssen Vorrang vor immer mehr Straßenkilometern haben
wir sagen, von jedem bewohnten Haus in Sachsen ist grundsätzlich jederzeit und in Sekundenschnelle jeglicher gewünschte Datenverkehr möglich
wir sagen, jedem Dorf und jeder Stadt in Sachsen muss sinnbildlich eine Auffahrt auf eine Datenautobahn ohne Tempolimit zur Verfügung stehen
und
ich sage, diese Datenautobahn muss genau so steuerfinanziert sein wie die öffentlichen Straßen, weil sie zur allgemeinen Daseinsvorsorge gehört.
Ich weiß: Wer sich nicht an die Spitze einer solchen Entwicklung begibt, wird von ihr abgehängt oder überrollt. Wir LINKE müssen wieder zum Schrittmacher des Fortschritts werden. Und wir müssen diejenigen sein, die in guter alter sächsischer Tradition, technische und soziale Innovation miteinander verknüpfen. Wir dürfen der Piratenpartei nicht das Entern überlassen, dass können wir auch selber.
Liebe Genossinnen und Genossen,
ich will noch einen letzten Punkt aus unserem Leitantrag herausgreifen. Ihr findet ihn in den Zeilen 202 bis 205 im Antrag des Landesvorstandes.
Es geht hier darum, dass es uns mehr als in den letzten Jahren, wieder gelingen muss, regionale, oft tatsächlich nur örtlich begrenzte, Themen aufzugreifen und diese in die Öffentlichkeit zu bringen. Hierbei müssen wir diejenigen Mittel wählen, von denen ich schon gesprochen habe:
- die Öffentlichkeit informieren
- in Dialog treten
- mit den AkteurInnen vor Ort gemeinsam Lösungen erarbeiten
Warum ist mir das so wichtig?
Ein Beispiel: Kürzlich trafen Michael Leutert und ich einen Windbauern, der ein konkretes Anliegen hatte. Wir hörten ihm zu und berieten gemeinsam, wie wir helfen könnten. Und wir waren ziemlich überrascht, welche Resonanz wir vor allem vor Ort erzielten. Wir nahmen das Problem schließlich mit und stellten im Bundestag und im Landtag konkrete parlamentarische Anfragen und veröffentlichten Pressemitteilungen. Gemeinsam mit dem Windbauer hatten wir es geschafft, dass sich die Öffentlichkeit mit dessen drohender Enteignung beschäftigte und die staatliche Verwaltung hierzu Stellung nehmen muss.
Ihr kennt alle solche oder ähnliche Probleme bei euch vor Ort:
- Ob dies nun die Zerschlagung von wertvollen Meißner Porzellan ist um den Preis künstlich hochzutreiben,
- ein vor Ort gewünschter Trägerwechsel eines Fußballfanprojektes, wird durch das Innenministerium monatelang hintertrieben,
- die Schließung des Hochschulstandortes Reichenbach,
- der erzwungene Zusammenschluss von Gemeinden,
- oder das Schließen der letzten Schule im Ort.
Es gibt hier teilweise großes Engagement unsererseits, aber ich denke, wir haben da noch Reserven. Keine Oppositionspartei hat so viele Mitglieder und Wahlkreisbüros wie wir — also muss es doch möglich sein, dass wir uns auch um verschiedene lokale Ereignisse kümmern.
Wir nannten das mal Partei für den Alltag, nicht für den Wahltag.
Kümmererpartei war ein Ehrentitel, den wir verliehen bekommen haben, und den wir unter anderen Voraussetzungen wieder erlangen sollten.
Denn dass wir uns gekümmert haben, hat uns über viele Jahre politischen Erfolg gebracht. Denn darum geht es ja. Politische Erfolge erringt man doch nicht in endlosen parteiinternen Debatten oder großen rhetorischen Saalschlachten, in denen der letzte, der noch steht, als Sieger herausgeht.
Wir hier in Sachsen wissen, dass wir erfolgreich sein können — das haben wir nämlich als PDS bereits gezeigt. Wir haben uns ganz praktisch von einer zum Untergang verurteilten und an den Rand gedrängten Partei über alltägliche, oft mühsame, anfangs nur mäßig erfolgreiche Arbeit zur wirksamen Interessenvertretung all derer gemacht, die unter sozialer Gerechtigkeit mehr verstehen, als Almosen für Viele und Reichtum für Wenige.
Wir haben gezeigt, dass die unmittelbaren Interessen und Bedürfnisse der EinwohnerInnen Sachsens unser Aufgabenfeld beschreiben, dass wir unsere Politik aus der Praxis entwickeln und nicht aus dem Elfenbeinturm. Das ist das Fundament unserer Stärke, darin besteht unsere praktische Perspektive für diese Gesellschaft, für dieses Land, für Sachsen.
Wir können sagen, dass unsere Vision sozialer Gerechtigkeit nicht mit mehr oder weniger cleverer PR an die Menschen herangetragen werden muss, sondern dass wir sie mit ihnen, aus ihren Interessen und ihren Bedürfnissen heraus entwickelt haben.
Unser Ziel ist eine gerechte Gesellschaft.
Ein Leben in Menschenwürde kann man deshalb mit drei Worten zusammenfassen:
„Alle oder Keiner!“
Lasst uns somit auch ein Vermächtnis von Gundermann erfüllen!
Vielen Dank