Meine Rede zum Kreisparteitag in Nordwestsachsen

Liebe Genossin­nen und Genossen,

ja, lieber Peter Streubel, es ist wed­er ein „Wun­der noch Zufall“, dass ich heute hier bin, um zu euch zu sprechen.
Ich bin eur­er Bitte sehr gerne nachkom­men, weil ich neugierig bin auf eure Kreisen­twick­lungskonzept 2020 und weil ich hören möchte wie ihr eure Arbeit des let­zten Jahr bew­ertet und was ihr für das näch­ste Jahr plant. Heißt, ich werde heute länger da sein kön­nen, als bei meinem let­zten Besuch bei euch.

Angesichts der Eurokrise und der unge­heuer­lichen Enthül­lun­gen zum recht­en Naziter­ror in unserem Land, vor allem in Sach­sen, erscheinen unsere Prob­lem sehr klein. Gle­ichzeit­ig über­legt man in Vor­bere­itung ein­er Rede: lässt man sich von den äußeren Gegeben­heit­en so bein­druck­en, dass für unsere eige­nen Auf­gaben keine Zeit mehr bleibt oder stellt man die zwei von mir genan­nten The­men in den Mit­telpunkt?
Ich habe mich dafür entsch­ieden über die zwei aktuellen The­men nicht zu sprechen, son­dern ich will mich den poli­tis­chen Auf­gaben und Her­aus­forderun­gen wid­men, vor dem die LINKE in Sach­sen ste­ht.

Wir haben mit dem Lei­tantrag, der auf dem ver­gan­genen 5. Lan­desparteitag, vor weni­gen Tagen in Bautzen beschlossen wurde, unsere Ziele bis zu den Wahlen 2014 fest­geschrieben.

Der Lei­tantrag beschreibt und analysiert zunächst aktuell die poli­tis­chen Rah­menbe­din­gun­gen unser­er Partei in Sach­sen.
Wir befind­en uns in Zeit­en, in denen sich rel­a­tiv schnell vieles ändert.
Deshalb soll­ten wir regelmäßig über­legen, welche neuen Antworten müssen wir geben oder aber nach ein­er Analyse fest­stellen:
Wir hat­ten bere­its die richti­gen Antworten.

Denn daraus fol­gen Kon­se­quen­zen für unsere Poli­tik, für unsere Strate­gie, für unseren Erfolg! Poli­tik und Gesellschaft sind in ständi­ger Bewe­gung. Auch wenn es kurzfristig sich­er sin­nvoll ist, aufzuzeigen, wann und wie die poli­tis­che Konkur­renz welche Fehler macht:

Es muss uns klar sein, dass das nicht aus­re­icht.
Denn es wird uns z.B. in der jet­zi­gen, von der CDU ger­ade angestoße­nen Min­dest­lohn­de­bat­te nicht viel nützen, wenn wir nur beto­nen, dass wir das immer schon und außer­dem viel bess­er gesagt haben!

Vielmehr müssen wir aus unser­er linken Grund­po­si­tion, die unter allen Umstän­den die Soziale Frage auf die Tage­sor­d­nung set­zt, unsere Posi­tio­nen weit­er­en­twick­eln.

Weil ich im Früh­jahr diesem Jahres, von eini­gen Genossin­nen und Genossen, für ein Inter­view in der Freien Presse kri­tisiert wor­den bin, will heute noch ein­mal klar stellen:
Wenn ich sage, wir müssen uns the­ma­tisch bre­it­er auf­stellen, dann meine ich nicht, dass wir die Soziale Frage aus dem Zen­trum unser­er Poli­tik ent­lassen. Nein, wir müssen alle poli­tis­chen The­men immer mit dem Sozialen in Verbindung set­zen, das unter­schei­det uns von allen anderen Parteien.

Im Übri­gen: Für die Weit­er­en­twick­lung unser­er Partei ist es von enormer Wichtigkeit, dass wir uns immer wieder prüfen und fra­gen.
Wer keine Fra­gen stellt, kann keine Antworten geben.

An eurem Kreisen­twick­lungskonzept kann man dies sehr gut nachvol­lziehen:
Fra­gen stellen, die Sit­u­a­tion beschreiben und dann Antworten geben.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

Unsere Lösungsvorschläge und die Weit­er­en­twick­lung unser­er Partei muss immer eine Dop­pel­strate­gie bein­hal­ten. Wir brauchen die klas­sis­chen Kom­mu­nika­tion­swege und Meth­o­d­en, z.B. lokale Parteizeitung und Beratun­gen vor Ort und wir brauchen ein Mod­ell mit onlinebasierten Infor­ma­tion­szu­gang. Schon aus Zeit- und Kosten­grün­den wer­den wir uns kün­ftig öfter auch virtuell tre­f­fen und abstim­men müssen.

Auch dazu macht ihr in eurem Konzept auf der Seite 16 Aus­führun­gen, die ich vol­lum­fänglich teile.

Mit dem von mir, auf dem Lan­desparteitag in Bautzen, aus­gerufe­nen „Dia­log für Sach­sen“ pla­nen wir genau diese dop­pelte Auf­gabe zu erfüllen. Wir wer­den diesen Dia­log in der realen Welt, aber auch in ein­er neuen Form in der Online-Welt führen. Jede und jed­er sollte sich dort beteili­gen, wo er oder sie sich wohlfühlt.

Ihr wollt ja heute auch ein Kreisen­twick­lungskonzept beschließen, was viele Vorschläge enthält, wie ihr die Partei hier vor Ort weit­er­en­twick­eln wollt. Wenn ihr dieses Konzept heute beschließt, dann soll­ten wir gemein­sam dafür Sorge tra­gen, dass die anderen Kreisver­bände davon erfahren. Ich denke, der 10. Dezem­ber – die näch­ste Beratung mit den Kreisvor­sitzen­den – wäre eine erste gute Gele­gen­heit dazu.

All dies macht Arbeit und es gibt wahrschein­lich auch Genossin­nen und Genossen die meinen, damit verän­dern wir die Lebenssi­t­u­a­tion von Benachteiligten in diesem Land nicht. Stimmt! Aber, um dies leis­ten zu kön­nen, brauchen wir Klarheit im Kopf und in den Struk­turen.
Deswe­gen ist der Erar­beitung­sprozesse genau­so wichtig wie der Umset­zung­sprozess.
Ich komme darauf noch ein­mal zurück.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

der beschlossene Lei­tantrag ist kein Pro­dukt in der Weise, dass „jemand mal dies oder jenes anpack­en“ soll, son­dern er ist das Ergeb­nis har­ter und ehrlich­er Arbeit sehr viel­er GenossIn­nen.

Im Ergeb­nis ver­fü­gen wir jet­zt über die Grund­la­gen, die wir brauchen, um deut­lich vor der näch­sten Land­tagswahl in einen „Dia­log für Sach­sen“ einzutreten. Wir kön­nen mit den vie­len Ideen, die unsere Wirtschafts- und Arbeits­mark­t­poli­tik­er, unsere Bürg­er­rechtler, unsere Ökolo­gen, unsere Kul­tur- und Bil­dungspoli­tik­erIn­nen entwick­elt haben, selb­st­be­wusst in die Öffentlichkeit treten.

Inter­es­sant ist, dass mich jet­zt schon einige Genossin­nen und Genossen gefragt haben: Kön­nten wir uns nicht auch noch zu Hochschulpoli­tis­chen The­sen, zu Dro­gen­poltischen Aus­sagen und uns zu Kom­mu­nalpoli­tis­chen Schw­er­punk­ten ver­ständi­gen?

Ja, kön­nen wir. Wenn alle mit­machen und Idee entwick­eln ist dies möglich, schließlich wollen wir einen „Dia­log für Sach­sen“ mit den Bürg­erin­nen und Bürg­ern, den Gew­erkschaf­terin­nen und Gew­erkschaftern, mit Wis­senschaft­lerIn­nen, mit Vere­inen und Ver­bän­den, mit Vertretern der Wirtschaft, mit Kul­turschaf­fend­en und allen die das wollen führen. Denn DIE LINKE. Sach­sen hat was zu bieten.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

unsere Partei beze­ichne ich als eine ler­nende Partei. Also ein Führungsmod­ell, das die dauer­hafte Teil­nahme der Mit­glieder am Geschehen in der Partei und in ihrem Umfeld sichert.

Wie der gesamte Kom­plex Beteili­gung funk­tion­ieren kann, lässt sich wie fol­gt zusam­men­fassen:

1. muss von den ver­ant­wortlichen Gremien, in diesem Falle Lan­desvor­stand und Kreisvorstände, die entsprechende Auf­gabe poli­tisch inhaltlich und organ­isatorisch unter­set­zt wer­den. Ein trans­par­enter Ablauf und poli­tis­che Ziel­stel­lun­gen sind Grundbe­din­gun­gen für ein bre­ites Basis­in­ter­esse zum Mit­disku­tieren.

2. Ohne eine entsprechende Res­o­nanz auf den ver­schiede­nen Ebe­nen, ins­beson­dere aber der Ortsver­bände, läuft jede noch so gute Organ­i­sa­tion ins Leere. Dafür bedarf es aber gut vor­bere­it­eter Ange­bote, die die Parteiba­sis ein­fordern und nutzen kann.

3. Der Diskus­sion­sprozess muss kon­tinuier­lich geführt und regelmäßig in Ver­anstal­tun­gen verdichtet wer­den. Dazu nutzen wir auf Lan­desebene bspw. bish­er unsere „Kleinen Parteitage“.

4. Der Prozess muss Auswirkun­gen haben. Die so gewonnenen poli­tis­chen Posi­tion­ierun­gen müssen sich im Ergeb­nis möglichst zahlre­ich wider­spiegeln.

Und schließlich

5. Über den Erfolg muss dann auch gesprochen wer­den! Die großar­tige Erfahrung, dass sich Tausende säch­sis­ch­er Genossin­nen und Genossen an der Pro­gram­mde­bat­te beteiligt haben, dass daraus mehrere Hun­dert Ideen und Anträ­gen ent­standen, von denen wiederum fast ein­hun­dert vom gesamten Lan­desver­band mit­ge­tra­gen wur­den und die sich am Ende zu fast 75% im Erfurter Pro­gramm wiederfind­en, diese großar­tige Erfahrung muss der Maßstab für alle vor uns liegen­den poli­tisch-inhaltlichen Prozesse in unserem Lan­desver­band sein.

An dieser Stelle möchte ich euch eine Bitte des Lan­desvor­standes über­mit­teln:
Bitte beteiligt euch an der Urab­stim­mung über unser Parteipro­gramm und stimmt mit: Ja!
Auch wenn man der Mei­n­ung ist, der eine oder der andere Satz hätte schön­er for­muliert, klar struk­turi­ert oder deut­lich­er in der Botschaft sein kön­nen. Es ist ein Pro­gramm mit Kom­pro­mis­sen, aber auch mit viel säch­sis­ch­er Hand­schrift.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

im Lei­tantrag heißt es weit­er­hin, dass wir uns als die linke Gestal­tungspartei in Sach­sen pro­fil­ieren wollen. Das bedeutet, wir wollen mit eige­nen Konzepten, eige­nen Ideen und Ansätzen ganz reale Poli­tik für Sach­sen entwick­eln.

Uns geht es um eine neuar­tige Kom­bi­na­tion von ver­schiede­nen Entwick­lungspoten­zialen. Was wir brauchen ist ein Par­a­dig­men­wech­sel: Weg vom tra­di­tionellen Wach­s­tumsmod­ell hin zu einem sozialökol­o­gis­chen, ressourcens­paren­den Entwick­lungsmod­ell. Hier müssen wir noch inten­siv­er als bish­er an unseren Vorschlä­gen für eine andere Form des wirtschaften arbeit­en. Weil, es wird uns nicht weit­er­helfen, wenn wir nur wichtige Unternehmen ver­staatlichen. Da bedarf es auch noch andere Trans­for­ma­tion­ss­chritte.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

ich will noch einen let­zten Punkt aus unserem Lei­tantrag her­aus­greifen – weil er sehr gut auf euren Kreisver­band passt.

Es geht hier darum, dass es uns mehr als in den let­zten Jahren, wieder gelin­gen muss, regionale, oft tat­säch­lich nur örtlich begren­zte, The­men aufzu­greifen und diese in die Öffentlichkeit zu brin­gen. Hier­bei müssen wir diejeni­gen Mit­tel wählen, von denen ich schon gesprochen habe:
• die Öffentlichkeit informieren
• in Dia­log treten
• mit den AkteurIn­nen vor Ort gemein­sam Lösun­gen erar­beit­en

Ihr habt dies in diesem Jahr mit eur­er Kam­pagne „Bil­dung ist Mehr Wert!“ geleis­tet und wollt euch im näch­sten Jahr mit dem The­ma: „DIE JUGEND BRAUCHT’S“ – dem The­ma: „Junge Gen­er­a­tion im Land­kreis eine Per­spek­tive geben“, wid­men. Gut so!

Es muss uns wieder gelin­gen, dass wir wieder zu ein­er Partei für den All­t­ag, nicht nur für den Wahlt­ag wer­den.

Liebe Genossen und Genossen,

ich möchte zum Schluss noch etwas zu unser­er Strate­gie auf Lan­desebene sagen:

Wenn ich sage: Ich will auf gle­ich­er Augen­höhe mit der SPD und Grüne Gespräche führen, dann meine ich nicht: Ich will das Stimmen­ergeb­nis von SPD und Grüne erre­ichen.
Nein, ich kämpfe um jede Stimme für die LINKE. Um jede Einzelne.
Bei den Jun­gen wie bei den Alten, auf dem Dorf wie in der Stadt, bei den Nichtwäh­lerIn­nen und auch bei den bish­eri­gen Wäh­lerIn­nen der SPD oder den Grü­nen.
Es geht mir in erster Lin­ie um eine Max­imierung von Stim­men für unsere Partei.

Wenn es unser gemein­sames Ziel ist, die poli­tis­chen Ver­hält­nisse im Land zu ändern, brauchen wir neben Part­ner­in­nen und Part­ner vor allem eine Strate­gie.
Denn eine gute Strate­gie ver­schafft uns Ori­en­tierung in der oft­mals unüber­sichtlichen Tage­spoli­tik und bietet Leitlin­ien für unser poli­tis­ches Han­deln.

Unsere poli­tis­che Strate­gie muss vor allem sicht­bar sein, nur so schafft man die Voraus­set­zung für notwendi­ge strate­gis­che Diskurse. Die brauchen wir nicht nur für die inner­parteiliche Demokratie, son­dern auch um der Öffentlichkeit die Möglichkeit zu geben, unsere Strate­gie zu ver­ste­hen.

Für uns in Sach­sen heißt das, wir müssen unsere Glaub­würdigkeit erhöhen indem wir unsere Lösungsvorschläge stärk­er in den Mit­telpunkt unser­er poli­tis­chen Kom­mu­nika­tion rück­en.

Die klare Botschaft an unsere Wäh­lerin­nen und Wäh­ler muss laut­en:
Wir kri­tisieren die ungerecht­en Ver­hält­nisse,
sagen aber auch,
was und wie wir es bess­er machen wollen.
Dazu gehört
Mut,
Kon­se­quenz und
ein langer Atem.

Vie­len Dank, dass Ihr mir zuge­hört habt.