Verfassungsänderung in Sachsen: LINKE fordert Privatisierungsbremse und mehr Bürgerbeteiligung
Seit Wochen geistert es durch die Medien: Die sächsische CDU-FDP-Koalition plant, noch im Jahr 2012, eine sog. Schuldenbremse in die sächsische Verfassung aufzunehmen, mit der der Haushaltsausgleich durch Kreditaufnahmen nur noch in eng begrenzten Ausnahmefällen ermöglicht werden soll. Dieses Kreditverbot im Verfassungsrang hat allerdings momentan keinerlei praktische Bedeutung, da Sachsen seinen Staatshaushalt schon seit 2006 nicht durch Kreditaufnahmen ausgleicht. Außerdem verbietet die 2009 durch die Bundesregierung eingeführte Schuldenbremse im Grundgesetz den Ländern ab 2020 ohnehin einen kredit-finanzierten Haushaltausgleich.
Die sog. Schuldenbremse hat deshalb in Sachsen vor allem ideologische Bedeutung. Sie repräsentiert das neoliberale Dogma der schwarz-gelben Landesregierung.Da die sächsische CDU-FDP-Koalition nicht über die verfassungsändernde Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag verfügt, benötigt sie mindestens die Zustimmung entweder der LINKEN oder von SPD und Grünen. Deshalb hat die Koalition die anderen demokratischen Fraktionen des Landtags zum Gespräch über die Verfassung eingeladen.
Verteidigerin des öffentlichen Eigentums
Während SPD und Grüne laut Medienberichten ihre Zustimmung zur Schuldenbremse davon abhängig machen, dass auch andere Teile der sächsischen Verfassung in ihrem Sinne „reformiert“ werden, will DIE LINKE eine öffentliche Grundsatzdebatte zur Sache an sich führen.
Statt nämlich in der Diskussion künstlich und öffentlich kaum nachvollziehbar auf andere Felder der Verfassung auszuweichen, fordern wir eine „Privatisierungsbremse“. Wir schlagen konkret vor, in der Verfassung des Freistaats Sachsen festzuschreiben, dass über die Veräußerung von wesentlichen Einrichtungen und Strukturen der öffentlichen Daseinsvorsorge in jedem Einzelfall auf der Ebene des Landes ein Volksentscheid und auf der Ebene der Kommunen ein Bürgerentscheid durchgeführt werden muss, in dem die Bürgerinnen und Bürger als die unmittelbar Betroffen selbst darüber entscheiden können. Das heißt zwar auch, die „Privatisierungsbremse“ macht Privatisierungen nicht gänzlich unmöglich (wie ja auch die „Schuldenbremse“ Kreditaufnahmen nicht vollständig ausschließt), aber sie setzt davor eine sehr hohe direktdemokratische Hürde.
Denn wenn Land und Kommunen die Kreditaufnahme zum Haushaltsausgleich verwehrt wird, steigt objektiv deren Privatisierungsdruck, um (Sofort-)Einnahmen zu erzielen und (langfristige) Ausgaben zu vermeiden. Eine Privatisierungsbremse kann deshalb eine langfristige Wirkung der Schuldenbremse zu Lasten des öffentlichen Eigentums vermeiden. Und darum geht es uns LINKEN: Um die Verteidigung des öffentlichen Eigentums.
Unmittelbare Bürgerbeteiligung
Diese Privatisierungsbremse berührt außerdem ein weiteres wichtiges Kernthema der LINKEN, nämlich unsere Forderung nach mehr unmittelbarer Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie. Der Landesvorstand und die Stadt- und Kreisvorsitzenden der LINKEN waren sich in ihrer Sitzung am 10. März darin einig, dass eine Veränderung der Verfassung eine Aufgabe ist, die Gegenstand einer gesellschaftlichen Debatte sein muss. Deshalb ist es nicht hinnehmbar, wenn sich lediglich die Fraktionsvorsitzenden von CDU, FDP, LINKE, SPD und Grünen für einen Deal in parlamentarischen Hinterzimmern treffen.
Vielmehr halten wir es für notwendig, die vorgeschlagenen Änderungen der Verfassung ergebnisoffen zu diskutieren. Deswegen schlägt DIE LINKE vor, einen Verfassungskonvent einzusetzen, in dem die VertreterInnen der demokratischen Parteien mit sachverständigen Bürgerinnen und Bürgern Sachsens über die Änderung der Sächsischen Verfassung beraten. Dass die Ergebnisse eines solchen Verfassungskonvents durch einen Volksentscheid bestätigt werden müssten, versteht sich von selbst.
Unsere Überlegungen und Forderungen über eine sächsische Verfassungsänderung en detail zum download unter www.dielinke-sachsen.de