Antifaschistischen Konferenz der Partei DIE LINKE.Sachsen: Antifaschistische Arbeit verstärken – Ideologien der Ungleichwertigkeit bekämpfen!
Informationen zur Antifaschistischen Konferenz der Partei DIE LINKE.Sachsen
Redebeitrag auf der Pressekonferenz am 3. Mai in Vorbereitung der Antifaschistischen Konferenz am 5. Mai 2012
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich darf Sie ganz herzlich zur Pressekonferenz in Vorbereitung der Antifaschistischen Konferenz der Partei DIE LINKE.Sachsen begrüßen. Seit vielen Jahren fanden im Umfeld des 27. Januars Parteikonferenzen der Linkspartei statt, die das Ziel hatten über Rechtsextremistische Strukturen und deren Ideologie aufzuklären und Handlungsoptionen für das praktische Handeln abzuleiten. Erstmalig haben wir die Konferenz auf Mai verlegt, weil es gerade in Vorbereitung des 13. Februars in Dresden immer schwieriger geworden ist, eine solche Konferenz vorzubereiten und durchzuführen.
Noch immer tun sich die demokratischen Parteien und die demokratischen Kräfte in Sachsen schwer, eine gemeinsame Sprache zu finden, wenn es um Positionen gegen Rechtsextremismus, Neofaschismus oder simpel gegen geplante Aufmärsche von alten und neuen Nazis geht.
Der Innenminister des Freistaates Sachsen hat Anfang des Jahres den Satz gesagt: „Antifaschismus ist nicht die richtige Antwort, sondern Demokratie“.
Es zeigt die historische Blindheit mit dem der Innenminister in diesem Land versucht Politik zu machen, weil man unter Antifaschismus als erstes die Gegenbewegung zum italienischen Faschismus verstand.
Natürlich ist mir klar: Antifaschisten sind nicht die besseren Menschen!
Jedoch, sind Antifaschisten ganz klar: Demokraten. Ich werde eine Trennung nicht zulassen. Genau damit hatten wir in den letzten Jahren in Sachsen die immensen Probleme: Weil dadurch der Konsens der Demokraten gegen Nazis gefährdet wurde.
Hier wird in gute und weniger gute Demokraten eingeteilt. Da wollen immer noch politische Kräfte in diesem Land lieber den Mantel des Schweigens über geplante Aufmärsche der Nazis legen.
Uns Demokraten sollte die Verteidigung der demokratischen Kultur einen, ganz unabhängig davon, ob dies aus
antifaschistischer,
wertkonservativer,
christlicher oder anderer Motivation heraus erfolgt.
Wenn wir LINKE für Sonnabend zu einer antifaschistischen Konferenz einladen, dann geht es um die “deutschen Zustände” im Wortsinne. Das ist gerade in Sachsen gegenwärtig von enormer Bedeutung. Die “deutschen Zustände” mit Ausgrenzung von Minderheiten, anhaltend hoher Gewalt durch Neonazis, Rassismus und Antisemitismus sowie staatlichen Fördermitteln für Neonazis sind besonders in Sachsen ein Problem. Gleichzeitig stellt die Extremismusdoktrin der Staatsregierung ein erhebliches Hemmnis für die Entwicklung wirksamer zivilgesellschaftlicher Strukturen gegen die extreme Rechte dar.
Zehn Jahre lang hat das Team um den Soziologen Wilhelm Heitmeyer vom Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld zur
«gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit» geforscht.
Frau Julia Marth, vom erwähnten Institut wird einen einführenden Vortrag halten.
Die Langzeitstudie hat seit 2002 die Ausmaße, Entwicklungen und Ursachen von Vorurteilen gegenüber unterschiedlichen Personengruppen untersucht.
Es geht um die Abwertung von Menschen aufgrund von ethnischen, kulturellen oder religiösen Merkmalen, aufgrund der sexuellen Orientierung, des Geschlechts, einer körperlichen Einschränkung oder aus sozialen Gründen.
«Wir gehen davon aus, dass Vorurteile gegenüber unterschiedlichen Gruppen ein Syndrom der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit bilden, in dessen Zentrum eine Ideologie der Ungleichwertigkeit steht. Dies konnten wir empirisch nachweisen», resümieren die Wissenschaftler.
Das Projekt ist das weltweit größte seiner Art, sowohl wegen der langen Laufzeit als auch aufgrund der differenzierten Herangehensweise. In der nunmehr zehnten und abschließenden Folge des Reports ‚Deutsche Zustände‘ wurden einerseits Zeitverläufe unter Berücksichtigung politischer Einstellungen und sozialer Lagen untersucht. Andererseits wurden aktuelle Problemlagen und Mechanismen betrachtet, die mit Abwertung und Diskriminierung von schwachen Gruppen im Zusammenhang stehen.
Die Wissenschaftler stellen eine «rohe Bürgerlichkeit» fest, «die sich bei der Beurteilung sozialer Gruppen an den Maßstäben der kapitalistischen Nützlichkeit, der Verwertbarkeit und Effizienz orientiert und somit die Gleichwertigkeit von Menschen sowie ihre psychische wie physische Integrität antastbar macht und dabei zugleich einen Klassenkampf von oben inszeniert», so Wilhelm Heitmeyer.
Im Übrigen bleiben wir bei unserer Position, dass wir die Verwendungen des Begriffes Extremismus ablehnen. Ziel des Extremismusansatzes ist es, jede Form von radikaler linker Kritik zu kriminalisieren und mit Neofaschismus, Rassismus und Antisemitismus auf eine Stufe zu stellen. Vertreter des Extremismusansatzes werten Angriffe auf den demokratischen Verfassungsstaat als wesensgleich. Als Partei DIE LINKE halten wir den Extremismusansatz für eine untaugliches Instrument zur Beschreibung der Gefahren für die Demokratie. Er verharmlost die extreme Rechte: Mehr als 150 Todesopfer rechter und rassistischer Gewalt seit 1990 werden begrifflich auf eine Stufe mit brennenden Autos gestellt, die einer angeblichen extremistischen Linken zugerechnet werde, auch wenn es hierfür keine Nachweise gibt. DIE LINKE – als Partei – lehnt Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung ab.
Es sind ja gerade PolitikerInnen der LINKEN und deren Büros die ständig Ziele von Angriffen von Neonazis sind, ganz aktuell der Vorfall am gestrigen Tag in Hoyerswerda vor dem Büro der Bundesgeschäftsführerin der Partei DIE LINKE Caren Lay.
Noch nicht lange zurück liegt der Überfall auf Stadträte der LINKEN in Geringswalde, die beim Plakatieren von bekannten Schlägern der rechten Szene angegriffen worden sind.
Meine Partei hat sich schon seit vielen Jahren laut gegen Nazis und deren Strukturen protestiert, da haben Politiker von CDU und FDP noch hinter der Gardine gestanden. Es mag sein, dass die eine oder andere Protestform einem kulturell nicht gefällt, das kann ich verstehen, dann ist es jedoch notwendig, sich selbst mit einzubringen.
Unsere Konferenz wird sich neben den kurz erwähnten inhaltlichen Auseinandersetzung auch mit praktischen Fragen beschäftigen: Was tun gegen Neonazis vor Ort. Wie umgehen mit ihnen im Stadtrat oder im Kreistag? Lohnt sich überhaupt eine inhaltliche Auseinandersetzung mit ihren Positionen? Das sind nur wenige Fragen, die wir immer wieder mit der eigenen Mitgliedschaft, aber auch mit Sympathisantinnen und Sympathisanten diskutieren müssen.
Wir werden uns verstärkt dafür einsetzten:
dass die Extremismusklausel im Rahmen der Bundes- und Landesprogramme gegen Rechtsextremismus zurückgenommen wird, auch in Anbetracht des gerade stattgefunden Prozesses;
dass es zu keiner weiteren Kürzung der Mittel gegen Rechtsextremismus kommt und keine weiteren Hürden aufgebaut werden bei der Beantragung und Bewilligung der Gelder hier in Sachsen;
dass sich in Sachsen eine Kultur entwickelt, die das politische und gesellschaftliche Engagement gegen die extreme Rechte als wichtigen Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens begreift – nicht die einmalige Würdigung ist das Ziel, sondern die tägliche Anerkennung.