Zu Tillichs Extremismus-Doktrin: Ordnungspolitischer Eindimensionalität eines DDR-Staatsfunktionärs verhaftet
Ich begrüße es natürlich, dass sich der Ministerpräsident beim Thema Freiheit der Andersdenkenden ebenso wie LINKE positiv auf Rosa Luxemburg bezieht. Sein Verständnis von „wehrhafter Demokratie“ ist jedoch unzulänglich: Ein Verbot der NPD würde nichts daran ändern, dass vielerorts in Sachsen Menschen allein deshalb um Leib und Leben fürchten müssen, weil sie anders aussehen als die Mehrheit – nicht nur Limbach-Oberfrohna und Geithain haben in jüngster Vergangenheit unrühmliche Schlagzeilen gemacht. Mit „Extremismus-Klauseln“ und behördlichem Generalverdacht gegen mutige Initiativen der Zivilgesellschaft, die Nazi-Umtrieben die Stirn zeigen, ist die Staatsregierung auf dem Holzweg.Ich begrüße es ebenfalls, dass der Ministerpräsident das große Leiden der Opfer des „Nationalsozialistischen Untergrundes“ (NSU) als Verpflichtung zum Handeln in Sachsen sieht. Dann darf man sich aber nach Bekanntwerden solcher Verbrechen nicht wochenlang wegducken, wie es Herr Tillich getan hat, und dann darf man nicht, wie es die CDU macht, bis heute alle Versuche diskreditieren, das Behördenversagen aufzuklären, das den NSU von Sachsen aus unbehelligt morden ließ. Hier haben Staatsregierung und Koalitionsfraktionen Nachholbedarf. Besonders bedauerlich aber ist, dass Herr Tillich mehr Energie verbraucht, um alles, was scheinbar nicht „Mitte“ ist, undifferenziert in einen Topf zu werfen. Wenn er in einem Atemzug „Rechte“, „Linke“ und „Islamisten“ als Verkörperung jener Gefahr nennt, gegen die man vorgehen müsse, weil sie für „Terror und Gewalt“ verantwortlich seien, kann man nur schlussfolgern: Herr Tillich ist in der ordnungspolitischen Eindimensionalität eines DDR-Staatsfunktionärs steckengeblieben, die in so extremer Ausprägung glücklicherweise selbst in der SED nicht die Norm gewesen ist. Geradezu skandalös aber ist sein Gleichsetzen von Nazi-Regime und DDR unter dem Stichwort „Abwesenheit von Demokratie“ und die lapidare Behauptung, der Werteverfall habe etwas damit zu tun, dass die Gesellschaft „in den letzten acht Jahrzehnten mehrfach umgepflügt worden ist.“ Der Faschismus in Deutschland hat nicht mal eben eine Gesellschaft „umgepflügt“, sondern weltweit mindestens 60 Millionen Menschen umgebracht. Ich fordere Herrn Tillich daher auf, sich endlich beim Kampf gegen Nazis mit der engagierten Mitte der Gesellschaft zu verbünden – da findet er auch uns LINKE. Und wir sind – siehe Dresden – bei diesem Thema zur Koalition der Vernunft aller Demokraten bereit.