Rede SeniorInnenkonferenz der LINKEN Sachsen am 18. Juni 2012 in Freiberg
Liebe Genossinnen und Genossen,
in meiner letzten Eröffnungsrede der Seniorenkonferenz der LINKEN im Jahr 2010 habe ich über den Stand der der Erarbeitung des Parteiprogrammes der LINKEN gesprochen. 2. Jahre ist das nun her. Das Parteiprogramm, wurde Ende des vergangenen Jahres von einer übergroßen Mehrheit der Mitglieder bestätigt und gilt nun als das aktuelle Erfurter Programm für unsre Partei.
Wenn man bei einer Seniorinnenkonferenz die Eröffnungsrede hält überlegt man sich schon ob ich uns einfach mal so zum 5. Geburtstag gratulieren kann.
Am 16. Juni 2007, also am vergangenen Sonnabend vor 5 Jahren beschlossen WASG und PDS auf dem Gründungsparteitag in Berlin die Gründung der neuen Partei DIE LINKE.
Fünf Jahre nach unserer Gründung stehen wir vor der gemeinsamen großen Aufgabe, einen neuen Aufbruch für DIE LINKE zu organisieren.
Diesen Aufbruch schulden wir allen, die uns bisher an den Wahlurnen ihr Vertrauen geschenkt haben, die auf unsere Widerständigkeit hoffen, und die dazu bereit sind, selbst für ihre politischen, sozialen und kulturellen Rechte aufzustehen.
Wir feiern unseren Geburtstag in einer Zeit, in der es gilt, das Versprechen, das wir vor fünf Jahren gegeben haben, einzulösen.
Wir haben zusammen die Politik in Deutschland verändert.
Wir bleiben zusammen, weil wir das Land gemeinsam sozialer, gerechter und friedlicher machen wollen.
Das, ist auch ein Ergebnis des Göttinger Parteitages vor 14 Tagen.
Liebe Genossinnen und Genossen,
lasst ich einiges zum Bundesparteitag in Göttingen sagen Ich mach es ein wenig in Thesen Form, damit ich eure Zeit nicht Übergebühren strapaziere.
Das befürchtete große Erdbeben in und nach Göttingen ist ausgeblieben. DIE LINKE ist nach Göttingen nicht in dem Sinne gespalten, dass sie auseinandergebrochen wäre. Sie ist aber weiterhin innerlich tief gespalten und zerrissen. Der Riss zwischen den Spektren der Partei ist zwar weiterhin sichtbar, aber nicht so aufgerissen, dass DIE LINKE darin verschwunden ist.
Das Problem der Partei war auf dem Bundesparteitag deutlich zu spüren: Es gab kein strategisches Zentrum mehr. Die alte Führungsspitze hat rundum versagt im Vorfeld des Parteitages einen friedensstiftenden Bogen zwischen Personen und Richtungen zu schlagen.
Die Anspannung, die am Freitag und bis in den Samstag mit Händen zu greifen war, brach aber nicht aus, sondern wurde in gewisser Hinsicht in der Rede von Gregor Gysi kontrolliert entladen. Ich glaube Gregor hat eine seiner wichtigsten Reden der letzten Jahre gehalten, Auszügen konnten sogar in der SZ am Dienstag nach dem Parteitag nachgelesen werden.
Er thematisierte den Zustand unserer Partei, die selbstzerstörerischen Tendenzen und den damit verbundenen Frust. Dass in der Erwiderung auf Gregors Rede Oskar Lafontaine dies quasi als unsinniges ostdeutsches Befindlichkeitsgefasel abtat, spricht einerseits Bände und ändert jedoch nichts am Wahrheitsgehalt von Gysis Aussagen. Der Politikwissenschaftler Franz Walter schriebt am 3. Juni 2012: „Die Delegierten des Göttinger Parteitages mussten tief in den Abgrund schauen. Gysis Abrechnung fiel konzentriert, dabei brutal aus.“ Ich habe in einer anderen Zeitung gelesen, dass so eine Rede, früher als „Geheimrede“ deklariert worden wäre.
Die Chance des neuen Vorstandes liegt darin, dass erstmalig offen über die Probleme in der Partei und der Bundestagsfraktion geredet worden ist. Nun gilt es daraus die notwendigen Konsequenzen zu ziehen, weil nur wenn wir endlich unsere eigenen Problemlagen erkennen, werden wir in der Lage sein diese auch gemeinsam zu bewältigen.
Ich habe bereits als Vorsitzender erklärt, dass ich bereit und willens bin mit der neuen Parteispitze uneingeschränkt zusammenzuarbeiten, auch wenn ich mich für eine andere Spitze stark gemacht habe.
Der neue Vorstand muss eine Chance bekommen, jedoch gleichzeitig für alle wahrnehmbare Signale des Aufbruchs, der Gemeinsamkeit und der Re-motivierung bis in die untersten Gliederungen der Partei sendet, um Austritte, innere Emigration zu stoppen und Attraktivität durch Gebrauchswert im Alltag zurückzugewinnen. Ich glaube, dass was wir die ersten 14 Tage erleben durften stimmt mich Hoffnungsfroh.
Dietmar Bartsch hielt am Samstag wohl die beste Rede aller Kandidat/-innen und wurde als der bessere Kandidat – wie es Zeitungen schrieben – nicht gewählt. Dass Ergebnis: 45% der abgegebenen Stimmen nach einer monatelangen, für ihn oftmals zermürbenden Bewerbungszeit ist im Hinblick auf die zugespitzte Debatte ein Ergebnis, das keinen Anlass für Katstrophenstimmung gibt.
Dietmar sagt am Montag nach dem Bundesparteitag im Interview mit der „taz“: “Ich bin stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion. Das bleibe ich. (…) Der Souverän (hat) gesprochen. Das haben alle zu akzeptieren. Was jetzt notwendig ist, sind nicht markige Reden in geschlossenen Sälen, sondern harte Alltagsarbeit. (…) Die Zeit, als Lafontaine und Gysi die Partei und ihr Bild extrem geprägt haben, geht zu Ende. Wir müssen mehr als Team agieren. Das ist zeitgemäßer. Die großen, alles überstrahlenden Führungsfiguren passen nicht ins 21. Jahrhundert.”
“Viele fragen sich nun, ob das Reformerlager geschwächt ist, ob der Lafontaine-Flügel obsiegt habe – und was das alles heißt. Positiv betrachtet könnte Göttingen der erste Schritt auf dem Weg aus dieser Konfliktlogik heraus sein. So, wie die Dinge in der Linken liegen, wird das vor allem „vom Verlierer“ erwartet: Aus dem Forum demokratischer Sozialismus hörte man nach der Sonnabendnacht zwar Verbitterung, es gab auch Kritik – aber bisher ist noch nichts vom resignativen inneren Rückzug zu spüren, den es nach dem Geraer Parteitag gab, mit dem Göttingen im Vorfeld oft verglichen wurde”, schreiben Tom Strohschneider und Vincent Körner auf “lafontaines-linke.de”.
Ich denke, der Geraer Parteitag von 2002 ist mit dem Göttinger Parteitag eine Dekade später nicht zu vergleichen. Nicht nur, weil es “anders als in Gera vor zehn Jahren (…) keine eindeutigen Sieger und Besiegte” gab, bemerkte Stefan Liebich vollkommen richtig auf seiner Webseite.
Ich will noch mal Franz Walter zitieren, der bei Spiel Online über die Aussichten des neuem Führungsduos geschrieben hat: „Ob es dem neuen Duo gelingt, diese Erfolge wieder aufleben zu lassen, weiß man nicht. Kippings Anspruch, die Linke in eine lernende, neugierige, offene, zuhörende Partei zu verwandeln, klingt zumindest sympathisch. Einige ihrer Vorschläge (etwa zum Genossenschaftswesen, zur solidarischen Ökonomie, zum Mindestlohn) sind zwar nicht umstürzend originär, aber auch nicht ermüdend konventionell. Ihre Rhetorik ist ganz anders als die der bisherigen Leitwölfe. In der leisen, eher nachdenklich wirkenden Art liegen auch Chancen. Schließlich ist das laute, autoritäre Gebrüll älterer Männer nicht jederfraus Sache. Und Bernd Riexinger muss nicht die Marionette von Lafontaine sein, als die er derzeit von seinen innerparteilichen Gegnern und etlichen Journalisten abgewertet wird. Als Gewerkschafter agiert er organisatorisch und strategisch im schwierigen Dienstleistungssektor bemerkenswert erfolgreich.“, soweit die Einschätzung von Franz Walter.
Sachsen hatte vor und auf dem Parteitag schwierige Situationen zu überstehen, weil zwei Frauen aus Sachsen Vorsitzende werden wollten und ich mich als Vorsitzenden seit vielen Monaten für ein Duo Wagenknecht/Bartsch ausgesprochen habe.
Der Landesvorstand in Rücksprache mit den Kreisvorsitzenden haben in den Wochen zwischen der NRW Wahl und dem Bundesparteitag einen kühlen Kopf bewahrt und klug agiert.
Wir haben gezeigt, dass wir als Team, als politisches Kollektiv – trotz unterschiedlicher Interessenlagen – gemeinsam nach einer akzeptablen Lösung gesucht haben. Das war Großartig, Kulturvoll und ich bei ein wenig stolz auf uns!
Ich freue mich, dass neben der neuen Vorsitzenden Katja Kipping mit Caren Lay und Axel Troost zwei stellvertretende Vorsitzende der LINKEN aus dem Landesverband Sachsen kommen. Der größte Landesverband der LINKEN ist seiner Verantwortung für die Gesamtpartei auch dahingehend gerecht geworden, dass er dem Bundesparteitag ein breites Angebot an Kandidaten vorgelegt hat, die in der Lage sind, die aktuellen Aufgaben zu erfüllen.
Der Bundesparteitag hat dieses Angebot angenommen, die sächsische LINKE ist neben den drei direkt gewählten Vorstandsmitgliedern mit weiteren fünf Vorstandsmitgliedern im 44-köpfigen Parteivorstand vertreten. Diese Mitglieder repräsentieren – aus Meiner Sicht — tatsächlich die neue LINKE. Mit der Oberbürgermeisterin von Borna, Simone Luedtke, der Chemnitzer DGB-Regionalchefin Sabine Zimmermann, der Landtagsabgeordneten Julia Bonk und der Frauenbeauftragten der sächsischen LINKEN Claudia Jobst ist Sachsen insbesondere durch starke Frauen im Parteivorstand vertreten.
Auch die Wiederwahl des stellvertretenden Landesvorsitzenden Stefan Hartmann in den Parteivorstand ist die unmittelbare Verbindung zwischen den zwei Führungsgremien hergestellt.
Wir haben damit Verantwortung als Sachsen für die Gesamtpartei übernommen, ich denke der müssen wir gemeinsam gerecht werden.
Was wir jetzt brauchen ist, dass sich vernünftige Genossinnen und Genossen zusammentun und ein integratives Zentrum bilden. Am Freitag haben sich ja die Aufrufer von “ Wir sind die LINKE“ mit ganz vielen Parteitagsdelegierten getroffen. In solchen Spektren übergreifenden Treffen liegt die Zukunft der LINKEN.
Was uns fehlt ist Selbstbewusstsein. Thomas Falkner aus Brandenburg schreibt am 5. Juni 2012: „Uns fehlt alles was Spaß macht, was ermutigt, sich selbst zu ermächtigen, sich einzubringen.“
Liebe Genossinnen und Genossen,
zum Schluss will ich nicht unerwähnt lassen, dass wir am Sonnabend beim Kleinen Landesparteitag gezeigt haben, dass wir bereit sind weitere Verantwortung für die Bundespartei zu übernehmen. Wir haben mit fast 70% der Stimmen Katja und André als Doppelspitze für sie sächsische Bundesparteitagsliste nominiert. Wir haben damit unsere bekanntesten LINKEN PolitikerInnen nominiert, die in klarer Opposition zum neoliberalen Kurs politische Alternativen formulieren können.
Liebe Genossinnen und Genossen,
mir ist noch die Aufgabe zugefallen, dass ich heute Gäste begrüßen darf.
Ich freue mich, dass Frau Dr. Judith Oexel, die Seniorenbeauftragte des Freistaates Sachsen beim Staatsministerium für Soziales & Verbraucherschutz heute hier ist.
Das Herr Horst Pfab, der Vorsitzender des Seniorenausschusses des DGB Landesbezirk Sachsen den Weg nach Freiberg gefunden hat.
Begrüßen möchte ich auch, Herrn Lothar Wagler . Er ist Mitglied des Geschäftsführenden Landesvorstandes der Volkssolidarität in Sachsen.
Ich begrüße, ganz herzlich Herrn Klaus Franke, dem Landesvorsitzenden der Senioren AG 60 plus der SPD.
Ich freue mich, dass mit Kerstin Lauterbach, aus der Landtagsfraktion der LINKEN heute hier in Freiberg ist und ich habe die ehemalige Sozialbürgermeisterin aus Chemnitz gesehen, die ich in euren Namen ganz herzlich begrüße.
Und auch Mitglieder der Bundesseniorenarbeitsgemeinschaft der LINKEN sind heute hier: Steffi Deutschmann, Horst Schildbach und Peter Deutrich
Und an Peter soll ich jetzt die Versammlungsleitung übergeben. Die Konferenz ist hiermit eröffnet.