Kommunal- und drogenpolitische Leitlinien der sächsischen LINKEN in die Diskussion gegeben
Auf dem so genannten Kleinen Parteitag der sächsischen LINKEN am vergangenen Wochenende wurden die Kommunalpolitischen Leitlinien, sowie die Sucht-und Drogenpolitischen Leitlinien der sächsischen LINKEN erstmals diskutiert. Sie sollen jetzt in die breite, öffentliche Debatte gegeben werden.
Die Kommunalpolitik wird nicht umsonst als das Herzstück unserer Parteiarbeit bezeichnet. Mehr als 1.165 LINKE arbeiten in Sachsens Stadträten, Gemeinderäten, Ortschaftsräten und Kreistagen, dazu noch 11 Bürgermeister und andere hauptamtliche Wahlbeamte.
Die Stichworte EU-Erweiterung, Föderalismusreform, HARTZ IV, Finanzkrise, Schuldenbremse, Energiewende, Rekommunalisierung, Gemeindestrukturreform und demographischer Wandel beschreiben einige der neuen Anforderungen, denen wir uns gerade auch in den Kommunen stellen müssen. Denn linke Kommunalpolitik lässt sich nicht auf unpolitische, rein pragmatische Sachentscheidungen reduzieren, sondern verlangt ein kluges Abwägen nach sachlichen und politischen Gesichtspunkten!
Die Leitlinien sollen gefestigte Positionen, realistische Erwartungen und legitime Ansprüche an LINKE Kommunalpolitik mit einem Ausblick bis etwa zum Jahr 2020 zusammenfassen und nicht nur den Abgeordneten, sondern vor allem den Wählerinnen und Wählern zeigen, was LINKE Politik in der Kommune oder im Kreis vermag.
Linke Kommunalpolitik erschöpft sich dabei nicht, auf die Unterfinanzierung und somit Mangelwirtschaft der Kommunen mit reinem Protest zu begegnen — dieser muss gegenüber der Landes- und Bundesregierung zum Ausdruck gebracht werden. Vielmehr lassen wir uns vor Ort in unserer gestalterischen Politik von den folgenden Grundmaximen leiten:
• glaubwürdig und ernsthaft für soziale Gerechtigkeit und
Nachhaltigkeit in den Kommunen zu streiten,
• für die Bewahrung des kommunalen Eigentums und eine Offensive des
öffentlichen Eigentums im Interesse der Sicherstellung der kommunalen Daseinsvorsorge einzutreten,
• für umfassende, rechtzeitige und ernstgemeinte Bürgerbeteiligung bei
kommunalen Vorhaben zu sorgen.
Wir gestalten Politik mit den Menschen für die Menschen und finden gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern Lösungen, die vor Ort weiterhelfen. Das ist unser Anspruch an alltägliches Handeln. Dabei ist es wichtig ehrlich und nachvollziehbar auch die Grenzen kommunalpolitischen Handelns und vorallem der Möglichkeiten aufzuzeigen. Nur so ist ein Höchstmaß an Transparenz in der Politik, die vor Ort nun mal am greifbarsten ist, zu erreichen und nur so können Menschen im politischen Alltag mit genommen und eingebunden werden.
Als zweites Papier geben wir heute die Sucht- und Drogenpolitischen Leitlinien in die Diskussion. Hier ist eine rege Debatte zu erwarten. Wir sagen gemeinsam mit vielen ExpertInnen: Der weltweite Krieg gegen die Drogen ist gescheitert, mit verheerenden Folgen für die Menschen und Gesellschaften rund um den Globus.
Dieser Krieg hat nichts zum Schutze von Gesundheit beigetragen. Er hat stattdessen einen Markt erzeugt, auf dem das organisierte Verbrechen Milliarden verdient. Diesen Kartellen stehen weltweit Tausende Polizisten und Soldaten gegenüber, für deren Agieren ebenfalls Milliarden ausgegeben werden.
Zu konstatieren ist, dass der “Krieg gegen Drogen” und die aktuelle Drogenpolitik über Jahrzehnte ihre Ziele nicht nur nicht erreicht hat, sogar das Gegenteil des Gewünschten erzeugt hat, nicht Gesundheitschutz sondern Tod. Daher fragen wir: Geht es der aktuell praktizierten Drogenpolitik um Hilfe für Betroffene oder um die Illussion einer drogenfreien Gesellschaft? Die konservative Politik setzt auf Verbote, auf Repression und auf Kriminalisierung. Sie verletzt Menschen- und Freiheitsrechte, weil sie bevormundet, weil sie der Bevölkerung schlicht nicht traut.
Wir verstehen den gesellschaftlichen Umgang mit Drogen und Abhängigkeiten übergreifend nicht als rein kriminalpolitisch oder gesundheitspolitisch abgegrenzte Aufgabe. LINKE Drogen und Suchtpolitik ist immer auch emanzipatorische Sozialpolitik, Bildungspolitik, Familienpolitik des Eltern- und Kindeswohls, ist Steuer- wie Kommunalpolitik, ist eine Politik des
Gesundheits- und VerbraucherInnenschutzes und Wirtschafts- wie auch Sicherheitspolitik. Eine rationale Drogenpolitik hilft der Gesellschaft, ihrem Sicherheitsbedürfnis gerecht zu werden und der Entstehung von milliardenschweren Schwarzmärkten entgegen zu treten.
DIE LINKE in Sachsen fordert daher etwa die Umsetzung von bereits bundesrechtlich ermöglichten Maßnahmen, wie zum Beispiel der diamorphingestützten Substitutionstherapie schwerst Opiatabhängiger und außerdem der geregelten Einrichtung von Drogenkonsumräumen mit medizinischer Betreuung in Zusammenarbeit mit den Trägern der Suchtkrankenhilfe in Sachsen, über eine Landesverordnung gem. § 10a Abs. 2 BtMG. Denn in einem Konsumraum ist neben der kontrollierten Abgabe auch die betreute Einnahme möglich. Medizinisch geschultes Personal beugt Infektionen, Verletzungen oder Todesfällen (z.B. aufgrund von Überdosierungen) vor und kann Notfälle und Hilfebedarf bei KlientInnen besser erkennen und sie gezielter in andere Hilfen vermitteln. Außerdem haben NutzerInnen dieser Einrichtungen Zugang zu Hilfsangeboten, die darauf abzielen, Wege aus der Abhängigkeit zu ermöglichen. In einigen Bundesländern sind Konsumräume u.a. auch als ordnungspolitische Instrumente etabliert, z.B. bei der Vermeidung von Konsumabfällen in der Nähe von Spielplätzen.
Wir setzen uns ebenso für die Ermöglichung von “Drug-Checking” ein, wie für einen umfangreichen Ausbau eines flächendeckenden Angebotes suchtpräventiver Bildungsangebote in Schulen und vorschulischen Einrichtungen. Das müssen engagierte Fachleute leisten, ohne dafür kriminalisiert zu werden und nicht etwa uniformierte Polizeibeamte, die nur das Verbot aussprechen und damit die Neugierde geradezu wecken.
Der anhaltend große Crystalkonsum in Sachsen und die erschreckenden Schlagzeilen über Todesfälle durch gepanschten Alkohol in Tschechien machen die Notwendigkeit einer ideologiefreien, rationalen Diskussion über einen neuen Ansatz in der Drogenpolitik überdeutlich.