Pressekon­ferenz in Vor­bere­itung der Land­tagssitzung am 26./27. Sep­tem­ber 2012

Wie Sie wis­sen, gehört es zu unserem poli­tis­chen Stil, auf aktuelle Her­aus­forderun­gen sofort zu reagieren – und deshalb haben wir wieder einen Dringlichen Antrag einge­bracht. Dass nach einem Urteil des Bun­des­fi­nanzhofs kom­mu­nale Kitas Kör­per­schaftss­teuern zahlen sollen, ist ein Schlag ins Kon­tor aller Bemühun­gen, flächen­deck­end in ganz Deutsch­land aus­re­ichende Kita-Plätze in guter Qual­ität anzu­bi­eten. Ent­ge­gen der Logik des Urteils haben wir keinen Wet­tbe­werb zwis­chen Kitas um Kinder, son­dern zwis­chen den Eltern um Kita-Plätze. Da es vor der näch­sten Bun­desratssitzung keine weit­eren Land­tagssitzun­gen mehr geben wird, ist dieser Dringliche Antrag zwin­gend drin­gend, denn jet­zt muss eine Bun­desratsini­tia­tive ergrif­f­en wer­den, um diesem Unsinn geset­zge­berisch Ein­halt zu gebi­eten.

Außer­dem haben wir eine dringliche mündliche Anfrage gestellt, wo wir die fak­tis­che Degradierung des Lan­despolizeipräsi­den­ten the­ma­tisieren wer­den und nach den Grün­den sein­er Ver­set­zung Auskun­ft erlan­gen wollen.
Unser Schw­er­punkt an diesen bei­den Tagen im Land­tag – das wird sie nicht über­raschen — ist natür­lich die säch­sis­che „Nicht-Bil­dungspoli­tik“. Zunächst die Schulpoli­tik. Neben der Dauerkrise wach­sender Unter­richt­saus­fall haben sich zwei weit­ere Baustellen aufge­tan, die die Staat­sregierung bish­er sich selb­st über­lassen hat, ohne anzu­pack­en. Ein­mal das Dra­ma um die Arbeit­shefte der Schü­lerin­nen und Schüler, die mancherorts noch gar nicht zur Ver­fü­gung ste­hen, weil der kom­mu­nale Träger das Geld noch nicht bere­it­gestellt hat. Die Wurzel des Übels aber befind­et sich im Kul­tus­min­is­teri­um, das immer noch nicht das Urteil zur Lern­mit­tel­frei­heit ordentlich umge­set­zt hat. Statt tätige Abbitte für die jahrzehn­te­lange ver­fas­sungswidrige Prax­is der eben real nicht existieren­den Lern­mit­tel­frei­heit zu leis­ten, schiebt man die Ver­ant­wor­tung weit­ge­hend an die Kom­munen weit­er.
Das Gle­iche erleben wir im Kampf der Eltern um die Mit­telschule in Seifhen­ners­dorf. Das Prob­lem ist nicht vor­rangig der Schul­net­z­plan des Kreis­es, son­dern die Dop­pelzüngigkeit der schwarz-gel­ben Koali­tion. Ein­er­seits zog ins­beson­dere FDP-Chef Zas­trow durchs Land und warb für eben­falls mut­maßlich ver­fas­sungswidrige Ein­schnitte bei freien Schulen mit der Begrün­dung, es müssten ger­ade im ländlichen Raum die let­zten staatlichen Mit­telschulen geschützt wer­den. Und nun soll eine von diesen staatlichen Mit­telschulen auf Biegen und Brechen geschlossen wer­den.
Statt also auf diesen Baustellen aktiv zu wer­den, beschimpft CDU-Frak­tion­schef die Lehrerin­nen und Lehrer, die deutsch­landweit zu den am schlecht­esten bezahlten Päd­a­gogen gehören und zudem unter ver­gle­ich­sweise schwierig­sten Arbeits­be­din­gun­gen bish­er über­aus erfol­gre­ich mehr als nur ihre Pflicht erfüllen. Deshalb haben wir eine Aktuelle Debat­te zur Schulpoli­tik und einen Antrag auf Zulas­sung ein­er Ein­gangsklasse an der Mit­telschule Seifhen­ners­dorf  auf die Tage­sor­d­nung geset­zt.
Ich freue mich, dass beim anderen großen bil­dungspoli­tis­chen The­ma, der Hochschulpoli­tik, die drei demokratis­chen Oppo­si­tions­frak­tio­nen an einem Strang ziehen und gemein­sam auf Änderun­gen drän­gen. Dazu ist Ihnen ja heute schon eine gemein­same Pressemit­teilung der hochschulpoli­tis­chen Sprech­er von LINKEN, SPD und GRÜNEN zuge­gan­gen. Im Mit­telpunkt der Kri­tik ste­ht natür­lich u. a. die Abschaf­fung der ver­fassten Stu­den­ten­schaften und die Bestra­fung von Men­schen, die z. B. aus famil­iären Grün­den mehr Zeit fürs Studi­um brauchen. Es geht Schwarz-Gelb offenkundig darum, die Studieren­den poli­tisch mund­tot zu machen, und deshalb hat sich zu Recht laut­stark­er Protest gerührt, den wir gemein­sam mit SPD und GRÜNEN unter­stützen.

Auch beim The­ma Rente wün­sche ich mir eine solche Gemein­samkeit der Frak­tio­nen links von CDU und FDP. Unsere Parteivor­sitzende aus Sach­sen, Kat­ja Kip­ping, hat SPD-Linke und Gew­erkschaften zu einem Renten­di­a­log ein­ge­laden. Wir wer­den uns deshalb gern in die Aktuelle Debat­te auf Antrag der SPD am Don­ner­stag ein­brin­gen und haben einen eige­nen Antrag „Sach­s­enini­tia­tive für ein Sofort­pro­gramm gegen dro­hende massen­hafte Alter­sar­mut“ auf der Tage­sor­d­nung. Für uns sind ein geset­zlich­er flächen­deck­ender Min­dest­lohn und eine Min­de­strente, die ein auskömm­lich­es Leben im Alter sichert, die entschei­den Säulen eines nach­halti­gen Konzepts zur Bekämp­fung von Alter­sar­mut.

 

Am Mittwochabend ste­ht die Aufhe­bung der Immu­nität meines Frak­tion­skol­le­gen Falk Neu­bert auf der Tage­sor­d­nung – wegen eines ange­blichen Ver­stoßes gegen das Ver­samm­lungs­ge­setz am 19. Feb­ru­ar 2011 in Dres­den. Wie aus dem Schreiben der Dres­d­ner Staat­san­waltschaft her­vorge­ht, hält sie ja ins­ge­samt ca. anderthalb tausend Men­schen für schuldig, durch ihre Anwe­sen­heit auf der Straße den Nazi­auf­marsch ver­hin­dert zu haben.

 

Man kann aber nicht ein­er­seits bekla­gen, dass Nazi-Ter­ror­is­ten über ein Jahrzehnt lang von Sach­sen aus eine beispiel­lose Mord­serie unerkan­nt bege­hen kon­nten, und ander­er­seits ihr poli­tis­ches Umfeld, in dem sie geschützt wur­den, unter Naturschutz stellen.  Sie haben daher gewiss Ver­ständ­nis dafür, dass wir die Krim­i­nal­isierung von antifaschis­tis­chem Wider­stand für falsch hal­ten – wie Karl Nolle und andere auch. Da wir nichts­destotrotz nicht ern­sthaft damit rech­nen, dass dies die Mehrheit des Land­tags auch so sieht, wird die Sache wie in zahlre­ichen anderen Fällen – über­wiegend von Nichtab­ge­ord­neten – vor Gericht aus­ge­tra­gen.

Poli­tisch bedauere ich dies zutief­st, weil das Jahr 2012 gezeigt hat, dass beim The­ma Kampf gegen Nazis mit gutem Willen Gemein­samkeit von LINKEN bis CDU möglich ist – ein­schließlich eines Szenar­ios ohne juris­tis­ches Nach­spiel.

 

In diesem Zusam­men­hang ist auch viel über die Rolle der Polizei disku­tiert wor­den. Grüne und LINKE brin­gen am Don­ner­stag inhaltlich ähn­liche Geset­zen­twürfe für eine bessere unab­hängige Kon­trolle von Ver­stößen bei der Polizeiar­beit ein. Dabei gibt es zwei wesentliche Unter­schiede: Wir wollen den Obmann bzw. die Obfrau für entsprechende Beschw­er­den in der Ver­fas­sung ver­ankern und dem Daten­schutzbeauf­tragten gle­ich­stellen. Uns geht es in erster Lin­ie um Trans­parenz, darum, dass es beispiel­sweise auch Polizeibeamten erle­ichtert wird, Fehlver­hal­ten von Vorge­set­zten zur Sprache zu brin­gen.

 

Unser Ansatz ist nicht Mis­strauen oder Vorder­gründi­ge Kon­trolle gegenüber den Polizeibeamten. Wir sehen näm­lich das Haupt­prob­lem bei Fehlver­hal­ten in ein­er falschen, auf Eskala­tion aus­gerichteten poli­tis­chen Steuerung und entsprechen­den fatal­en Anweisun­gen.

 

Deshalb geht es uns weniger darum, die Bürg­er vor der Polizei zu schützen, als vielmehr die einzel­nen Polizis­ten vor unsin­ni­gen Ein­satzs­trate­gien, die sie selb­st nicht zu ver­ant­worten haben.

 

Da der Sinn dieser Kurz-Pressekon­ferenz ist, auf Schw­er­punk­te zu ver­weisen, lasse ich es dabei bewen­den, ste­he aber selb­stver­ständlich noch zu Fra­gen auch zu allen anderen Tage­sor­d­nungspunk­ten gerne zur Ver­fü­gung.