Eröffnungsrede der Ausstellung “Sturmstille” in den Räumlichkeiten der Linksfraktion

 

Sehr geehrte Damen und Her­ren,

Ausstel­lun­gen haben in unser­er Frak­tion eine lange Tra­di­tion, in dieser Leg­is­laturpe­ri­ode bish­er mit dem Schw­er­punkt Geschichte und Europa.
Die let­zte Ausstel­lung aus dem Bere­ich Kun­st und Kul­tur war der Schrift­stel­lerin Christa Wolf gewid­met und erfreute sich großer Res­o­nanz – umso stolz­er sind wir, dass heute eine Vernissage mit jun­gen Nach­wuch­skün­st­lerin­nen und Kün­stlern aus Sach­sen auf unser­er Frak­tion­se­tage stat­tfind­et, denn uns als LINKE ist es wichtig, nicht nur an das Ver­gan­gene zu erin­nern, son­dern auch über Gegen­wart und Zukun­ft ins Gespräch zu kom­men. Kun­st war schon immer ein Seis­mo­graph für den Zus­tand ein­er Gesellschaft. Kun­st kann, will und soll zur Diskus­sion anre­gen und ein Ort der Begeg­nung sein. Dabei geht es oft­mals um Anstöße, die bisweilen auch als anstößig emp­fun­den wer­den. Neulich begeg­nete mir ein Zitat, das dieses Span­nungs­feld schön beschreibt: Der Begriff der „Mod­erne“ ste­he für den unüber­brück­baren Abgrund zwis­chen dem Geschmack der kreativ­en Klasse und dem Geschmack der gesellschaftlichen Mehrheit. Wenn das stimmt, wären gute zeit­genös­sis­che Kün­st­lerin­nen und Kün­stler immer auch Boten des Unver­ständlichen, ja des Geheimnisvollen.

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In der Ein­ladung zu dieser Ausstel­lung heißt es (ich zitiere):

„Die Arbeit­en von Anne Boese, Jiří Čujan, Eileen Dreher und Falk Töpfer entste­hen sowohl aus der Beobach­tung von Land­schaft und Raum als auch im Spiel mit sicht­baren Ele­menten und Zeichen, die dem Nicht­sicht­baren bzw. einem „Dahin­ter“ erst den Raum zur Ent­fal­tung ver­schaf­fen“. Zita­tende. Damit ist diese Ausstel­lung eine Ein­ladung an uns, die Welt des leicht Begreif­baren ein­mal hin­ter uns zu lassen und all das auf uns ein­wirken zu lassen, was es auch gibt, ohne dass es sich uns im All­t­ag unmit­tel­bar auf­drängte.

Im Ein­ladung­s­text heißt es weit­er (Zitat):

„Der die Natur bes­tim­mende Prozess von Entste­hen und Verge­hen oder Erscheinen und Ver­schwinden wird in den jew­eili­gen Arbeit­en aus den Bere­ichen Grafik, Malerei, Fotografie und Col­lage aufge­grif­f­en.“ Zita­tende.

Wir reden in der Poli­tik ja gern von Nach­haltigkeit und von der Notwendigkeit, in Kreis­läufen zu denken und zu han­deln. Zu oft aber wird dies rein tech­nokratisch, ja bürokratisch ver­standen.
Am Ende verkommt dann das große Spiel von Wer­den und Verge­hen zu ein­er Fix­ierung auf Müll­tren­nung und Recy­cling-Indus­trie. So aber bleiben uns die großen Geheimnisse der Natur ver­schlossen.

Indem wir unsere Frak­tion­se­tage für die näch­sten Wochen in eine Galerie ver­wan­delt haben, wollen wir auch bewusst einen ästhetis­chen Kon­tra­punkt zum großen Kun­st­tanker des Freis­taates Sach­sen gle­ich nebe­nan set­zen:
Die Alten Meis­ter in der Sem­per­ga­lerie am The­ater­platz stellen Schätze vom Mit­te­lal­ter bis zur Roman­tik aus. Bei uns kann man in diesem Herb­st kün­st­lerische Klein­ode der Gegen­wart bewun­dern. Ich lade dazu ein, sich Zeit zu nehmen für jedes Werk, miteinan­der und mit den heute anwe­senden Kün­st­lerin­nen und Kün­stlern ins Gespräch zu kom­men. Und ich möchte darum bit­ten, die Kunde von unser­er derzeit­i­gen Kun­stausstel­lung nach draußen zu tra­gen und so möglichst vie­len Kun­stin­ter­essierten die Gele­gen­heit zu geben, die Werke der jun­gen Kün­st­lerin­nen und Kün­stler hier in Augen­schein zu nehmen. Es gab Mitar­bei­t­erin­nen und Mitar­beit­er auf dieser Etage die fest­gestellt haben wollen, dass noch kein Auf­bau ein­er Ausstel­lung auf unseren Gän­gen, so zeitaufwändig und her­aus­fordernd gewe­sen sei. Fast ist es ein Wun­der, dass das immo­bile Drumherum rund um die Kunst­werke im Großen und Ganzen noch so aussieht wie vorher.
Die Diskurse, die ich teil­weise miter­leben durfte, die im Zusam­men­hang mit der Platzierung der Kunst­werke geführt wur­den, zeigen aber auch, dass Kün­stler eben kein Möbel­haus sind, dem es egal ist, wie die Kun­den ihre Woh­nung mit Mobil­iar gestal­ten oder verun­stal­ten. Kün­stlern ist auch die Umwelt wichtig, mit der ja das von ihnen Geschaf­fene in ein­er ästhetis­chen Wech­sel­wirkung ste­ht.
Wir müssen als Frak­tion ein­räu­men, dass der Land­tag nicht ger­ade das opti­male Kun­st-Biotop ist. Wer mag schon eine Galerie, wo man am Ein­gang den Per­son­alausweis abgeben muss, um sich über­haupt die Kun­st­ge­gen­stände anguck­en zu dür­fen? Außer­dem ist das hier ein Büro­ge­bäude und damit nur schein­bar neu­tral in sein­er äußeren Form. Es ist weniger die Ästhetik der Poli­tik als die der Ver­wal­tung. Das ist für LINKE, die ja das Salz in der Suppe bzw. eben wie Kün­stler der Stein des Anstoßes sein wollen, um gesellschaftliche Entwick­lun­gen auszulösen, nicht immer ein­fach zu ertra­gen.
Denn es gibt hier in diesem Hause Vorschriften ohne Ende, wie ich beim Bezug meines neuen Büros selb­st erleben durfte. So füh­le ich mich also in guter Gesellschaft mit den Befind­lichkeit­en der­er, die jet­zt hier bei uns ausstellen, auch wenn ich ver­mut­lich am Ende zu denen gehöre, die nicht alles ver­standen haben wer­den.
Das aber ist nicht weit­er schlimm, denn wie sagte schon Sokrates:

„Ich weiß, dass ich nicht weiß.“

Heute sind wir zugle­ich in einem Meer von Wis­sen und Nichtwissen – es fällt uns nicht immer leicht, all die Infor­ma­tio­nen, in denen wir schwim­men, so wohlge­ord­net zu sortieren, dass wir uns in der Welt zu Hause fühlen. Vielle­icht soll­ten wir neben den herkömm­lichen Such­maschi­nen des Inter­net auch mehr die Suchergeb­nisse der Kun­st in unsere Wahrnehmung des Daseins mit ein­beziehen. Und vielle­icht ist es ein Fehler unser­er Zeit zu glauben, das Ergeb­nis der Suche müsse immer ein Wort oder Bild sein. Das Resul­tat kann aber auch ein Gefühl sein, mit dem wir den Geheimnis­sen des Lebens nahekom­men. Während die materielle Ver­sorgung der Men­schen, die sich in Ver­wal­tung, Poli­tik, Medi­en und Wis­senschaft um den Fort­gang der Dinge küm­mern, zumin­d­est prinzip­iell irgend­wie geregelt ist, sieht die Sache bei freis­chaf­fend­en Kün­st­lerin­nen und Kün­stlern schwieriger aus. So schwierig, dass Anneka­trin Klep­sch, stel­lvertre­tende Frak­tionsvor­sitzende und u. a. Mit­glied des Säch­sis­chen Kul­turse­n­ats, dazu heute nur eine Ein­führung geben kann. So viel aber muss sein, weil wir uns ja auch abseits von schö­nen Ausstel­lungseröff­nun­gen wie heute des The­mas Kun­st und Kul­tur regelmäßig im poli­tis­chen All­t­ag annehmen. Danach find­et die eigentliche Ausstel­lungseröff­nung statt, ver­bun­den mit Gesprächen mit der Kün­st­lerin Anne Boese und Eileen Dreher und den Kün­stlern Jiří Čujan und Falk Töpfer zum The­ma „Mach dir selb­st ein Bild“.

Vielle­icht auch davon, warum die Ausstel­lung „STURM­stille“ heißt …

Natür­lich darf dabei auch der oblig­a­torische kleine Imbiss nicht fehlen. Kun­st macht Hunger – nicht nur auf noch mehr Kun­st. Ich möchte mich jeden­falls ganz her­zlich bei den Kün­st­lerin­nen und Kün­stlern dafür bedanken, dass sie uns und den Säch­sis­chen Land­tag mit dieser Ausstel­lung beehren und beschenken. Ich wün­sche der Ausstel­lung ganz viele inter­essierte Besucherin­nen und Besuch­er und den Kün­st­lerin­nen und Kün­stlern viel Erfolg auf ihrem weit­eren kün­st­lerischen Weg.

Wir wür­den uns freuen, wenn sich unsere Wege gele­gentlich kreuzen.

Da ich nicht nur Respekt vor Kul­tur habe, son­dern auch meine kul­turelle Prä­gung durchs Erzge­birge nicht ganz ver­leug­nen kann, beende ich meine Begrüßung mit einem her­zlichen.

Glück auf!

Jet­zt, ist es mir noch eine beson­dere Freude vor der Rede mein­er Frak­tion­skol­le­gin Frau Anneka­trin Klep­sch die musikalis­che Umrah­mung des heuti­gen Abends anzukündi­gen.

Da wären der Kom­pon­is­ten Wolf­gang Heisig, der für heute Abend einzel­nen Musik­stück­en für die ausstel­len­den Kün­stler kom­poniert hat und er wird unter­stützt von Detlef Hutschen­reuter. Viel Spaß!