Rede zum 7. Landesparteitag in Chemnitz
7. Landesparteitag, 20./21.10.2012, Chemnitz
Liebe Genossinnen und Genossen,
sehr geehrte TeilnehmerInnen und Gäste unseres Landesparteitages,
den Festakt zum Tag der Deutschen Einheit im Sächsischen Landtag hatte sich Parlamentspräsident Matthias Rößler sicher anders vorgestellt. Er hatte den Autor des Romans „Der Turm“, Uwe Tellkamp, als diesjährigen Festredner geladen. Aber was sich der Schriftsteller dann zu sagen traute, das zog manchen Konservativen fast die Schuhe aus – ich zitiere:
„Viele Menschen haben das Gefühl, dass etwas ganz grundsätzlich nicht mehr stimmt. Dass wir darüber nachdenken müssen, ob die derzeitige Gesellschaftsordnung noch in der Lage ist, die Probleme zu meistern. Leben wir tatsächlich in einer Demokratie?
Oder zeigen sich nicht vielmehr feudale Züge in unserer sozialen Verfasstheit?“
Und weiter sagte er: „Die Aufbruchshoffnungen von 1989 sind der Düsternis unserer krisengezeichneten Gegenwart gewichen. Es herrscht eine seltsame Stimmung, viele Menschen flüchten sich in Nischen; Angst, Verzagtheit, Opportunismus herrschen, Depression. Hoffnung auf eine gute Zukunft, auf blühende Landschaften erscheint als Illusion. In vielem erinnert mich diese dunkle Windstille an die Stimmung in der späten DDR.“ Zitat Ende.
Ich bin zwar nicht wie Herr Tellkamp im Villenstadtteil „Weißer Hirsch“ aufgewachsen und habe auch nicht Arzt, sondern Koch gelernt. Aber unterschiedliche Herkunft verhindert nicht, dass man zu ähnlichen Sichtweisen kommen kann.
Sicher hätte es sich Herr Tellkamp, der in der DDR Repressalien wegen sogenannter „politischer Diversantentätigkeit“ erlitten hat, nicht träumen lassen, dass er einmal den Auftakt einer Parteitagsrede der LINKEN liefern würde. Schließlich gelten wir doch manchen Konservativen, die Tellkamps „Turm“ besonders lieben, als die Nach-Nachfolger jener Partei, die dem jungen Tellkamp vor dem Fall der Mauer zu schaffen machte.
Aber es ist ja auch — im Gegensatz zu vergangenen Zeiten — heutzutage etwas komplizierter mit den sogenannten Klassenauseinandersetzung.
Ein Beispiel der letzten Tage macht das deutlich. Unser Entwurf eines Vergabegesetzes, den wir in Zusammenarbeit mit dem DGB gemeinsam mit der SPD in den Landtag eingebracht haben, hatte bei der Sachverständigen-Anhörung im Landtag einen besonders leidenschaftlichen Fürsprecher: Udo Ehrhardt, Obermeister der Dachdeckerinnung Chemnitz.
Denn die soliden Unternehmerinnen und Unternehmer wollen fairen Wettbewerb statt „Wild Ost“ in Sachsen.
Sie akzeptieren Mindestlöhne statt Lohndumping. Dieser Teil der Wirtschaft ist unser Partner im Engagement für eine Gesellschaft, in der es fair, gerecht und solidarisch zugeht.
Die ideologischen Klassenkämpfer von heute, das sind die FDPler – mit Ausnahme einiger ergrauter Linksliberaler, die keine Rolle mehr spielen.
Es ist vor allem die FDP-Werbeagentur-Zastrow in Sachsen, die am liebsten Rund-um-die-Uhr-Shopping mit der Kassiererin für 3 Euro 50 die Stunde haben will.
Zu den Klassenkämpfern von heute zählen aber auch diejenigen vor allem in der sächsischen CDU, die wertkonservative Ideale verraten haben. Sie haben sich gegen Gott und für den Mammon entschieden – um sie mal an ihren eigenen biblischen Maßstäben zu messen. Sie heben im Bundesrat die Hand für ein Hotelier-Steuerprivileg und kürzen im eigenen Land die Jugendhilfe zusammen.
Ganz zu schweigen von politischen Betrügern wie dem sächsischen Finanzminister, der im Zusammenhang mit der Eröffnung der diesjährigen Haushaltsberatungen eine Schmierenkomödie ohnegleichen aufgeführt hat. Nach den „leider“ angeblich „unausweichlichen“ schmerzhaften Kürzungen vor zwei Jahren könne man nun wieder ein bisschen drauflegen. Tatsächlich aber liegt der Haushaltsplan 2013 noch unter dem realen Haushalt 2011, weil es die damals prognostizierten Einnahmeausfälle gar nicht gegeben hat. Was es jedoch gab, waren die Kürzungen nicht nur im Sozial- und Jugendbereich, die im aktuellen Etatentwurf mitnichten wieder zurückgenommen werden.
Stattdessen reden wir im Sächsischen Landtag nun seit acht Monaten über ein Schuldenverbot, das CDU und FDP in die Landesverfassung schreiben lassen wollen. Dafür brauchen sie allerdings eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament, die sie allein nicht haben.
Nach der nächsten Landtagswahl wird es – davon bin ich fest überzeugt – für Schwarz-Gelb zu gar keiner Mehrheit mehr reichen.
Erstens weil sich die FDP-Abgeordneten dann mangels fünf Prozent Stimmenanteil wieder ihren lukrativen Nebentätigkeiten hauptberuflich widmen können.
Und zweitens weil die CDU unter 40 Prozent rutschen wird und nach einem knappen Vierteljahrhundert Dauerregierung in die Opposition gehen darf. Das wird ihr gut tun! Und vor allem wird es dem Land gut tun!
Meine Lust hält sich in Grenzen, weitere Monate ergebnislos über das Schuldenverbot – hier in Sachsen, wo es seit 2006 keine Neuverschuldung mehr gibt, zu reden. Hier in Sachsen, wo auch die stärkste Oppositionsfraktion, also wir, seit zwölf Jahren ihre alternativen Haushaltsansätze ohne den Ruf nach neuen Schulden vorgelegt hat. Einfach deshalb, weil das Hauptproblem in Sachsen nicht war, dass es zu wenig Geld gibt, sondern es wird für die falschen Sachen ausgegeben – Beton statt Bildung; und wir sagen seit Jahren:
Bildung statt Beton!
Wir haben bald den Leipziger City-Tunnel und die Dresdner Waldschlösschenbrücke, aber die deutschlandweit am schlechtesten bezahlten Lehrkräfte an den Schulen.
Den Polizistinnen und Polizisten wurde das Jahreseinkommen durch Streichung des Weihnachtsgeldes um ein paar Prozent gekürzt. Aber der Freistaat hat 32 Millionen Euro übrig für eine Imagekampagne, nachdem man mit Mobbing gegen die Landesbediensteten den Ruf des Standortes ruiniert hat.
So kann und darf man keine Politik für Sachsen machen, denn: Ein gebildetes Volk, das in Sicherheit leben kann, braucht gut motivierte Leistungsträgerinnen und Leistungsträger, die sich mit täglicher Hingabe um Bildung, Finanzen und die Sicherheit kümmern.
Wir brauchen keine Schuldenbremse in einem Land, in dem es kein Schuldenproblem gibt!
Aber wir brauchen eine Dummheitsbremse, die den Weg frei macht für Projekte der Vernunft.
Dafür braucht man natürlich einen langfristig verlässlichen Projektträger. Das könnte Rot-Rot-Grün sein! Wer denn sonst?
Doch eines ist auch klar: falls es einen Wettbewerb darum geben sollte, welche Partei das schickere Beiboot für den CDU-Alt-Tanker sein könnte, den möchte ich daran erinnern: Die Union hat ihre Partner bisher immer am langen Arm verdorren lassen.
Liebe Genossinnen und Genossen,
Schwarz-Gelb hat als Projektträger für Sachsens Zukunft ausgedient. Der Fachkräftemangel verschärft sich stetig, weil gut qualifizierte junge Leute das Land in Scharen verlassen haben bzw. immer noch gehen. Die demografische Schwalbe, die Wirtschaftsminister Morlok zurzeit in seiner PR-Arbeit füttert, ändert daran nichts: Auch in den 90-er Jahren gab es kurzzeitig einen positiven Wanderungssaldo, ehe sich der Trend wieder umso stärker ins Negative drehte.
Sachsen muss attraktiver werden – und zwar nicht nur für Touristen, sondern für die Menschen, die hier dauerhaft leben.
Als Erzgebirger habe ich natürlich nichts gegen unser traditionsreiches Holzspielzeug, im Gegenteil. Es gehört seit Jahrhunderten zu unserer Kultur und unserer Wirtschaft mit dazu, und dabei soll es bleiben.
Aber nicht die „Männelmacher“ entscheiden über Sachsens Zukunft, sondern die IT-ExpertenInnen.
Wir brauchen nicht mehr Holzspielzeug, sondern mehr Hightech – das übersteigt offenbar das geistige Fassungsvermögen der CDU/FDP-Wirtschaftspolitiker, deren Spitzenleistung der Kampf für die Sonntagsöffnung von Videotheken und Autowaschstraßen ist.
Sachsen hat aber kein Konsum‑, sondern ein Produktions-Problem.
Unser schönes Bundesland ist leider in Deutschland Schlusslicht bei der Produktivität. Das hat nichts mit den arbeitenden Menschen zu tun, sondern mit den unterentwickelten Produktionsmitteln. Deshalb brauchen wir endlich eine ordentliche Industriepolitik zur Förderung des High-Tech-Bereichs. So wie sich Kurt Biedenkopf in den 90-er Jahren für die Autoindustrie eingesetzt hat.
Ich gebe gerne zu, dass der sozial-ökologische Umbau, den wir anstreben, mit den schlichten Gemütern in den Schaltstellen von CDU und FDP in Sachsen nicht zu schaffen ist. Sie haben nämlich nicht begriffen, dass man, bevor man selber große Reden führt, zumindest ein wenig lesen sollte.
Liebe Genossinnen und Genossen,
der „Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit“ ist eine lohnende Lektüre und hat in den vergangenen Wochen für einigen Wirbel gesorgt. Die Überschriften der Artikel in den verschiedenen Medien sprechen eine klare Sprache:
„Kluft zwischen Ost und West wird tiefer“ heißt es im „Spiegel“,
„Osten liegt weiter denn je hinter Westen zurück“, schreibt die „Welt“.
„Der Westen wächst schneller als der Osten“, titelt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“,
„Weder einholen noch überholen“, meint der „Stern“,
„Osten fällt wirtschaftlich wieder zurück“, sagt die „Sächsische Zeitung“,
und selbst in der „Jungen Welt“ heißt es:
„Niemand hat die Absicht, die Angleichung der Lebensverhältnisse voranzubringen“.
Es ist sehr selten, dass die Medienlandschaft so geschlossen über ein Thema urteilt, es scheint da keine zwei Meinungen zu geben. Wenn sich aber von „Junge Welt“ bis „Welt“ alle über den Zustand des Ostens einig sind, dann entspricht diese Sicht unzweifelhaft der Realität.
Und was hören wir vom sächsischen Ministerpräsidenten,
übrigens in der „Welt“?:
Zitat: „Unsere Wirtschaft wird von mittelständischen Unternehmen getragen, die nach wie vor Investitionshilfen brauchen.“ Der Einheits-Bericht zeige, so Tillich weiter:„dass es derzeit keinen Grund gibt, Fördermittel aus dem Osten in den Westen umzuleiten“.
Nun, das ist mit Verlaub eine uralte PDS-Position, die wir tapfer auch in jenen Zeiten vertreten haben, als die sächsische CDU noch so tat, als gehöre Sachsen nicht zum Osten, sondern zu Bayern. Und es ist erst wenige Monate her, dass Tillich ankündigte, Sachsen solle im Jahr 2020 „Geberland“ sein. Was also ist Ihr wirklicher Plan, Herr Tillich?
Beschäftigte eines Freizeitparkes im Landkreis Görlitz beschweren sich dieser Tage via Lokalzeitung darüber, dass sie 40 Stunden pro Woche für monatlich 950 Euro brutto arbeiten müssen. Mit solchen Fällen von Arbeit in Sachsen, die arm macht, könnte man derzeit ganze Bücher füllen. Sie sind auch Folge eines regierungsamtlich beförderten Teufelskreises, in dem massenhafte Dumpinglöhne zu mangelnder Kaufkraft und damit zu schwacher regionaler Nachfrage führen, was wiederum gerade im Dienstleistungsbereich zu wirtschaftlichen Problemen führt.
Der Freistaat Sachsen trägt zu diesem Teufelskreis aktiv und massiv bei: Den Polizistinnen und Polizisten sowie den anderen Beamten ist wie gesagt über die Streichung des Weihnachtsgeldes ein Teil des Jahreseinkommens weggenommen worden, und Sachsens Lehrerinnen und Lehrer sind die bundesweit am schlechtesten bezahlten. Die schwarz-gelbe Koalition will weiter mit Steuergeldern Lohndumping unterstützen und wehrt sich gegen die Einführung von Tariftreue und Mindestlohn bei der Vergabe öffentlicher Aufträge.
Die beiden drängendsten aktuellen Probleme Sachsens haben etwas mit diesem Thema und miteinander zu tun: der zunehmende Fachkräftemangel und die weit verbreitete Niedriglohn-Bezahlung. Im Gefolge dessen erleben wir mangelnde Kaufkraft und Abwanderung junger hochqualifizierter Menschen. – Für eine Investitionsoffensive in Innovation braucht man jedenfalls mehr Ideen als nur die gebetsmühlenhafte Wiederholung des „Keine Schulden – niemals!“
Miteinander zusammen hängen auch der deutsche Exportüberschuss – erkauft durch Lohnzurückhaltung und immer mehr prekäre Beschäftigungsverhältnisse hierzulande – und das Handelsbilanzdefizit einschließlich Verschuldung der südeuropäischen Länder. Prof. Flassbeck sagte vor wenigen Tagen als Gast der Landtagsfaktion: Deutschland hat seine Kunden ruiniert, und das schlägt auf uns selbst zurück. Er empfahl für die Zukunft wirtschaftspolitische Strategien ohne große Überschüsse, allein schon deshalb weil kaum noch ein Land auf der Welt bereit ist, die dafür im Gegenzug notwendigen Defizite auf sich zu nehmen.
Liebe Genossinnen und Genossen,
wenn von Defiziten die Rede ist, muss man natürlich auch auf die von Helmut Kohl versprochenen „blühenden Landschaften“ zu sprechen kommen. In gewisser Hinsicht sind sie ja Wirklichkeit geworden: Noch nie waren unsere Städte baulich in einem so guten Zustand, so farbenfroh und frisch herausgeputzt. Noch nie gab es so viele und so gut ausgebaute Straßen mit so vielen großen Autos wie jetzt.
Ich wünsche mir das Grau der DDR und den damaligen Zustand der Städte und Straßen nicht zurück, auch wenn mir das gemütliche Tuckern der Zweitakter in nostalgischen Momenten irgendwie fehlt.
Aber – ich knüpfe an Tellkamp an – diese blühenden sächsischen Landschaften sind mehr und mehr Patjomkinsche Dörfer. Man kann zwar mit einer Phaeton-Limousine in zwei Stunden von Görlitz nach Plauen, von der polnischen bis zur bayerischen Grenze, rasen. Aber wer mit Bus und Bahn versucht, von Morgenröthe-Rautenkranz in den sächsischen Landtag zu kommen, kann sich auf eine Tagesreise einstellen – und auf eine Übernachtung in der Landeshauptstadt.
Man hat in einigen großen Städten mehr Einkaufsfläche pro Kopf zur Verfügung als in vielen westdeutschen Zentren, aber dafür im ländlichen Raum oftmals keine einzige Verkaufseinrichtung in der Nachbarschaft.
Und wie viele der schönen sanierten Wohnungen stehen leer, weil es die Fabriken nicht mehr gibt, deren Beschäftigte dann in diesen Wohnungen leben würden, kann man außerhalb von Dresden und Leipzig überall in Sachsen sehen. In der wunderschönen Görlitzer Innenstadt beispielsweise ist trotz intensiver Werbung und „Probewohnen“ jede vierte Wohnung unbewohnt.
Sachsen ist heute das bundesweit älteste Bundesland, und zwar nicht, weil es so viele alte Menschen gibt, sondern weil zu wenige junge Leute hier geblieben sind. Da nützt es auch nicht, dass sich die Staatsregierung in Umfragen die Heimatverbundenheit der Jugend in Sachsen bestätigen lässt.
Ich bin auch heimatverbunden, wie man schon an meiner hörbaren Abweichung vom Hochdeutschen merkt. Aber Heimatverbundenheit allein schafft weder gut bezahlte Arbeitsplätze noch eine intakte soziale Infrastruktur, die zum Dableiben oder zum Wiederherkommen einlädt.
Wir als LINKE haben ja geradezu zwangsläufig viel mit Heimat zu tun, weil wir rein zahlenmäßig eine der beiden sogenannten Volksparteien in Sachsen sind. Die CDU ist die andere. Der Status der „Volkspartei“ ist aber auch das Einzige, was wir mit der CDU in Sachsen gemeinsam haben.
Das Modell „Volkspartei“ a la CDU läuft darauf hinaus, möglichst viel Volk unter dem Dach einer scheinbar unpolitischen Partei zu sammeln. Scheinbar ein bisschen christlich, aber nicht zu sehr, sonst würde diese Partei in Sachsens anders mit Flüchtlingen umgehen.
Scheinbar ein bisschen sozial, aber nicht zu sehr, sonst würde sie nicht tatenlos zuschauen, dass 60 Prozent aller alleinerziehenden Frauen in Sachsen mit Kindern unter 15 Jahren in Armut leben.
Scheinbar ein bisschen konservativ, aber nicht zu sehr, sonst hätte man nicht den Welterbetitel des Dresdner Elbtals wegen einer Brücke verspielt.
Verglichen mit dieser CDU ist jede Freiwillige Feuerwehr eine zielstrebige politische Organisation mit klarem Arbeitsprogramm und gesellschaftlichem Gestaltungsanspruch vor Ort.
Vor allem aber ist jede Freiwillige Feuerwehr nützlicher als diese CDU, die nicht mal eine anständige Förderung der Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren zustande bekommt!
Wir dagegen sind die wahre Volkspartei, weil wir im Unterschied zur CDU die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung vertreten.
Wir sind die Partei der sozialen Gerechtigkeit, die Partei des Friedens und der Demokratisierung der Gesellschaft!
Wir sind die Partei, die gegen jede Form des Faschismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewaltverherrlichung in der Gesellschaft auf die Straße geht, dass lassen wir uns von niemand verbieten.
Wir werden uns immer gegen jeder Form der Kriminalisierung des friedlichen Wiederstandes gegen Nazis wehren.
Wir sind die Partei, die Politik nicht vom Reißbrett aus macht, sondern aus der Realität! Die im Elfenbeinturm, das sind die anderen – wir aber sind an der Seite der Menschen im Land.
Das hat uns stark gemacht, alles andere können wir getrost vergessen!
Liebe Genossinnen und Genossen,
unsere Erfolge waren nicht immer das Ergebnis unserer kühnen Strategien, unserer tollen Konzepte. Sie sind vielmehr das Resultat dessen, dass wir auf gesellschaftspolitische Ereignisse reagiert und auf ganz verschiedene praktische Weise unsere politischen Angebote dazu entwickelt haben.
„Kümmererpartei“ zu sein, war nie das Ergebnis eines 5- Jahres-Planes oder einer besonders klug ausgeheckten
Hinter-Zimmerstrategie.
Ich bin fest davon überzeugt: Eine linke, eine demokratisch-sozialistische Partei wird nur erfolgreich sein können, wenn sie tief in der Gesellschaft verwurzelt ist. Daran müssen wir tag-täglich arbeiten.
Die Probleme in Sachsen, im ganzen Osten, kennen wir zur Genüge, denn wir leben, arbeiten und lieben hier.
Wir versuchen als Partei darauf zu reagieren. Ob es uns gelingt, wird uns nur die Praxis zeigen.
Linke unterschiedlicher parteipolitischer Zugehörigkeit schlagen sich ja bisweilen mit Vorwürfen herum, nur Arzt am Krankenbett des Kapitalismus zu sein.
Manche bekennen sich auch bewusst zu dieser Rolle. Üblicherweise pflegt man Linke in dieser Rolle als Reformer zu bezeichnen, und diejenigen, die das kritisieren, als Fans revolutionärer Lösungen.
Die Partei DIE LINKE stellt sich der im Alltag nicht immer gesundheitsfördernden Herausforderung, diese beiden sich scheinbar widersprechenden Traditionslinien in einer Partei unter einen Hut zu bringen. Und nur dann, wenn wir dies tun – wenn wir unsere Gemeinsamkeiten in den Mittepunkt rücken, nur dann sind wir erfolgreich.
Wenn wir also nun mit dem „Dialog für Sachsen- Bewegung
kommt von links“ nach unserem Landesparteitag in die erste öffentliche Diskussionsphase treten, dann ist dies nicht nur eine Reaktion auf veränderte Anforderungen der Gesellschaft, sondern auch eine Reaktion auf veränderte Möglichkeiten, die wir als Partei haben.
Liebe Genossinnen und Genossen,
DIE LINKE steht innerhalb der nächsten 11 Monate vor der Aufgabe, nachhaltig zu beweisen, dass sie gesamtdeutsch erfolgreich ist, dass sie also in der ganzen Bundesrepublik in der Lage ist, als Interessenvertretung zu wirken.
In Erwägung dessen, dass wir LINKEN in Sachsen, dem bevölkerungsreichsten neuen Bundesland, einen großen Beitrag zum Wiedereinzug unserer Partei in den Bundestag leisten müssen hat der sogenannte „Kleine Landesparteitag“ im Juli Katja und André für Platz 1 und 2 der noch zu wählenden Landesliste zu den Bundestagswahlen vorgeschlagen.
Ich bin der Meinung, wir haben damit zwei unserer profiliertesten PolitikerInnen als sächsische Doppelspitze für die Bundestagswahl 2013 vorgeschlagen.
Beiden ist gemeinsam, dass sie ihre politischen Ideen und Konzepte aus der gesellschaftlichen Wirklichkeit heraus entwickeln und damit unserer größten Stärke, der Nähe zu den Sorgen, Problemen und Nöten der Menschen in diesem Land, glaubwürdig Ausdruck verleihen.
Beide unterscheidet, dass sie unterschiedliche Gruppen von Wählerinnen und Wählern ansprechen.
Insbesondere ihre Fähigkeit, in klarer Opposition zum neoliberalen Kurs politische Alternativen zu formulieren, lässt mich hoffen, dass sie einen erheblichen Beitrag dazu leisten werden, unserer Partei teilweise verloren gegangenes Vertrauen wieder zu erringen.
Ich freu mich schon jetzt auf den Wahlkampf mit den beiden sächsischen SpitzenpolitikerInnen.
Liebe Genossinnen und Genossen,
im Rahmen der vor uns liegenden Aufgabe, die LINKE wieder in den Bundestag zu bringen, sind wir in Sachsen nicht nur aufgefordert, zu zeigen, das ostdeutsche Interessen, oder, wer es so lieber formuliert haben möchte: die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung aus den neuen Bundesländern, von uns am besten vertreten werden. Wir müssen auch zeigen, dass sächsische Interessen im Bund und im Land selbst bei uns in guter Hand sind!
In den heute auf der Tagesordnung stehenden „Sozialpolitischen Leitlinien“ unseres Landesverbandes wird ziemlich deutlich, dass die soziale Lage der Menschen im Freistaat von bundespolitischen Entscheidungen wesentlich bestimmt wird. Die bevorstehende Bundestagswahl wird auch eine Entscheidung über die sozialpolitische Entwicklung dieses Landes werden.
Nehmen wir ein für Sachsen außerordentlich wichtiges Thema, nämlich die Rente – oder genauer: die Frage der Altersarmut. Zuerst ist es mir wichtig festzustellen, dass dieses Thema tatsächlich auch unter dem Motto der „Generationengerechtigkeit“ behandelt werden könnte, wenn auch ganz anders, als dies üblicherweise der Fall ist. Wenn nämlich das Rentenniveau auf 43% abgesenkt werden soll – bis zum Jahr 2030 – wen betrifft denn das?
Das betrifft ganz konkret die Menschen die heute um die 40, 50 Jahre alt sind! Und natürlich auch die jüngeren!
Es ist ein unglaublich demagogisches Argument, die verschiedenen Generationen gegeneinander auszuspielen und damit im Kern dafür zu sorgen, dass eines sehr grundsätzlich in Frage gestellt wird: Die Solidarität und der gesellschaftliche Zusammenhalt.
Die Entwicklung der letzten Monate zeigt, dass die Zahl der Befürworter der unseligen Schröderschen „Agenda 2010“ bei SPD und GRÜNEN bröckelt – und das ist gut so!
Meine Erfahrung ist: Viel überzeugender, als den Menschen ins Ohr zu brüllen, ist es, mit ihnen zu reden und ihnen zuzuhören! Nicht mit den Beschlusslagen der Partei in der Hand zu agitieren, sondern bereit sein, auch selber lernen zu wollen.
Sind wir die klügsten Leute mit den besten Ideen und großartigsten Angeboten?
Sind wir die, die jeden Gedanken schon bis in die letzte Ecke ausgeleuchtet haben?
Wollen und sollten wir so auftreten?
Nein, bitte nicht – und daher habe wir in Anlehnung an ein Diskussionsforum der Parteivorsitzenden im Internet diesen Parteitag unter das Motto gestellt: „Fragend schreiten wir voran.“ Doch dieses Motto muss zukünftig eines unsere Wiederkennungsmerkmale in der sächsischen Parteienlandschaft werden.
Es wird ja immer gern über die „Tonalität“ des Auftretens einer Partei gesprochen, also darüber, welchen Eindruck man hinter bzw. neben den einzelnen Ideen und Konzepten vermittelt. Kommunikationskultur ist heute die politische Kernkompetenz. Das gilt für den Umgang mit der Bevölkerung, aber auch zwischen den Akteurinnen und Akteuren der eigenen bzw. verschiedenen Parteien.
Ich halte es deshalb für müßig darüber zu spekulieren, ob aus einer rot-rot-grünen Regierungsalternative am Ende ohnehin nichts werde, weil SPD oder GRÜNE im Zweifel lieber der CDU zum Weiterregieren verhülfen.
Ich glaube: Am Ende entscheiden Menschen, die miteinander können oder eben nicht. Und in der Politik können sie dann miteinander, wenn sie gemeinsame, spannende Projekte haben, die aus der Sicht aller Beteiligten Sinn machen. Dabei sollten kulturell bedingte Missverständnisse zwischen den potenziellen Partnerinnen und Partnern geduldig ausgeräumt werden.
Ein Beispiel: Unsere seit langem geführte Debatte zum Thema Privatschulen ja oder nein? Die einen machen es zur Glaubensfrage und sagen: es darf nur staatliche Schulen geben, die anderen sagen Privatschulen sind eine Form des Dualismus innerhalb der Bildungspolitik.
Klar sage ich auch: Wenn Privatschulen nur bzw. vor allem dem Gewinninteresse dienen sollen, dann bin ich sofort ein Gegner davon.
Was spricht aber dagegen, dass es öffentlich-demokratische frei zugängliche Schule für alle gibt, die natürlich vom Staat zu garantieren ist, aber nicht jede Schule muss vom Staat organisiert werden. Denn wichtiger ist doch der Bildungsinhalt. Bezüglich der Form sowie der Art und Weise, wie Wissen vermittelt wird, muss größtmögliche Freiheit herrschen. Der Staat gibt dazu die notwendigen Rahmenbedingungen vor.
Darüber werden wir ja vielleicht noch morgen in der Diskussion über die bildungspolitischen Leitlinien sprechen können. Am Beispiel unserer sozial- und bildungspolitischen Leitlinien wird auch zu erkennen sein, dass wir einen klaren Kompass bei unserer Politik in Sachsen haben:
Mit an erster Stelle steht die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen sächsischen Regionen. Der Freistaat muss seine soziale Verantwortung endlich wahrnehmen und darf nicht durch Aufgabenübertragung an die Kommunen Leistungsangebote nach jeweiliger Kassenlage vor Ort provozieren. Deshalb ist ein aus Landesmitteln finanzierter Soziallastenausgleich notwendig. Denn soziale Infrastruktur, insbesondere Kinderbetreuung und Schulbildung, medizinische Versorgung oder Altenpflege, muss für alle erreichbar sein.
Wir müssen endlich begreifen, dass vieles was aus welchem Grund auch immer dem Wettbewerb unterworfen worden ist, diesem wieder entzogen werden muss. Sei es das Gesundheitswesen, die Hochschulen, der Rettungsdienst oder das simple Mittagessen in der Kita oder der Schule.
Wir dürfen nicht nur mit der Zukunft dieses Land nicht Roulette spielen, schon gar nicht aber mit der Gesundheit unserer Kinder.
Wenn sogar der Rufer vom Weißen Hirsch die derzeitigen Verhältnisse so kritisch sieht, da kann ich mich der da aufgewachsen ist, wo aus der „Weißen Erdenzeche“ der Grundstoff für das weiße Gold gewonnen wurde, was der Ausdruck auch des Wohlstandes auf dem Weißen Hirsch war , nur noch anschließen.
Und vor allem die Schlussfolgerung ziehen:
Handeln ist angesagt, und dies jetzt.
Vielleicht sollten die, die berechtigterweise 1989 den Aufbruch in ein anderes Zeitalter eingeläutet haben, nicht den künftigen Beistand für die jetzt Regierenden abgeben. Sondern den Mut aufbringen – gerade mit uns zusammen — etwas Neues zu wagen.
Wir sollten auf jeden Fall den Mut haben, heute und morgen sozial- und bildungspolitische Leitlinien zu beschließen. Nicht als unveränderbares Dogma, sondern als Einladung zum Fach- und Bürgerdialog. Wir beschließen unser Idealbild von einem Bildungsland Sachsen, aber wir sind auch Realisten und wissen, eine Umsetzung ist nicht von jetzt auf gleich zu haben und schon gar nicht im vollen Umfang finanzierbar.
Was letztlich die Aufnahme ins Landeswahlprogramm findet, ist das Resultat eines offenen Prozesses.
Unser Ziel ist ein Politikwechsel in Sachsen. Je besser das Ergebnis der LINKEN, desto wahrscheinlicher ist es, dass der marode Tanker CDU endlich in die Werft der Oppositionsbänke geschickt wird. Das wäre aus sozialen und ökologischen Gründen ein Segen für Sachsen.
Herr Tillich feiert den neuen Block eines traditionellen Braunkohlekraftwerks mit der Versorgungskapazität für vier Millionen Haushalte – wie Erich Honecker einst seinen 1‑MB-Chip, der zum Zeitpunkt seiner Präsentation genau so überholt war wie die heutige Braunkohleverstromung. Wir brauchen keine zentralistischen Giganten in der Hand weniger Konzerne, die ganze Landschaften verspeisen, sondern den schrittweisen Übergang zu einer dezentralen Versorgung durch einen Energieträger-Mix mit klarem Trend Richtung Erneuerbare Energien! Das ist die Zukunft, die heute anfangen muss!
Auch wenn es in Sachsen unstrittig ist, dass wir die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung vertreten, gebietet es die Klugheit zu erkennen: Die Mehrheit der Bevölkerung sieht das bisher anders. Wir finden zwar in allen Umfragen bei allen wichtigen landes- und bundespolitischen Themen unter den Sächsinnen und Sachsen Mehrheiten für unsere Positionen. Aber ungeachtet dessen müssen LINKE, SPD und GRÜNE noch einiges tun, damit sie wenigstens zusammen einen ordentlichen Vorsprung vor CDU und FDP haben.
CDU und FDP sind unsere Gegner, SPD und GRÜNE Mitbewerber.
Fairer Umgang bedeutet: Jeder macht seine Hausaufgaben.
Jeder kehrt vor der eigenen Haustür und dann gibt es genügend Möglichkeiten, über Sachthemen zu einander zu finden.
Die CDU hat doch vor nichts mehr Angst, als vor uns wenn wir uns in Grundfragen der Entwicklung des Landes einig wären.
Ich glaube, die CDU fürchtet sich zu Recht. Denn die Zeit in Sachsen ist reif für eine neue Aufbruchshoffnung. Für eine gute Zukunft – mit sozialökologischen Initiativen von unten, aber ohne Staatspartei von oben.
Uwe Tellkamp sieht um uns herum – Zitat – „dunkle Windstille“.
Damit ist das politische Sachsen unter Tillich treffend auf den Punkt gebracht: Schwarze Politik und bewegungslose Erstarrung.
Da helfen nur Sonne und Wind, im wörtlichen wie übertragenen Sinne.
Zum Parteitag haben wir uns Sonnenschein bestellt, den Wind machen wir selbst. Und wenn wir die Verhältnisse mit unseren guten Ideen zum Tanzen bringen, dann ist er da: Der Sächsische Frühling!
Glück auf!