Eröffnungsrede der Veranstaltung zum 100. Geburtstag von Stefan Heym am 5. April in Chemnitz

Meine sehr geehrten Damen und Her­ren,
liebe Genossin­nen und Genossen,
liebe Fre­unde von guter Lit­er­atur und Musik!

Ich begrüße Sie ganz her­zlich hier im Kul­turkaufhaus Chem­nitz zu ein­er Ver­anstal­tung der Frak­tion DIE LINKE im Säch­sis­chen Land­tag, mit der wir an Ste­fan Heym erin­nern.

Ste­fan Heym — ein­er, der nie schwieg…

Und er hätte schweigen kön­nen, 1931, als Gym­nasi­ast, doch er veröf­fentlichte ein Gedicht gegen den Mil­i­taris­mus und wurde von der Schule ver­ban­nt.
Er hätte sich ein­richt­en kön­nen in den USA im Schutz vor den Nazis, doch er zog in den Krieg gegen die Nazis.
Er hätte sich zurück­hal­ten kön­nen 1945 als Jour­nal­ist im befre­it­en Deutsch­land, doch Heym machte keinen Hehl aus sein­er prosow­jetis­chen Ein­stel­lung und wurde in die USA zurück­be­ordert.
Er hätte sich dort eine Nis­che suchen kön­nen, aber ging, um unzen­siert schreiben zu kön­nen, zurück nach Europa, in die DDR.
Und auch da – keine Über­raschung mehr — eck­te er an, wie auch später in der BRD.
Ste­fan Heym hat sich immer eingemis­cht, war immer poli­tisch, hat nie geschwiegen, hat Schwierigkeit­en gemacht und Schwierigkeit­en bekom­men und blieb sich stets treu.
Mit der heuti­gen szenis­chen Lesung unter dem Titel: „Ein­er der nie schwieg…“ ehrt DIE LINKE. Sach­sen im Umfeld seines 100. Geburt­stages am 10. April 2013 den gebür­ti­gen Chem­nitzer Ste­fan Heym mit ein­er Lesung aus Essays, Kolum­nen, Gedicht­en und Geschicht­en von bzw. aus Doku­menten über und aus Inter­views mit Ste­fan Heym.
Im Zuge dieser Auf­tak­tver­anstal­tung zum Jubiläum­s­jahr in sein­er Geburtsstadt fol­gen Lesun­gen in anderen Städten nach:
wie Eisen­hüt­ten­stadt, Fürsten­walde, Erfurt, Erkn­er, Wan­dlitz, Frank­furt an der Oder, Eber­swalde und in Zehdenick in der Kloster­sche­une .
Und das war‘s bei Weit­em nicht:
Hier in Chem­nitz organ­isiert die Inter­na­tionale Ste­fan-Heym-Gesellschaft eine große Heym-Kon­ferenz, mit Friedrich Schor­lem­mer als Schirmher­ren.
Hör­funk- und Fernseh­pro­gramme in Deutsch­land, Öster­re­ich und der Schweiz würdi­gen ihn mit ein­er Rei­he von Sendun­gen; zu hören sein wer­den neue Pro­duk­tio­nen und sel­tene Auf­nah­men aus Archiv­en.

Nicht uner­wäh­nt bleiben sollen eine Ausstel­lung zu Heyms frühen Veröf­fentlichun­gen, eine Exkur­sion nach Schwarzen­berg; ein eigen­er Inter­net-Blog zum Heym-Jahr 2013 und zwei Neuer­schei­n­un­gen zur Leipziger Buchmesse:
• Eine Rei­he früher Gedichte des jun­gen Ste­fan Heym sind jet­zt erst­mals als Buch erhältlich. Unter dem Titel „Ich aber ging über die Gren­ze“ und eine Antholo­gie
• „Ich habe mich immer eingemis­cht. Erin­nerun­gen an Ste­fan Heym“, das Wort­mel­dun­gen von Kol­le­gen, Schaus­piel­ern und Poli­tik­ern enthält.
Des Weit­eren sollen Straßen und Plätze nach ihm benan­nt wer­den.
Als jemand der viele Jahre in Aue gewohnt und gelebt hat – also auf dem Ter­ri­to­ri­um der Freien Repub­lik Schwarzen­berg — drängt sich die Frage auf, wer­den wir – wir hier im Saal und wir, die heutige Gesellschaft – Ste­fan Heym damit gerecht?
Gebi­eten wir Ste­fan Heym heute die Ehrerbi­etung, die ihm 1994 im Bun­destag als Alter­spräsi­dent ver­weigert blieb?
Was hätte er wohl zu all dem gesagt? Ein­er der nie schwieg…?
Wahrschein­lich würde er uns wieder die Feuer­bach-These präsen­tieren:
In der Prax­is muss der Men­sch die Wahrheit, das heißt die Wirk­lichkeit und Macht, die Dies­seit­igkeit seines Denkens beweisen.“
Und anschließend hätte Heym die Frage stellen:
„Wie aber, wenn die Prax­is nicht stat­tfind­en durfte?“
Und selb­st darauf antworten:
„Dann ist ger­ade die Unter­drück­ung dieser Prax­is die eigentliche Prax­is. Und somit die entschei­dende Kri­tik an den The­o­rien.“.
Es gibt viele, viele Jahrestage, um einen Autor zu ehren. Ihn nicht zu vergessen, gibt es nur eine Möglichkeit: Seine Büch­er zu lesen.
Das wollen wir – meine Kol­legin­nen und Kol­le­gen aus Poli­tik und Kul­tur und ich – jet­zt, hier und heute begin­nen. An mein­er Seite ste­hen: Sabine Zim­mer­mann, Ursel Schmitz, Peter Sodann, André Hahn, Ste­fan Schweninger, Miko Runk­el und Volk­er Külow
Die dra­matur­gis­che Leitung der Lesung liegt in den Hän­den von Franz Sodann.
Den musikalis­ch­er Rah­men bilden Gedichte von Ste­fan Heym, ver­tont und gesun­gen vom Duo „Kleines Weltthe­ater Chem­nitz“ (Sabine Küh­n­rich & Lud­wig Streng).
Ich wün­sche Ihnen gute Unter­hal­tung.