Trotz Flut: Landtag treibt Verfahren zur Schuldenbremse voran
Der Sächsische Landtag hat seit Montag aufgrund der Flutkatastrophe und im Einvernehmen mit den jeweiligen Ausschuss-Vorsitzenden sämtliche Ausschuss-Anhörungen abgesagt. Dennoch hält Landtagspräsident Rößler (CDU) an der geplanten morgigen Anhörung zur Verfassungsänderung fest. Das ist weder nachvollziehbar noch angemessen.
Ich bin über so viel Instinktlosigkeit richtig sauer. Angesichts der Tatsache, dass tausende Menschen unseres Landes immer noch akut vom Hochwasser bedroht sind, der Hochwasserscheitel Dresden noch nicht mal erreicht hat und zahlreiche Einwohnerinnen und Einwohner aus bspw. Grimma oder Döbeln erneut vor den Trümmern ihre Häuser stehen, ist es schlicht unangemessen und höchst unsouverän, diese Anhörung gerade jetzt durchzuziehen. Zur ersten Lesung zur Verfassungsänderung am 8. Mai wurde zugesagt, dass es ein geordnetes Verfahren gäbe und es allen Abgeordneten möglich wäre, an der Anhörung teilzunehmen. Nicht nur mir müsste klar sein, dass z.B. Abgeordnete aus Riesa, Meißen oder Königstein jetzt besser ihren Kommunen beistehen, als nach Dresden zu reisen. Außerdem wird die allgemeine Öffentlichkeit durch die kurze Terminfrist und den noch unbekannten Ort der Anhörung nahezu ausgeschlossen. Wenn es den vier demokratischen Fraktionen, die die Ausgestaltung der Schuldenbremse verhandelt haben, mit ihrer Werbung auch um Stimmen der LINKEN zur Schuldenbremse ernst ist, sollten sie den Eindruck vermeiden, dass das Gesetz durchs Parlament gepeitscht werden soll. Dafür stehen wir nicht zur Verfügung.
Der Rechtsexperte der Linksfraktion, Klaus Bartl ergänzt: <!–more–>„Die geplante Expertenanhörung am Mittwoch sowie die für Donnerstag vorgesehene Behandlung des Gesetzentwurfes im Innenausschuss führt zu einem absehbar verfassungswidrigen Gesetz. Wenn die Landesverfassung Sachsens zum ersten Mal seit 21 Jahren geändert werden soll, muss umso mehr gewährleistet sein, dass alle mit der Gesetzesvorlage unmittelbar befassten und weitere interessierte Abgeordnete ungehindert und aktiv daran teilhaben können. Wenn nun, wie zurzeit der Fall, Abgeordnete in Katastrophen-Gebieten leben und durch Sperrungen und Evakuierungen nicht nach Dresden reisen können, ist ihr Recht auf aktive und gleichberechtigte Teilhabe beschnitten. Kommt das Gesetz dennoch zustande, können derart Betroffene es anfechten. Dass nicht gewährleistete gleiche Teilhabe am Prozess der Gesetzgebung zur Verfassungswidrigkeit des betreffenden Gesetzes führt, hat der Verfassungsgerichtshof zuletzt am 19. April 2011 in seinem Urteil zum Sächsischen Versammlungsgesetz festgestellt.“