Eröffnungsrede Landesseniorenkonferenz “Altersarmut: Situation — Perspektiven – Alternativen der LINKEN”
Sehr geehrte Damen und Herren,
Genossinnen und Genossen,
liebe Gäste,
wir haben uns am heutigen Tag ein wichtiges gesellschaftspolitisches Thema vorgenommen. Wir wollen über Strategien zur Armutsvermeidung diskutieren und wir von der Fraktion der LINKEN im Landtag und im Bundestag möchten dazu die Vorschläge der LINKEN vorstellen.
Vorab möchte ich feststellen. Die derzeitige Bundesregierung wird Ihr Wahlversprechen brechen, denn in dieser Wahlperiode, die im September zu Ende gehen wird, wird es keine Angleichung des Niveaus der Ost Renten an das der West-Renten mehr geben. Die Bundeskanzlerin ließ sich auf dem Deutschen Seniorentag in Leipzig vor 3 Jahren noch feiern, doch getan hat sie in der Frage nichts.
23 Jahre nach der deutschen Einheit wird die Arbeits- und Lebensleistung damit nach wie vor unterschiedlich bewertet.
Wir haben ein anders Verständnis von Würde und Leben im Alter.
Doch statt die wirklichen Ursachen von Altersarmut – Niedriglöhne, Lücken in der Erwerbsbiografie und das Absinken des Rentenniveaus – ernsthaft anzugehen, lässt die Regierung das Rentenniveau weiter sinken und verzichtet auf die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns.
Über Jahrzehnte hat es das deutsche Rentensystem geschafft, Altersarmut weitgehend zu verhindern. Jedoch: Ändern wir nichts, wird es zu einer massenhaften Wiederkehr von Altersarmut kommen. Seit der rot-grünen Bundesregierung setzt die Regierungspolitik auf schlechte Arbeit und Rentenkürzungen. Während die Unternehmen, Banken und Versicherungen profitieren, müssen die Beschäftigten die Rechnung zahlen. Einerseits mit Niedriglöhnen und unsicheren Jobs. Andererseits durch ein sinkendes Rentenniveau und die Anhebung des Rentenalters, die für viele eine weitere Form der Rentenkürzung in Form lebenslanger Abschläge bedeutet.
Bereits jetzt sinken die Renten der Neurentnerinnen und ‑rentner. Die durchschnittliche Erwerbsminderungsrente ist längst unter das Sozialhilfe-Niveau gesunken. Immer mehr Menschen sind auf Grundsicherung im Alter angewiesen.
Die Zahlen zeigen: Es ist höchste Zeit für einen rentenpolitischen Kurswechsel. Höchste Zeit für die Solidarische Mindestrente, wie wir sie als Partei DIE LINKE fordern. .
Das Rentenniveau muss wieder angehoben werden auf den Stand, bevor SPD und Grüne die Hand an ein Rentensystem gelegt haben, dass sich im Kern bewährt hatte.
Die Absenkung des Rentenniveaus war aber längst nicht die einzige Fehlentscheidung der vergangenen Jahre, die Altersarmut verursacht. Auch die schrittweise Einführung der Rente erst ab 67 ist ein Rentenkürzungsprogramm. Nicht einmal 10 Prozent der 64-Jährigen sind heute in Vollzeitbeschäftigung. Die Arbeitsmarkt-Deregulierung hat der Rente den Rest gegeben. Wir müssen rentenpolitisch endlich einen Neustart machen.
SPD und Grüne haben Anfang der 2000er Jahre eine fatale Rentenreform initiiert, die von Union und FDP fortgeführt wurde.
Schon im Jahr 2010 forderte DIE LINKE ein parteiübergreifendes Bündnis gegen Altersarmut und umfassende Maßnahmen gegen die aktuelle Rentenmisere und die nahende Rentenkatastrophe.
Nun sind die beunruhigenden Zahlen endlich auch in das Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit gedrungen. Für halbherzige Reformversuche ist keine Zeit mehr.
Wir brauchen ein höheres Lohnniveau, durchgesetzt mit einem gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn und z.B. das Beenden der Lohndumpingstrategien. Denn gute Löhne sind eine Grundvoraussetzung für gute Renten.
Wir brauchen wieder ein höheres Rentenniveau. Und alle, die sie brauchen, müssen sofort und ohne unüberwindbare Hürden Zugang zu einer steuerfinanzierten Solidarischen Mindestrente von 1.050 EUR netto bekommen.
Immer mehr Menschen müssen nach dem Erreichen des Rentenalters weiter arbeiten.
Sowohl bei den über 65-Jährigen, die einem Minijob nachgehen, als auch bei denen, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, hat es in den letzten Jahren einen deutlichen Anstieg gegeben.
Gingen Ende 2003 bundesweit 595.433 über 65-Jährige einem Minijob nach, waren es Ende September 2012 schon 812.355, ein Anstieg um über ein Drittel. Darunter befinden sich sogar 128.146 über 74-Jährige, die einem Minijob nachgehen. 2003 waren es erst 77.081. Aber auch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung über 65-Jähriger ist bundesweit deutlich angestiegen, von 109.342 Personen Ende 2003 auf 170.670 im September 2012.
Der weitaus überwiegende Teil der älteren Menschen dürfte nicht zum Spaß und Zeitvertreib nach Erreichen des Rentenalters weiter arbeiten, sondern aus purer finanzieller Not.
Die Zahlen belegen vielmehr, dass immer mehr Menschen von Altersarmut betroffen sind. Anstatt ihren Ruhestand zu genießen und den Lebensunterhalt aus der gesetzlichen Rente oder Pension zu bestreiten, arbeiten ältere Menschen zunehmend über die gesetzliche Altersgrenze hinaus, um der Armut zu entfliehen.
Die Ausbreitung von Niedriglöhnen und prekärer Beschäftigung, die der Altersarmut Vorschub leistet, muss gestoppt werden. Ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn als Haltelinie nach unten ist mehr als überfällig. Auch muss endlich die Anhebung des Rentenwertes Ost auf Westniveau erfolgen. Über 20 Jahre nach der Deutschen Einheit ist dieser Unterschied durch nichts mehr zu rechtfertigen.
Zusammengefasst unsere Vorschläge
Für die Fraktion DIE LINKE beginnt eine gute Rente am Arbeitsmarkt. Daher fordern wir gute Arbeit und gute Löhne als notwendige Voraussetzung für ein gutes Leben schon vor der Rente. Darauf aufbauend bedeutet gute Rente:
• den Menschen im Alter zu ermöglichen, ihren Lebensstandard aufrecht zu erhalten und ihnen die Teilhabe an der Wohlstandentwicklung zu ermöglichen, ohne dass sie auf private Vorsorge angewiesen sind.
• Wer Kinder erzieht, Angehörige pflegt oder erwerbslos ist, ist in der solidarischen Rentenversicherung abzusichern, und Zeiten niedriger Löhne oder einer Ausbildung werden mit der Kraft der Solidargemeinschaft aufgewertet,
• alle Erwerbstätigen sind in einer Rentenversicherung pflichtversichert, egal ob es Beamte, Abgeordnete, Selbstständige oder abhängig Beschäftigte sind und
• unsere solidarische Mindestrente von 900 Euro netto, die schrittweise auf 1.050 Euro angehoben würde, gewährleistet, dass niemand im Alter in Armut leben muss.
Damit ist die Seniorenpolitische Konferenz der Fraktion DIER LINKE eröffnet und ich wünsche Euch und Ihnen einen erfolgreichen Tag.