Kreisparteitag der LINKEN in Westsachsen am 29. Juni 2013 in Bennewitz

DIE LINKE hat in Sach­sen erst­ma­lig bei ein­er Wahl im Jahre 2009 prozen­tuale Stim­men ver­loren (abso­lut schon auch bei Bun­destagswahlen) Meine Frage lautete, als ich mich 2009 zur Wahl als Lan­desvor­sitzen­der gestellt habe: Woran lag es? Und woran liegt es, dass wir die CDU in Sach­sen seit vie­len Jahren kri­tisieren und sie trotz­dem von vie­len Sach­sen immer wieder in Regierungsver­ant­wor­tung gewählt wird? Ich habe (hat­te) fol­gende Antworten: (keine Rang und Rei­hen­folge) 1. Wir waren nicht mehr — aus­re­ichend — glaub­würdig. Im Jahr 2004 hat­ten wir mit dem dama­li­gen ALEKSA noch die Fähigkeit, dem immer wieder for­mulierten Gestal­tungsanspruch der PDS für Sach­sen auch eine entsprechende Form zu geben: Wir unter­set­zten unsere Worte mit Konzepten und Ideen. Denn wer ein Land gestal­ten will, kann WEDER dabei ste­hen bleiben, ein­fach nur die Regieren­den zu kri­tisieren NOCH alles Wün­schbare hin­tere­inan­der auf den Zettel zu schreiben UND ERST RECHT NICHT auf ein­er grund­sät­zlichen Gesellschaft­skri­tik verharren.<!–more–>

Um nicht falsch ver­standen zu wer­den — was ja in unser­er Partei manch­mal dur­chaus absichtsvoll passiert — Natür­lich brauchen wir grund­sät­zliche Gesellschaft­skri­tik genau­so, wie die Kri­tik an den Regieren­den und eine Ver­ständi­gung darüber, was alles wün­schbar sein kann in diesem Freis­taat. Wer aber GLAUBWÜRDIG sein will, muss vor allem zwei Aspek­ten entsprechen: Er muss die Prob­leme tre­f­fen, die den Leuten im Land wichtig sind, unseren poten­tiellen Wäh­lerin­nen und Wäh­lern und er muss das mit Lösungsange­boten unter­set­zen, von denen die Leute sagen: Ja, das kön­nte klap­pen. Glaub­würdigkeit heißt also auch, Rang- und Rei­hen­fol­gen festzule­gen, heißt, nicht so zu tun, als wäre Geld unendlich da, son­dern eben nur in einem bes­timmten Maße und heißt, auch nicht den Ein­druck zu erweck­en, alles anders zu machen und umzukip­pen, son­dern maßvoll im Verän­derungsanspruch zu sein. Für eine glaub­würdi­ge Lan­despoli­tik sind wir wieder auf einem guten Weg, aber erst mal weit­er in der Analyse eine zweite Antwort lautete:

2. Die Zeit des: Wir gegen alle ist vor­bei! — und darin standen die neuen Bun­deslän­der dur­chaus in ein­er anderen Sit­u­a­tion, als die Bun­despartei. In Thürin­gen, Sach­sen-Anhalt, Bran­den­burg und Meck­len­burg-Vor­pom­mern wur­den mit sehr großem Erfolg Regierungswahlkämpfe geführt — unab­hängig davon, ob am Ende auch so eine Regierung her­auskam. Und zwar wur­den Regierungswahlkämpfe geführt nicht mit dem Anspruch, irgend­wie eine absolute Mehrheit zu erre­ichen, son­dern als Koali­tion­spart­ner in eine Regierung einzutreten. Das haben die Leute anerkan­nt und uns dort wirk­lich gute Wahlergeb­nisse gebracht. Die Bun­despartei musste notwendi­ger Weise auf eine andere Karte set­zen: die find­et sich in der immer wiederkehren­den For­mulierung: “die Linke ist die einzige Partei…” die für dies und gegen alle anderen ste­ht. Jeden­falls ist es inzwis­chen so, dass unsere Wäh­lerin­nen und Wäh­ler in ihrer großen Mehrheit von uns erwarten, dass wir unsere Ide­ale in Poli­tik über­set­zen und unsere Kri­tik in Konzepte, wie es anders geht. Sie wollen, dass wir den Satz “Eine andere Welt ist möglich!” auch prak­tisch unter­set­zen — und das wird auch kein ander­er für uns tun. Und genau dafür müssen wir eben auch bere­it sein, Part­ner zu suchen und zu find­en, was zwin­gend mit Kom­pro­mis­sen ver­bun­den ist.

3. Das Wäh­lerIn­nen­klien­tel verän­dert sich. Inzwis­chen ist seit 1989 fast ein Viertel­jahrhun­dert ver­gan­gen. Jedes Jahr treten über 30 Tausend Men­schen ins Erwach­se­nenal­ter ein und wer­den zu poten­tiellen Wäh­lerIn­nen. Die Gen­er­a­tion, die die DDR nur noch aus dem Kinder­garten ken­nt, ist inzwis­chen 30 Jahre alt — die sind also nicht mehr in der Schule, in der Lehre oder im Studi­um, son­dern ste­hen Mit­ten im Leben! Und viele, so viele, die zum Beispiel ihr ganzes Arbeit­sleben in der DDR ver­bracht­en, sind inzwis­chen von uns gegan­gen. Ein Men­sch, der um die 50 ist — so wie ich — hat inzwis­chen die Hälfte seines Lebens in der BRD ver­bracht. Und alle dies sind ja nur ein paar Zahlen, auf deren Grund­lage klar wird, wie viel Zeit schon ver­gan­gen ist, unter der die Men­schen ganz anders geprägt wur­den, ganz anders han­deln — und han­deln müssen, arbeit­en und ler­nen — und dementsprechend andere Ziele und Werte haben, als es kurz nach der Wende der Fall war. Wenn wir den marx­is­tis­chen Satz, dass das gesellschaftliche Sein das Bewusst­sein prägt, ernst nehmen, dann ist es ganz notwendig so, dass unsere Wäh­lerk­lien­tel kaum noch ver­gle­ich­bar ist mit der der frühen Neun­ziger. Ganz neben­bei: nicht nur unsere Wäh­lerk­lien­tel verän­dert sich, son­dern auch unsere Partei. Ich mache das mal wieder mit ein paar Zahlen, weil an Hand dieser sehr viel deut­lich wird. Noch 1998/99 waren wir ca 25 Tausend Genossin­nen und Genossen, von denen sehr viele zwar schon im Rentenal­ter waren, aber den­noch eine große Zahl mit­ten im gesellschaftlichen Leben stand. In diesem Jahr sind wir ins­ge­samt nicht mal mehr zehn­tausend und in vie­len Ortsver­bän­den ist die Lage so, dass sich die Genossin­nen vor allem noch zur Mit­gliederver­samm­lung tre­f­fen. Das ist wichtig und notwendig und ich bin jedem Parteim­it­glied dankbar, dass sich nach seinen Fähigkeit­en, die natür­lich im höheren Alter andere sind, als bei einem Jungspund wie mir — aber wir müssen fest­stellen, dass wir als Partei gar nicht mehr die Kraft haben, ein­fach aus unser­er Mit­glied­schaft, aus unser­er ehre­namtlichen Ver­ankerung, das selbe zu leis­ten, wie in den Neun­zigern. Neben der Verän­derung unser­er Wäh­ler­schaft verän­dert sich auch die Partei — und das erfordert verän­derte Meth­o­d­en, anson­sten gehen die weni­gen, die die Kreis- und Ortsver­band­sar­beit stem­men, bald auf dem Zah­n­fleisch. Deswe­gen ist es auch so wichtig, dass Ihr ver­sucht neue Wege zu gehen, ger­ade mit der Befra­gung der Sit­u­a­tion der Men­schen im ländlichen Raum Es ist aber auch wichtig, jeman­den wie Axel zu haben der für die Idee mit ein­er Lan­des­gruppe der MdBs ganz toll bren­nt – Region­al­isierung vorantreibt, damit wir weit­er­hin in der Fläche präsent sind. Weil es sind nicht die pri­vat­en Ressourcen der Man­dat­strägerIn­nen, son­dern sie haben ihr Man­dat in der Regel durch den uner­müdlichen Ein­satz der viel tausend ehre­namtliche erre­icht. 4. Unser Anspruch: Wir laden als stärk­ste Oppo­si­tionkraft die andern (also SPD und Grüne) ein, ist unangemessen (Zitat von der Frak­tion­schefin Her­me­nau: Das Nationale Front Getue ihres Her­rn Hahn ging mir auf den Geist.) Natür­lich ist es so, dass wir die zweit­stärk­ste Partei in Sach­sen seit nun fast 15 Jahren sind — und dass wir auch den Anspruch haben, nicht hin­ter eine andere Partei bei den Wahlergeb­nis­sen zurück zu fall­en. Aber wer Part­ner gewin­nen will, wird dies schw­er­lich kön­nen, wenn er ein­fach nur auf dicke Hose macht. Denn am Ende müssen wir in part­ner­schaftlichen Prozessen nicht nur Stärke beweisen, son­dern vor allem Kom­pe­tenz. Es geht näm­lich um einen Wettstre­it der Konzepte und Ideen — und dafür nützt es gar nichts, immer und immer wieder zu beto­nen, dass man ja mehr Stim­men hätte. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wenn wir dauer­haft zeigen, dass wir die Inter­essen der Men­schen in diesem Land bess­er vertreten, also bessere Poli­tik machen, DANN behal­ten wir auch das MEHR an Stim­men.

5. Wir haben gesagt wir wollen regieren. Ich denke, dies hat noch nicht mal der Spitzenkan­di­dat verkör­pert und geglaubt. Das bedeutet, die Hal­tung, die wir als Partei — und zwar von der Spitzenkan­di­datIn bis zur WahlkämpferIn — die Hal­tung, die wir ausstrahlen müssen, muss zeigen: Wir kön­nen das, wir wollen das und wir wer­den das auch tun!

Das klappt natür­lich nicht ein­fach per Beschluss. son­dern darauf müssen Partei und Frak­tion vor­bere­it­et sein und vor­bere­it­en. Wir müssen von unseren Konzepten zuerst uns selb­st überzeu­gen: also nicht leicht­fer­tig all das, was wir gerne und immer wieder beschließen, kon­se­quent abzuk­lopfen: Wie wichtig ist das, was hat das Pri­mat, in welch­er Rei­hen­folge gehen wir vor, was lösen wir zuerst und was später — und ist es nicht nur eine Forderung, die dann geht, wenn das Geld mit dem Hub­schrauber aus­geschüt­tet wird. Ja, und wenn dies uns klar ist: müssen wir immer noch schauen, ob wir uns und die Men­schen im Land für eine Verän­derung auch begeis­tern kön­nen — ohne ein Min­dest­maß an Begeis­terung geht kaum etwas. Im Übri­gen: in einem Kli­ma der Angst ist es nor­maler­weise beson­ders schw­er, so etwas wie Begeis­terung zu erzeu­gen. Wenn den Leuten der Arsch auf Grun­deis geht angesichts der weltweit­en Finanz — und Wirtschaft­skrise, die in vie­len Län­dern Europas auch eine ganz erhe­bliche soziale Krise ist — dann sind die Voraus­set­zun­gen für einen Wech­sel, für Begeis­terung dafür eher begren­zt. Und das aus­gerech­net Angela Merkels CDU — die Merkelu­nion — momen­tan bei ca 40 % ste­ht, ist unter anderem auch damit begrün­det — zum einen natür­lich ein “auf Num­mer sich­er gehen” und zum anderen aber auch mit den poli­tis­chen Botschaften, die Merkel abgibt. Nun will ich da nicht von einem Linksruck der Union sprechen, das wäre albern — aber auch die Union the­ma­tisiert soziale Prob­leme auf ihre Weise — da sind keine Dummköpfe am Werk.

Lenin hätte jet­zt gefragt: „Was tun?“ Meine These war und ist: Wir müssen uns verän­dern! – Nicht zu ver­wech­seln mit anpassen Daraus fol­gt: 1. Wir reden auf gle­ich­er Augen­höhe mit den anderen zwei demokratis­chen Oppo­si­tions­frak­tio­nen und Parteien. (Mir hat man vorge­wor­fen ich würde mich auf das Niveau der zwei anderen begeben wollen) Das heißt, wir reden über Inhalte und Konzepte, über Poli­tik. Und wir reden nicht darüber wer mehr hat und wer nicht. Damit fall­en auch alle Rechen­spielchen weg, dass kön­nen wir get­rost lassen. Denn wir wollen das Land verän­dern — darüber reden wir. Und wenn wir das zeigen, wer­den uns die Leute dafür auch wählen. Und im Übri­gen: nur so bekom­men wir genü­gend Druck auf SPD und Grüne aus­gebt: näm­lich in der Sache, in der Poli­tik! Denn gute Ideen kön­nen in Sach­sen nicht mehr mit der CDU umge­set­zt wer­den, diese Partei ist aus­ge­bran­nt. Wir müssen es zum Prob­lem für SPD und Grüne machen, dass sie sich gerne klammheim­lich zum Mit­be­wer­ber um die Part­ner­schaft zur CDU mit Grü­nen und FDP machen — das geht nur inhaltlich — jen­seits aller Zahlen. 2. Wir müssen unsere Kom­mu­nika­tion verän­dern: Sagen für was wir sind und nicht auss­chließlich woge­gen wir sind oder die anderen für ihr Tun kri­tisieren. („Dia­log für Sach­sen“) Und damit verän­dern wir auch unsere Methodik als Partei, wir ver­suchen uns darauf einzustellen, dass wir eben nicht mehr die ehre­namtliche Stärke haben. Wir müssen pro­fes­sioneller sein und kon­se­quenter, wir müssen jedes Gespräch, jede Öffentlichkeit effek­tiv nutzen, um unsere Poli­tik zu verbessern. Und wir müssen prak­tisch zuhören — mehr als die andern, bess­er als die andern und mit Kon­se­quen­zen für unsere poli­tis­chen Ange­bote. 3. Wir müssen uns eigenes poli­tis­ches Pro­fil schär­fen. Ja, wir sind die Partei der sozialen Gerechtigkeit aber wir sind nicht nur für die sozial Schwachen da. Deswe­gen habe ich meine erste Tour als Frak­tionsvor­sitzen­der im Früh­jahr diesem Jahres Unternehmen gewid­met, war z.B. bei Solar-Word, Litec, aber auch bei ein­er Reini­gungs­fir­ma, einem Recy­cling-Unternehmen oder auch nur Gespräche mit Unternehms­ber­atern. Wir sind also die Partei, die das Leben im Land für alle bess­er macht. Ja, und da geht es natür­lich auch um die soge­nan­nte Mit­telschicht, um gut aus­ge­bildete Men­schen, die manch­mal sog­ar gute Jobs haben. Wir machen Sach­sen bess­er für die Mehrheit der Men­schen — und dies geht auch nur MIT der Mehrheit der Men­schen. Diese Mehrheit aber ist nicht homogen, keine geschlossene Gruppe. Hier haben wir eine Inter­essen­vielfalt, der man nicht vere­in­fachend begeg­nen darf. Wer wirk­lich zeigt, dass er zuhört, zuhören kann und will — der darf danach nicht über einen Kamm scheren. Im Übri­gen: wir haben die Leute dazu, dies zu zeigen. Wenn ich mir eure Abge­ord­neten oder Bürg­er­meis­ter im Kreis anschaue und auch die Genossin­nen, die hier das Parteiak­tiv bilden — dann ist sehr gut zu sehen: Wir kön­nen das! 4. Wir müssen unsere Arbeit­skon­tak­te zu den anderen erweit­ern und Auf­bauen. Wir brauen Wis­sen über die anderen und Grund­ver­trauen. (SPD und GRÜNE) 2010 hat Lich­di als erster GRÜNER auf einem Lan­desparteitag gesprochen, 2012 in Chem­nitz war der SPD-Gen­er­al und die Frak­tionsvor­sitzende der GRÜNEN Her­me­nau da und sie hat jet­zt erst­ma­lig bei ein­er Partei-Region­al-Kon­ferenz gesprochen zur Ver­fas­sungs­de­bat­te.

Stich­wort Ver­fas­sungs­de­bat­te.: Ich will nicht über den Inhalt reden, son­dern über die Bedeu­tung dieser Debat­te. CDU wollte uns nicht (SPD und vor allem die GRÜNEN) haben darauf bestanden Was wurde erre­icht? (keine inhaltliche Bew­er­tung) Wir haben über­rascht, weil wir nicht aus­gestiegen sind. (CDU) Wir sind als ser­iöse Part­ner wahrgenom­men wor­den, die zu ihrem Wort ste­hen. (CDU, SPD und GRÜNE) Wir haben inhaltlich­es Pro­fil erlangt bzw. haben etwas was wir seit vie­len Jahren tun in prak­tis­che Poli­tik umge­set­zt – erst­ma­lig im Übri­gen. Daraus ent­standen plöt­zlich unsere Kon­flik­te – nicht nur mit der Bun­despartei, son­dern in der Frak­tion und der Lan­despartei. Was bedeutet eigentlich Ver­ant­wor­tung in der Poli­tik? Was bedeutet es wenn meine Forderun­gen plöt­zlich Real­ität wer­den? Ich will mit ein­er Umfrage des PVs enden, welch­er vor der let­zten Nieder­sach­sen­wahl Men­schen gefragt hat, was sie von LINKER – Poli­tik erwarten und da haben die Men­schen mehrheitlich fol­gende Aus­sagen getrof­fen: — das Vertreten von Ide­alen, aber nicht von Ide­olo­gie — das Ange­bot mach­bar­er, prag­ma­tis­ch­er Konzepte, die umset­zbar sind — die Fähigkeit Kom­pro­misse einzuge­hen, um wichtige Ziele zu erre­ichen

Ich glaube, wenn das Men­schen in Nieder­sach­sen von ein­er LINKEN erwarten, dann erwarten sie dies auch in Sach­sen und darauf muss sich unsere Partei ein­stellen, das ist das Bohren von dick­en Bret­tern, da gibt es Rückschläge, da wird es viele Rei­bun­gen geben und es bedeutet viel Kom­mu­nika­tion, sehr viel Kom­mu­nika­tion.