Rede Kita-Demo in Leipzig am 1. August 2013
„Mein Kind braucht einen Kita-Platz!“ – genau dieser einfache Satz, der heute das Motto dieser Demonstration ist – diese klare und berechtigte Forderung – beschreibt ein Problem, dass nicht weiter ausgesessen werden darf. Ausreichend viele und ausreichend gute Kita – Plätze, dass ist die Aufgabe, die nicht irgendwann, sondern eigentlich ab heute jedem einjährigen Kind zusteht. Aber dem ist nicht so, vor allem hier in Leipzig nicht. Ich weiß aus eigner Erfahrung, als Vater einer dreijährigen Tochter und meinen seit Sonnabend einjährigen Zwillinge wie unwahrscheinlich schwierig, nervenaufreibend und frustrierend es ist, wenn man als Bettlerin oder Bettler in Einrichtungen vorsprechen muss. Vertröstet wird und dann immer wieder sich Absagen einfangen muss. <!–more–>
Vielleicht hat Dresden in den letzten zwei Jahren etwas mehr getan, als Leipzig, jedoch kenne ich auch in Dresden Eltern die vor genau denselben Problemen stehen, wie Sie hier in Leipzig.
Auch über unsere beiden großen Städte hinaus ist zu sehen: der Kita- Mangel ist flächendeckend: hier in Sachsen und im ganzen Land.
Und genau deshalb ist es nicht zu akzeptieren, dass der schwarze Peter nun zwischen Kommunen, Land und Bund hin- und hergeschoben wird.
Mit der Verantwortung ist es nämlich genauso, wie mit unseren Kindern: die gibt es nur als eine ganze — und nicht als halbierte oder gedrittelte. Denn unsere Kinder sind vor allem keine Zahl in einer Statistik oder eine Punkt in einem Balkendiagramm – sondern jetzt und hier lebende Menschen mit jetzt und hier zu erfüllenden Bedürfnissen!
Es ist ja nun auch nicht so, dass die Situation, vor der wir stehen, irgendwie über Nacht eingetreten ist! Unsere Kinder sind ja nicht vom Himmel gefallen – wenn ich mich recht erinnere – und auch die Gesetzeslage ist nicht per Dekret vor ein paar Tagen geändert worden.
Und dass Eltern — nicht nur hier in Leipzig — in weit überwiegendem Maß Kindereinrichtungen deutlich besser und für unsere Kinder angemessener finden, als die Tagespflege — auch das kann man wissen! Das kann man nämlich dann wissen, wenn man die Eltern fragt. Und wenn man auch das nicht tut, dann muss man es spätestens dann wissen, wenn diese Eltern, nämlich wir alle hier auf diesem Platz, auch ungefragt sehr deutlich aussprechen. Wir brauchen mehr gute Kitaplätze.
Leipzig hat jahrelang insbesondere in den neunziger Jahren Kindereinrichtungen zurückgebaut. Dem Ansteigen der Geburtenzahlen seit 1996 (also inzwischen 17 Jahren!) wurde dann jedoch genauso wenig entsprochen wie nicht darauf reagiert wurde, dass die Bevölkerungsentwicklung sehr deutlich nach oben von der Prognose abgewichen ist. Wer aber eine Stadtgesellschaft vom Papier und vom Schreibtisch aus macht, der regiert an den Bedürfnissen vorbei. Und diese Bedürfnisse bestehen eben nicht in der Tagespflege, sondern in gut ausgestatten Kitas. Da gehören dann ausreichend viele, gut ausgebildete und gut bezahlte Erzieher und Erzieherinnen zwingend dazu.
Wer die in Sonntags- und Feiertagsreden so oft gebrauchte Formel, dass die Kinder unsere Zukunft seien, ernst nimmt und nicht nur als wohltönende Rhetorik verwendet, der muss alles daran setzen, dass die Rahmenbedingungen stimmen, unter denen sie aufwachsen.
Wir LINKEN im Land, aber auch vor allem die LINKE-Fraktion hier im Leipziger Stadtrat unterstützen deshalb die Forderungen nach einer Absenkung des Betreuungsschlüssels, nach mehr Betreuungsplätzen, besserer Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher und auch die darüber hinausgehenden Aspekte und dies nicht zu Lasten der Kommunen.
Als Fraktionsvorsitzender der LINKEN im Sächsischen Landtag will ich aber nicht vergessen, vor allem an eines zu erinnern: Der Freistaat Sachsen steht ganz vorn in der Verantwortung dafür, die Städte und Gemeinden auch finanziell so auszustatten, dass diese ihre Aufgaben erfüllen können. Die von der CDU gern behaupteten „solide Finanzen“ in Sachsen sind ja unter anderem das Ergebnis dessen, dass die Landesregierung die Kommunen ausbluten lässt und das nun schon seit Jahren.
Wir wollen, dass die Kita-Pauschale auf 2400 Euro erhöht wird – und damit wird auch die Stadt Leipzig seine Pflichten unseren Kindern gegenüber nachkommen können. Und ja, dass Geld dafür ist auch da, man muss es nur für das richtige ausgeben.
Und zum Schluss noch ein kleiner Gruß an die Bundesregierung: Leute, lasst den Unsinn mit dem Betreuungsgeld. Nehmt die 1,2 Milliarden Euro und gebt sie dafür aus, wo es wirklich hilft. Und das ist der Kita-Ausbau, dann klappt’s auch mit der Einhaltung von Gesetzen!
Glück auf!