Verabschiedungsrede aus dem Landtag für André Hahn
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
lieber André,
Du hast die sächsische Landespolitik fast 23 Jahre lang mitgeprägt. Knapp vier Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter der damaligen Fraktion Linke Liste / PDS, beinahe 19 Jahre als Abgeordneter. Mehr als ein Jahrzehnt lang warst Du bildungs- und sportpolitischer Sprecher, zwölf Jahre Parlamentarischer Geschäftsführer, fünf Jahre Fraktionsvorsitzender und schließlich innenpolitischer Sprecher. In all diesen Funktionen hast Du Markenzeichen linker Politik gesetzt.
Deine letzte Rede im Landtag war die Begründung unseres Gesetzentwurfes zur Sicherung von Schulstandorten im ländlichen Raum – damit schloss sich in geradezu idealtypischer Weise der Kreis Deines Wirkens im sächsischen Parlament, war doch auch Deine allererste Landtagsrede bildungspolitischer Natur. Das wichtigste landespolitische Thema hat Dir also die gesamte Zeit sehr am Herzen gelegen.
Wer aber denkt, dass Deine 18 Jahre im Landtagspräsidium die am längsten ausgeübte Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Sächsischen Landtag gewesen ist, der irrt.
Denn schon 1992 begann Deine Ära als aktives Mitglied der Fußballmannschaft FC Landtag. Du warst nicht nur 1. Vizepräsident, sondern langjähriger Kapitän und Torschützenkönig.
In 114 Großfeldspielen für den FC Landtag hast Du 116 Treffer erzielt, wie „Bild“, die in punkto Sport vielleicht ambitionierteste Tageszeitung, auszurechnen vermochte.
Du selbst hast in Deiner Landtags-Abschiedsrede darauf verwiesen, dass dies nicht selten nach Vorlagen aus der CDU geschah. Das wiederum war doch recht untypisch für das tatsächliche Landtagsleben.
Denn in die Landesgeschichte eingegangen bist Du nicht zuletzt mit manch rekordverdächtigem Frage-Marathon in Untersuchungsausschüssen.
Du hast damit nicht zuletzt Kurt Biedenkopf in die Nähe des Nervenzusammenbruchs gebracht.
Du hast in vielen Stunden nächtlichen Aktenstudiums so manche Schwachstelle der Mächtigen im Freistaat entdeckt.
Du warst Mitglied in vier Untersuchungsausschüssen und hast dabei auch als Ausschussvorsitzender gewirkt.
Von historischer Tragweise ist Deine Arbeit in der Parlamentarischen Kontrollkommission gewesen, in die Du 1996 im achten (!) Wahlgang gewählt wurdest.
Damit warst Du der deutschlandweit erste PDS-Abgeordneter in einem Kontrollgremium für den Geheimdienst – dass das damals für viele nicht nur im Sächsischen Landtag ein Tabubruch war, zeigt die schier endlose seinerzeitige Wahlprozedur.
Nicht zuletzt hat aber Dein über Parteigrenzen hin respektiertes Wirken auch in diesem Gremium dazu beigetragen, dass DIE LINKE den Status des „Schmuddelkindes“ abgelegt hat und zu einem anerkannten Bestandteil des demokratischen politischen Spektrums geworden ist.
Es freut uns natürlich besonders, dass Du Dich nun an die Fersen der ganz großen Geheimdienste heften willst und sicher auch im Deutschen Bundestag einen guten Job als Geheimdienst-Kontrolleur machen wirst, ehe sie endlich abgeschafft werden!
Auch Dein Übergang vom FC Landtag in den FC Bundestag scheint nahtlos gelungen zu sein, und Deine erste sportpolitische Pressemitteilung war ebenso schon zu vernehmen. Alles spricht also dafür, dass Deine Integration an neuer Wirkungsstätte bereits geglückt ist.
André, Du kamst 1991 von Berlin nach Sachsen, und nun gehst Du als „Sachse“ wieder nach Berlin – in den Deutschen Bundestag. Wir haben mit Dir ein gelungenes Beispiel für erfolgreiche Integration in Sachsen – der „Rote Hahn“ wurde zum einheimischen Symbol selbstbewusster Opposition über die Sächsische Schweiz hinaus. Dass Dein Newsletter als Bundestagsabgeordneter diesen Namen trägt, gefällt mir besonders gut.
So vielfältig wie Dein politisches Wirken ist auch Deine berufliche Laufbahn:
Gelernter Schriftsetzer bist Du,
Lehrer für Deutsch und Geschichte und nicht zuletzt Politikwissenschaftler, der zum Runden Tisch promoviert hat.
Du verfügst also als Mann des Wortes einerseits über die praktische Bodenhaftung, andererseits über erprobte Visionen für eine Weiterentwicklung der Demokratie in Deutschland, deren Verbesserungsbedürftigkeit wohl unbestritten ist.
In hunderte Redebeiträgen im Landtag hast Du für eine bessere Welt – zumindest aber für ein besseres Sachsen — gestritten, nun sei der Bundestag Deine Bühne, wobei ich davon ausgehe, dass Du auch weiterhin hinter den Kulissen vielen Menschen innerhalb und außerhalb des Parlaments mit Rat und Tat zur Seite stehst.
Ich bin davon überzeugt, dass wir weiterhin viel von Dir hören werden und die Menschen in Sachsen von Dir in Berlin gut vertreten sind.
In diesem Sinne alles Gute, natürlich nicht nur auf politischem Parkett, sondern auch privat im Kreis der Familie.
Da man ja das Rad nicht zweimal erfinden muss, findest Du in Deinem Landtags-Redenschatz, den wir Dir nach gutem Brauch der Fraktion übergeben, sicher manche Anregung für die Bundespolitik – frei nach dem Motto: Von Sachsen(s LINKE) lernen heißt siegen lernen …
Ein Gutteil von dem, was ich Dir und Euch jetzt gesagt habe, findest Du in dem Vorwort zu Deinem Redenbuch, damit Du auch den heutigen Tag und diesen Empfang allzeit in hoffentlich guter Erinnerung behältst.
In diesem Sinne, lieber André, Glück auf und auf gute Zusammenarbeit mit Dir als unserem neuen Brückenkopf in Berlin.