Begrüßungsrede Frühlingsempfang der Fraktion DIE LINKE am 20. März 2014
Liebe Gäste,
wir hatten ja gerade als sächsische LINKE unseren Parteitag, auf dem das Wahlprogramm für die diesjährige Landtagswahl beschlossen wurde. Dabei erging vom Vertreter des Jugendverbandes die Aufforderung an uns alle, die Wettermaschine anzuwerfen und Wechselstimmung im Freistaat zu erzeugen.
Dieser Verpflichtung stellt sich natürlich auch die Landtags-Linksfraktion. Wie man merkt, mit Erfolg: Wir laden zum Frühlingsempfang ein, und – der Frühling ist da! Das Wetter könnte schöner kaum sein, das Meteorologische hat also schon geklappt. Und wo DIE LINKE den Frühling ausruft, da kann sich auch der astronomische Frühlingsanfang nicht mehr entziehen: Er tritt mit Sicherheit noch in dieser Stunde ein, genau um 17.57 Uhr!
Sie sehen: Sonne und Sterne stehen auf unserer Seite. Damit ist einmal mehr das konservative Vorurteil widerlegt, dass der Himmel gegen die Linken ist. Das Gegenteil ist der Fall. Und das ist hiermit auch noch für alle Zeiten bewiesen.
Der Frühling ist die Zeit der Aussaat, im Herbst wird geerntet. Der Ministerpräsident, der ja mehr durch Ängstlichkeit als durch Entschlusskraft auffällt, hatte bekanntlich monatelang mit dem Wahltermin herumtaktiert. Schließlich landete er auf dem letzten Tag der Sommerferien, was der 31. August ist. In der Wahlnacht fängt dann der meteorologische Herbst an – und wird sich der Kreis schließen:
Jetzt säen wir – mit hundert Seiten Wahlprogramm zu wirklich allem, was man fürs Leben braucht. Vom Kleingarten bis zur Freiwilligen Feuerwehr. Und ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage: Was wir da zusammengetragen haben, wurde nicht von Werbestrategen für die Imagepflege im Wahlkampf erfunden. Es ist in mehreren Jahren gewachsen – aus der Alltagsarbeit von Fraktion und Partei heraus, aus den Mühen der parlamentarischen und außerparlamentarischen Ebenen. Bei uns LINKEN ist Nachhaltigkeit kein modisches Schlagwort, sondern Arbeitsprinzip.
Dank Herrn Tillich haben wir nun richtig schön viel Zeit, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass es sich mit uns in Sachsen besser leben lässt. Wenn es nach uns gegangen wäre, würde bereits vor den Sommerferien gewählt. Aber Herr Tillich hat es so gewollt – und wir können bis an die Schwelle zum Herbst Menschen für den Politikwechsel nach fast einem Vierteljahrhundert CDU-Dauerregierung gewinnen.
Wir haben begriffen: Alles, was verteilt werden soll, muss erst produziert werden. Deshalb werden wir Start-Up-Unternehmen durch einen besonderen Investitionsfonds fördern. Wir wissen: Zum zukunftsfähigen Wirtschaften gehören faire Löhne. Deshalb wollen wir die Vergabe öffentlicher Aufträge an die Einhaltung bestimmter Sozial- und Umweltstandards knüpfen.
Wir haben schon zur Jahrhundertwende den Leitsatz für Sachsen erfunden: Bildung statt Beton! Das richtet sich auch gegen ein betoniertes, undurchlässiges Bildungswesen – deshalb wollen wir, dass die Kinder mindestens bis zur Klasse 8 gemeinsam lernen. Wir sind auf der Höhe der Zeit und haben zur Kenntnis genommen, dass in einem Flächenland wie Sachsen mit ausgedünntem Schulnetz im ländlichen Raum die Lernmittelfreiheit den Schulbus mit einschließen muss. Rot-Rot-Grün sollte sich gemeinsam dafür stark machen, dass die politisch willkürlichen und höchst unsozialen Belastungen der Elternhäuser durch die Kosten für den Schülertransport ein Ende haben!
Der Basis-Dreiklang unserer politischen Melodie lautet: Soziale Sicherheit, soziale Gerechtigkeit und sozialer Zusammenhalt. Dieser linke Kompass führt uns in die goldene Mitte der sächsischen Gesellschaft.
Das sieht man beim Schicksalsthema Energiewende an unserem Ausstiegsszenario bei der Braunkohle bis 2040 – damit liegen wir genau in der Mitte zwischen Grünen und SPD.
Sicherheit ist nicht nur eine soziale Frage: Wir wollen jedes Jahr 500 junge Polizistinnen und Polizisten einstellen, 200 mehr als bisher. In jedem Ort ab 5.000 Einwohner muss sich ein Tag und Nacht besetztes Polizeirevier befinden. Denn Sicherheit ist auch eine soziale Frage: Sicherheit darf nicht ein Privileg derer werden, die genug Geld haben, um sich in private Festungen zurückziehen zu können.
LINKE mögen nicht abstrakt das Land, sondern konkret die Menschen, die das Land beleben. Das unterscheidet uns von der konservativen Konkurrenz. Deshalb wollen wir auch ein besonderes Fachkräfteprogramm auflegen – weil es sich in einem Land mit vielen klugen Köpfen besser lebt. Wobei es dann wurscht ist, ob ein kluger Kopf aus Annaberg-Buchholz, Stuttgart oder Bangalore kommt.
Soziales und Wirtschaft sind zwei Seiten derselben Medaille. Nur zusammen machen sie die Medaille wertbeständig. Soviel Weisheit möchten wir uns in einem Land mit großer Silberbergbau-Vergangenheit schon erlauben. Im Übrigen ist ja auch die älteste Sozialversicherung der Welt, die Knappschaft, eine Erfindung sächsischer Wirtschaft!
Wir sächsische LINKE sind also zugleich politische Sozialversicherung und wirtschaftlicher Innovationsmotor. Da wir nicht neunmalklug, sondern neugierig sind, haben wir Sie zum lockeren Gespräch in diese sonnendurchfluteten Hallen eingeladen. Musikalisch begleitet uns „Placebo Flamingo“, die ich hier noch einmal herzlich begrüßen möchte!
Kulinarisch erwarten uns länderübergreifend, also ganz europäisch sächsisch-böhmische Köstlichkeiten. Mehr zum Thema Europa hören Sie von mir nicht – das als Entwarnung all denen, die fürchten, dass der Gebhardt nun nach der Landespolitik noch die Europapolitik abarbeitet. Das ist nicht nötig.
Denn wir haben als Gast Gregor Gysi. Er wird uns nicht nur Europa erklären, sondern auch Deutschland und die Welt. Wir sind glücklich, dass es uns gelungen ist, den Oppositionsführer des Deutschen Bundestages trotz seiner besonderen Anspannung in diesen weltpolitisch bewegten Tagen zu einem Ausflug nach Dresden zu verführen. Unser sächsischer Charme wirkt eben bis nach Berlin! In diesem Sinne – lassen Sie es sich heute mit uns gut gehen! Auf den schönen Frühling, das bessere Leben und die große Liebe, die ich allen hier im Raume wünsche. Glück auf!