Statement vorab Pressekonferenz Plenum 9./10. April
Wenn die Große Koalition in Berlin über die Rente streitet, sollte sich auch der Sächsische Landtag an der öffentlichen Meinungsbildung beteiligen. Dabei nehmen wir uns in der Aktu-ellen Debatte morgen speziell die Ungereimtheiten und Ungerechtigkeiten rund um die soge-nannte Mütterrente vor. Sie steht exemplarisch für eine doppelte Fehlkonstruktion:
Erstens wird der Ost-/West-Unterschied ein Vierteljahrhundert nach dem Fall der Mauer fortgesetzt – Elternschaft für „Ostkinder“ ist weniger wert als für „Westkinder“. Zweitens werden gesamtgesellschaftliche Verpflichtungen wie die Anerkennung der Kindererziehung nicht aus Steuergeldern finanziert, weil sich insbesondere die CDU einer angemessenen Finanzierung des sozialen Ausgleichs entzieht. Wie schon beim Mindestlohn steht Sachsens schwarz-gelbe Staatsregierung auch beim Thema Rentengerechtigkeit auf der Bremse – insofern werden wir das letzte schwarz-gelbe Kabinett Deutschlands einmal mehr als gesellschaftspolitisches Fossil vorführen und zur Ablösung empfehlen.
Gemeinsam mit der SPD beschreiten wir auch in dieser Landtagssitzung die Pfade des Politikwechsels: Unser rot-roter Entwurf eines Sächsischen Inklusionsgesetzes steht zur abschließenden Beratung und Abstimmung. Übrigens wieder in Gegenwart eines Gebärdendolmetschers. So tragen wir schon mit dem Gesetzgebungsverfahren zur praktischen Inklusion bei. Wer das barrierefreie Sachsen will, sollte diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung nicht verweigern.
Im Übrigen haben wir jetzt im Präsidium bei der ersten Behandlung des Haushaltes des Landtages einen Antrag eingebracht, dass die Aktuellen Debatten zukünftig von Gebärdendolmetschern übersetzt werden sollen.
Mit dem „Gesetz zur Einführung der kommunalen Anstalt des öffentlichen Rechts im Freistaat Sachsen“ werden wir keine Schlagzeilen machen. Aber wir geben den Verantwortlichen kommunaler Wirtschaftspolitik ein Trägermodell an die Hand, mit dem sie insbesondere leichter wirtschaftliche interkommunale Zusammenarbeit pflegen können.
Das Thema Gesundheitspolitik spielt im Bundesland mit dem höchsten Altersdurchschnitt natürlich eine besondere Rolle. Auf die neuen Herausforderungen muss auch Bedarfsplanung und Finanzierung der Krankenhäuser eingestellt werden. Bis 2030 ist hier ein solider Planungsrahmen zu schaffen, damit sich diese medizinischen Einrichtungen ungestört und in Ruhe den Patienten widmen können. Dazu gehören auch verlässliche jährliche staatliche Investitionsmittel in Höhe von 150 Millionen Euro. Die 40 Million die im vergangenen Plenum beschlossen worden sind halten wir für viel zu wenig und ein Wahlkampfgeschenk.
Am zweiten Sitzungstag bringen wir zwei Gesetzentwürfe in den Landtag ein. Zunächst das Gesetz über Musterverfahren in Kommunalabgabenstreitigkeiten. Hierbei geht es um Akteneinsichtsrechte und Senkung des Prozesskostenrisikos für Menschen, die angesichts von sozial unverträglichen bzw. nicht nachvollziehbaren Abgaben um ihr Recht streiten.
Das Sächsische Schulwegekostenfreiheitsgesetz soll gewissermaßen in ganz Sachsen vogtländische Verhältnisse schaffen, also Elternbeitragsfreiheit für den Schulbus. Im Moment schlägt der Schulweg mit zum Teil bis zu 145 Euro im Jahr zu Buche – Familien werden damit für die Schulschließungspolitik der CDU-geführten Staatsregierungen doppelt belastet: Durch längere Schulwege der Kinder und höhere finanzielle Belastungen der Eltern. Damit wollen wir Schluss machen – mit 14 Millionen Euro im Jahr, also nur knapp 3,50 Euro Steuergelder pro Einwohner / Jahr ist das für den Freistaat gut verkraftbar.
Dann haben wir noch einen Antrag, der ebenfalls mit Bildung zu tun hat: Wir wollen die unbefristete Fortführung der Nachbarschaftsschule Leipzig und des Chemnitzer Schulmodells, also Planungssicherheit für zwei Gemeinschaftsschulen. Wie Sie wissen, streben wir generell längeres gemeinsames Lernen aller Kinder bis mindestens einschließlich der achten Klasse an. Es versteht sich von selbst, dass wir bis zu einem grundsätzlichen Politikwechsel den Überlebenden der schwarz-gelben Stilllegung der wenigen Gemeinschaftsschulen in Sachsen beistehen – sie sind bildungspolitische Leuchttürme, die nicht erlöschen dürfen.
Ich möchte abschließend noch auf ein heikles Thema hinweisen, was schon im Haushalts- und Finanzausschuss für reichlich Zoff gesorgt hat: der Gesetzentwurf der CDU- und FDP-Fraktion zur Änderung der Haushaltsordnung. Inhalt ist schlicht deren Anpassung an die im letzten Jahr mit Vier-Fünftel-Mehrheit vorgenommene Verfassungsänderung. Diese überwältigende Mehrheit kam nur zustande, weil auf Vorschlag und Druck der LINKEN das Prinzip des sozialen Ausgleichs in die Finanzverfassung aufgenommen wurde.
Das fehlt aber nun im schwarz-gelben Haushaltsordnungsgesetzentwurf, was auf scharfe Kritik der rot-rot-grünen Opposition gestoßen ist. Natürlich ist die Verfassung als höherrangiges Recht unabhängig von der Haushaltsordnung gültig, aber wenn ganz bewusst die Haushaltsordnung an die geänderte Verfassung angepasst werden soll, darf man das nicht selektiv nach parteipolitischem Geschmack machen. Hier besteht noch Korrekturbedarf.
Deswegen werden wir den Antrag stellen, das Gesetz zurückzuverweisen in den VREA und Hilfsweise haben wir natürlich auch einen Änderungsantrag eingebracht und werden uns vorbehalten zu klagen, wenn die Verfassung in der Haushaltsordnung die nicht entsprechende Berücksichtigung findet.