Redebeitrag Aktuelle Landtags-Debatte zum “Autoland Sachsen”
Ich finde Auto ist ein gutes individuelles Fortbewegungsmittel. Und Autos sind was Schönes, vor allem wenn man sie sich leisten kann.
Der Pro-Kopf-Verdienst in Sachsen verharrt jedoch seit dem Jahr 2009 auf einem Niveau 18 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt.
Fünf Jahre schwarz-gelbe Koalition bedeuteten also im Geldbeutel der Beschäftigten fünf Jahre Stagnation.
Doch auch in der Wirtschaft insgesamt sieht es nicht besser aus. Das BIP (preisbereinigte Bruttoinlandspunkt) stieg in Sachsen 2013 gerade mal um 0,3 Prozent, während bundesweit ein realer Zuwachs von 0,4 Prozent verzeichnet wurde.
Wir kommen also auch ökonomisch insgesamt nicht weiter, obwohl wir im Freistaat zurzeit eine angeblich so wirtschaftsfreundliche Staatsregierung haben.
Schein und Sein klaffen also meilenweit auseinander.
Natürlich ist es schön, sich unsere wirtschaftlichen Leuchttürme anzuschauen. Neben der Computerchip-Produktion sind das die sächsischen Automobilfabriken.
Wenn Sie sich mit dem „Autoland Sachsen“ befassen wollen, können Sie sich auf den Internet-Seiten der Wirtschaftsförderung Sachsen unter eben diesem Stichwort eine schöne Broschüre auf Ihren Computer herunterziehen und darin studieren.
Meine Damen und Herren,
wir feiern in diesem Jahr ein Jahrhundert Automobilfabrikation in Sachsen.
Dazu gehörten auch drei Millionen Exemplare der Marke „Trabant“.
Dieses – nun, seien wir mutig und nennen es – Auto, dieses Auto also ist heute immerhin noch ein begehrter Oldtimer und hat mit den jährlichen Trabantfahrer-Treffen eine soziale Funktion.
Ihre Aktuelle Debatte aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, hat nicht mal Oldtimer-Status.
Sie schmücken sich hier mit fremden Federn. Als Sachsen Autoland wurden, waren selbst unsere Eltern noch lange nicht geboren. Mit diesem Umstand haben also weder Sie noch wir etwas zu tun und deswegen verstehe ich ihre Aktuelle Debatte auch nicht.
Dass Sachsen in den neunziger Jahren wieder an Traditionen mit Autos eines anderen Kalibers anknüpfen konnte, ist auch das Verdienst von Kurt Biedenkopf.
Am 13. September 1996 kommentierte „Die Zeit“ Biedenkopfs Konflikt mit der EU um Subventionen für VW u.a. so:
„Dass Deutschland das Brüsseler Entgegenkommen noch lange braucht, ist völlig klar. Weit und breit ist zwischen Ostsee und Thüringen nichts von einem selbsttragenden Aufschwung zu erkennen. Die Wachstumsraten sind auf westdeutsches Niveau gefallen, der Aufholprozess findet nicht mehr statt.“
Ende des Zitats – das war vor 18 Jahren!
Seit 18 Jahren kommen wir nicht voran – auch und gerade in Sachsen nicht – da nützt auch nichts wenn sie das Autoland Sachsen als Motor für Beschäftigung und Wachstum bezeichnen.
Wir sagen Ja zu VW, BMW und natürlich auch Porsche – selbst wenn ich als Mensch mit einer größeren Familie im Unterschied zu einem früheren Parteivorsitzenden persönlich keine Verwendung für einen Sportwagen habe.
Ich darf Ihnen noch eine Lektüre empfehlen.
Im Thesenpapier der CDU-Landtagsfraktion aus Sachsen, verabschiedet auf ihrer diesjährigen Frühjahrs-Fraktionsklausur stehen richtig gute Sätzen über Sachsen, die ich sofort unterschreiben würde.
Da steht folgendes:
„Gleichwohl müssen wir aber zur Kenntnis nehmen, dass die Wirtschaftskraft und Eigenkapitalausstattung der sächsischen Unternehmen noch nicht ausreichend ist, um einen selbsttragenden Aufschwung zu garantieren.
Auch die Produktivität liegt in Sachsen noch gegenüber den Flächenländern, insbesondere im Süden der Bundesrepublik, zurück.
Kaufkraft und Steueraufkommen bieten noch keine Gewähr für eine stabile Binnennachfrage bzw. einen ausgeglichenen Landeshaushalt.“ Zitat Ende.
Das war jetzt nicht aus unserem Wahlprogramm – obwohl da das gleiche zu finden ist, sondern aus ihrer eigenen Einschätzung.
Lieber Kollege Flath, da haben Sie Recht! Und weil sie selbst nach 20 Jahren sich aus der Landespolitik zurückziehen wollen, sollten sie den Rest der Regierung und ihrer Fraktion gleich mitnehmen.
Mit Ihrem Tunnelblick auf den Leuchtturm Autoindustrie gewinnt man nämlich keinen realistischen Blick aufs ganze Sachsen.
Dafür aber ist es höchste Eisenbahn. Deshalb wird mein Kollege Enrico Stange in der zweiten Runde über die Eisenbahn sprechen, denn Sachsen war mal auch Eisenbahnland, ist es nicht mehr – kann es aber wieder werden, wenn der Verkehrsminister nicht mehr Morlok heißt.