Wahlkampf an der Ostsee
Zugegeben: Das gestern war ein langer Tag. Ich hatte damals die Entscheidung, den Wahltermin auf den letzten Ferientag zu legen, im MDR damit kommentiert, dass wir dann eifach den Wahlkampfauftakt an der Ostsee machen könnten. Ein Scherz, muss ich sagen. Einer, aus dem aber ziemlich schnell Ernst wurde.
Der Hintergrund ist ganz einfach: Seit 16 Jahren macht DIE LINKE bzw. die PDS eine Ostseebädertour. Jedes Jahr. Und das sehr erfolgreich. Und es war klar, dass auch dieses Jahr eine stattfinden würde. Aus Erfahrung wissen wir: Die Sachsen findet man im Sommer gerne an der Ostsee. Und da hieß es dann: Sachen packen, wir fahren auch in diesem Jahr hin.
Mit zwei Autos — meinen Wahlkampf-C4 voller WahlkämpferInnen, unser Parteibus mit mir und der Presse — sind wir morgens kurz vor acht Richtung Usedom gestartet. Kurzer Stopp an der Raststätte, Umfahren von Staus dank Tipps von berets anwesenden Pressevertretern (Danke nochmal an Christian Fischer 🙂 ). Und keine fünf Stunden später waren wir auf der Insel.
Es war schön, bekannte Gesichter zu treffen: Bodo Ramelow war schon da, Dietmar Bartsch hate sich als Moderator für unsere Talkrunde angeboten, Christian Görke kam auch dazu und natürlich auch Gregor Gysi. Eine besondere Überraschung war für mich, dass unser Vizepräsident des Sächsischen Landtages, Horst Wehner, mich vor Ort begrüßte. Er war zu dieser Zeit auf der Insel und hatte einfach mal einen Abstecher gemacht. Wirklich schön.
Wir sind dann alsbald auch an den Strand gegangen, haben natürlich auch Sachsen getroffen. Eine nette sächsische Familie hat uns ihren Strandkorb geliehen, damit die Presse ihre Bilder bekommt. Zum Dank gab es unter anderem Sonnencreme. Und von Bodo Ramelow eine Grillzange. Damit’s nicht wieder schwarz wird… 😉
Die Talkrunde, das muss man sagen, hätte besser besucht sein können. Aber davor hatten uns die Genossen aus Mechlenburg-Vorpommern schon gewarnt: Es gibt da einen 30-Grad-Äquator: Liegt man drunter, sind die Leute auf dem Platz, liegt man drüber, eben am Strand. Einige Gäste hatten tatsächlich die ganze Zeit in der Sonne ausgehalten, die meisten aber waren in den Schatten am Rand geflüchtet. Wer will es ihnen verübeln. Auf der Bühne konnte ich mir eine ziemlich deutliche Vorstellung davon holen, was das Wort “heiß” bedeutet. Da hieß es durchhalten. Danach kam Gregor mit siener Rede. Respekt. Eine Stunde lang hat er geredet. Eine Stunde eine Reise durch die wichtigsten landes‑, bundes- und weltpolitischen Themen. Und das bei gefühlten 40 Grad. Er ist, glaube ich, der einzige Politiker im Land, der unter solchen Bedingungen einen Platz vollreden kann. Ich freue mich jedenfalls auf unsere gemeinamen Auftritte in Sachsen ab nächster Woche.
Wir sind dann nochmal Richtung Strand umgezogen, auch wenn unsere Sonnebrillen und Wasserbälle zu diesem Zeitpunkt bereits restlos weggegangen waren. Kontakte knüpfen. Mit den Leuten reden. Es waren schöne Gespräche. Da war zum Beispiel der Handwerksmeister aus Chemnitz, der schon seine Hochzeitsreise nach Usedom gemacht hatte und nun seinen 40. Hochzeitstag wieder auf der Insel verbracht hat. Er will in zwei Jahren in Rente gehen, weiß aber nicht, wer dann seinen Betrieb übernehmen soll. Natürlich ist das kein Ort, das Wahlprogramm herunterzubeten. Aber: Genau dieses Problem müssen wir in Sachsen angehen, denn das ist kein Einzelfall. Leider haben wir es verpasst, unsere Kontakte auszutauschen. Ich würde ihn gerne noch einmal besuchen, wenn er wieder zurück in Sachsen ist.
Klar, so ein Tag ist kurz. Irgendwann brachen wir dann die Zelte ab, es ging wieder zurück in den Freistaat. Nach 18 Stunden war der Tag dann vorbei. Anstrengend, ja, aber auch spannend und schön. Mit etwas Sand in den Schuhen und ein paar Muscheln als Souvenir in der Tasche sind wir wieder nach Hause gegangen.
Für mich bleibt vom Tag: Usedom ist schön, ich komme gerne mal wieder. Vor allem aber: Ja, man findet die Sachsen in der Ferienzeit an der Ostsee. Und — entgegen aller Unkenrufe der politischen Mitbewerber — ihnen ist dort das politische Geschehen in Sachsen nicht egal. Ich habe sehr viele nette Menschen kennengelernt, sehr interessante Gespräche über die Herausforderungen für Sachsen geführt. Für mich eine tolle Erfahrung. Und natürlich sind nicht alle Sachsen im Urlaub an der Ostsee. Deshalb geht es gleich weiter. In Kleingartensparten, in Vereinshäusern, bei der Feuerwehr und an den Badeseen. Heute in Riesa. Dort steht nebenbei noch ein Oberbürgermeisterwahlkampf an. Und den will ich auch unterstützen…