Landtag muss Haushalts-Entwurf der Regierung ändern – Weichenstellungen für solidarische Gesellschaft!
Es gilt das gesprochene Wort!
Hochverehrter Herr Prof. Unland – ich werfe Ihnen nicht vor, dass Ihre Vorlesungen mit den vielen Zahlen nur begrenzten Unterhaltungswert haben. Auch nicht, dass Sie sich dem Format einer parlamentarischen Rede regelmäßig entziehen und den Modus der Belehrung wählen, daran habe ich mich gewöhnt. Das sind Stilfragen.
Sie haben allerdings mit der herrschenden politischen Unkultur in Sachsen zu tun, Diskussionen einzuschläfern und Konflikte in Schein-Harmonie zu versenken. Insofern sind Sie ein würdiger Diener eines Ministerpräsidenten, der die repräsentative Demokratie als organisiertes Ablenkungsmanöver im Interesse der Verschleierung von Problemen missversteht.
So geloben Sie im Haushaltsentwurf eine schrittchenweise Verbesserung des Betreuungsschlüssels für Kitas und Krippen – man sieht, Wahlkämpfe sind doch manchmal zu etwas nütze, denn erst unter dem Druck des Landtagswahlkampfs, der zeitgleichen Proteste und unserer Forderungen begann sich die CDU bei diesem Thema zu bewegen.
Die SPD feiert das, doch bezahlen lassen wollen Sie das mindestens zur Hälfte von den Eltern – eine Frechheit!
Denn Sie senken trotz Mehrkosten die prozentuale Obergrenze für Elternbeiträge nicht ab, sondern erhöhen sie sogar noch von 30 auf 33 Prozent. Unterm Strich ergeben sich Mehrkosten von ca. 170 Euro jährlich pro Kind für die Eltern – viele Menschen haben sich sozialdemokratische Regierungsbeteiligung in Sachsen anders vorgestellt!
Lieber Martin Dulig würdest Du Deinen Küchentisch wieder auspacken, würde Dir da sicher beim Thema Kita der Statistik-Trick unter die Nase gehalten werden, dass künftig auch Assistenzkräfte bei der Berechnung des Betreuungsschlüssels mitgerechnet werden.
Die 18.000 Menschen, deren Unterschriften für verbesserte Kita-Rahmenbedingungen am Rande der letzten Landtagssitzung auf Vermittlung unseres Abgeordneten Klaus Tischendorf an Kultusministerin Kurth übergeben wurden, werden sich mit solchen kosmetischen Reparaturen nicht zufriedengeben. Und wir werden uns damit auch nicht abfinden.
Ich erwarte, meine Damen und Herren von der Staatsregierung, dass Sie auch mit diesen Menschen den Dialog suchen, die nicht hinter rassistischen PEGIDA-Parolen herlaufen!
Es wird sich also noch zeigen, was die in Stein gemeißelten Ansagen der SPD aus der Wahlkampfzeit wert sind.
Überhaupt sollte die Öffentlichkeit – am besten gleich heute! – darüber aufgeklärt werden, was eigentlich seit dem Eintritt der SPD am ursprünglichen schwarz-gelben Haushaltsentwurf konkret zu wessen Gunsten und wessen Lasten geändert worden ist.
Eine entsprechende Kleine Anfrage der Kollegin Schubert von den Grünen wurde so ausweichend beantwortet, dass die Öffentlichkeit nur weiß, dass sie nichts weiß. Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit sehen anders aus – unter Transparenz verstehen wir als LINKE etwas anderes!
Eigentlich habe ich erwartet, dass Sie, sehr geehrter Prof. Unland, nach dem Ende der schwarz-gelben Koalition von Ihrem Recht Gebrauch machen, wieder an die Bergakademie Freiberg in die Wissenschaft zurückzukehren.
Denn ehrlich gesagt verstehe ich nicht, warum Sie sich Ihren Job im Finanzministerium unter den neuen politischen Rahmenbedingungen noch antun.
Sie müssen plötzlich einen im dreistelligen Millionenbereich angewachsenen Doppelhaushalts-Entwurf präsentieren – trotz einer aktuellen Steuerschätzung unter den bisherigen Prognosen.
Das ist nicht mehr der Unland, den wir kennen.
Der Unland, den wir kennen, bunkert über Jahre hinweg am Landtag vorbei Milliarden und gebärdet sich wie ein Schatzmeister des Königs, abseits jeglicher demokratischer Kontrolle.
Zum System Unland gehört auch, dass er über Ermächtigungen zum Geldausgeben im laufenden Geschäft verfügt, die den Handlungsspielraum des Parlaments bei Haushaltsberatungen weit in den Schatten stellen.
Auch das werfe ich Ihnen, werter Prof. Unland, nicht vor. Es ist selbstverständlich, dass im Wechselspiel der Gewaltenteilung zwischen Legislative und Exekutive, also Parlament und Regierung, die Mitglieder des Regierungskabinetts versuchen, möglichst ungestört ihr Ding zu machen.
Genauso selbstverständlich sollte aber auch sein, dass die gewählten Abgeordneten, ohne die die Regierung ja gar nicht Regierung wäre, den Regierenden regelmäßig auf die Finger gucken.
Das haben wir als linke Opposition auch getan, die CDU-Fraktion aber wollte das nie. Sie wollten nur „Ja und Amen“ sagen, frei nach dem abgewandelten DDR-Motto: Die Genossen, pardon, die Minister werden sich schon was dabei gedacht haben!
Also, Herr Unland, ich komme noch mal zu meiner Ausgangsthese zurück, dass ich erwartet habe, dass Sie wieder an die Bergakademie zurückkehren.
Denn entweder haben Sie die letzten fünf Jahre gegen Ihre Überzeugung gehandelt oder wollen es die nächsten fünf Jahre tun.
Aber das müssen Sie wohl alleine mit Ihrem Gewissen klären.
Das Prinzip Ihres bisherigen Handelns lautete:
Es muss nur genug Geld im Sparstrumpf sein, dann steuert Sachsen auf ein goldenes Zeitalter zu.
Stattdessen haben wir monatelange Pegida‑, Legida‑, Hoygida‑, Cegida- und andere, wie auch immer sie alle heißen, Umzüge verunsicherter, wütender Menschen erlebt.
Das Ansehen Dresdens und Sachsens in aller Welt ist nachhaltig beschädigt.
Übrigens nicht dadurch, dass Menschen ihr Recht auf Versammlungsfreiheit wahrnehmen, und auch nicht dadurch, dass wir als Opposition kritisch über Politik reden.
Sondern dadurch dass der Eindruck entsteht, man ist als Flüchtling oder Einwanderer in Sachsen nicht willkommen.
Dieses Problem lösen Sie nicht mit ein paar Dutzend Millionen Euro für eine Imagekampagne „So geht sächsisch“.
Denn zurzeit sehen viele Menschen im Freistaat und außerhalb unseres Landes vor allem, wie sächsisch nicht geht.
Bisher war die Imagekampagne „So geht sächsisch“ nur überflüssig, mittlerweile gibt dieses Heile-Welt-Spiel Sachsen der Lächerlichkeit preis – ich kann Ihnen nur raten:
Hören Sie mit diesem Quatsch einfach auf – am besten sofort!
Was Sachsen dringend braucht, ist eine Politik, die Sachsen und den hier lebenden Menschen, egal welcher Herkunft und welcher Religion, wirklich gerecht wird. Und das materielle Fundament dieser Politik muss der Doppelhaushalts-Entwurf des Landes sein.
Davon aber sind Sie mit diesem Haushaltsentwurf meilenweit entfernt!
Wenn Sie für 2015 gerade mal vier Millionen Euro für soziale Betreuung von Asylsuchenden in ganz Sachsen bereithalten, während die Stadt Leipzig dafür allein in diesem Jahr 2,4 Millionen Euro veranschlagt, erkennt man schon daran: Sie rechnen sich die Welt im Elfenbeinturm schön! Das macht die Leute wütend, und das zu Recht!
Sie stimmen hier Jubelgesänge auf die Kommunalfinanzen an – und unterschlagen, dass die Aufgaben der Kommunen längst auf Rekordniveau sind und die Einnahmen dem hinterherhinken.
Folge ist die fortschreitende Streichung sogenannter freiwilliger Aufgaben, die aber gerade den Kern der verfassungsrechtlich geschützten kommunalen Selbstverwaltung darstellen.
Es tut der Demokratie nicht gut, wenn die Menschen für ihr Ehrenamt bestenfalls mal einen Feiertags-Händedruck bekommen, aber ihren Vereinen und Initiativen im Alltag die Unterstützung zusammengestrichen wird.
Gleichzeitig häuft Herr Unland Jahr für Jahr im Schnitt Überschüsse von Hunderten Millionen Euro an.
Wir wollen eine angemessene Beteiligung der Kommunen an den angesammelten Rücklagen des Freistaates.
Deswegen fordern wir eine echte jährliche kommunale Investitionspauschale von 100 Millionen Euro, damit die Kreise, Städte und Gemeinden die immer marodere kommunale Infrastruktur wieder in Ordnung bringen können.
Die Investitionsquote der sächsischen Kommunen erreichte einen historischen Tiefstand von nur noch 11,2 Prozent – darauf hat der Sächsische Rechnungshof in seinem letzten Jahresbericht hingewiesen.
Ich weiß nicht, ob Sie, meine Damen und Herren der CDU, eine Rückabwicklung des seit 1990 in diesem Lande Aufgebauten zurück zur ruinösen DDR-Infrastruktur beabsichtigen – wir halten das aus eigener historischer Erfahrung für den falschen Weg!
Wenn Sie schon nicht auf unsere Vorschläge eingehen wollen, hören Sie doch bitte wenigstens auf die berechtigten Forderungen der kommunalen Spitzenverbände!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die CDU-Fraktion spricht ja plötzlich mit Blick auf Haushaltspolitik von einem möglichen Veto des Landtags.
Mir scheint: irgendwie haben die christdemokratischen Abgeordneten ein Vierteljahrhundert nicht mitbekommen, dass wir – der Landtag — der Gesetzgeber ist. Wobei die Regierung jetzt der CDU-Fraktion ja entgegenkommt und auf den Haushaltsentwurf ausdrücklich drauf geschrieben hat: Regierungsentwurf.
Wenn die CDU-Fraktion in ihrem Eckwertebeschluss zum Doppelhaushalt die Staatsregierung auffordert, ich zitiere, „spätestens mit dem Entwurf für den Doppelhaushalt 2017/2018 wieder einen strukturell ausgeglichenen Haushaltsentwurf vorzulegen. Gegebenenfalls notwendige Strukturanpassungen sind im Doppelhaushalt 2017/18 vorzunehmen“, Zitat Ende, heißt das ja wohl, dass uns nach Meinung der stärksten Fraktion hier von der Staatsregierung etwas strukturell Unausgeglichenes vorgelegt worden ist.
Wir werden ja gleich aus der CDU-Fraktion hören, was an dem jetzigen Regierungsentwurf „strukturell unausgeglichen“ ist.
Wir sehen vor allem viel Unausgewogenes. Besonders beim Schlüsselthema Bildung. Entgegen der Ankündigung im Koalitionsvertrag, insgesamt 1.000 zusätzliche Lehrer/innen einzustellen, werden langfristig nur die Lehrkräfte ersetzt, die in den Ruhestand gehen. Und trotz steigender Schülerzahlen steigt die Mittelausstattung für die Bezuschussung von Ganztagsangeboten NICHT.
Das Verfassungsgerichtsurteil zu Schulen in freier Trägerschaft wird nicht voll umgesetzt, sodass die freien Schulen sich weiterhin genötigt sehen, Schulgeld von den Eltern zu erheben.
Vielleicht sollten Sie von der CDU-Fraktion endlich mal zugeben, dass ein Gutteil der Gründungen freier Schulen in den letzten Jahren nicht vorrangig aus dem Wunsch nach konfessioneller Eigenheit oder pädagogischer Besonderheit erwachsen ist. Sondern als zivilgesellschaftliche Ersatzvornahme, nachdem das Kultusministerium das öffentliche Bedürfnis an Schulen ignorierte, das gleichwohl bestand. Deshalb ist es an der Zeit, freie Schulen in die Schulnetzplanung zu berücksichtigen!
Bei den Hochschulen setzen Sie auf immer weniger Grundmittel und immer mehr Drittmittel, was vereinfacht heißt: Der Staat zieht sich zurück, soll doch die Industrie die Forschung bezahlen.
Die Gesellschaft braucht aber auch wissenschaftliche Erkenntnisse, deren Gewinnung sich vielleicht erst mal marktwirtschaftlich gar nicht rechnet.
Lieber Martin Dulig, ich erwarte von Dir, dass Deine Zusage eine Woche vor der Landtagswahl gilt! Die Rücknahme der Stellenkürzungen und eine höhere Grundfinanzierung der Hochschulen haben Priorität, die frei werdenden Bafög-Mittel müssen den Hochschulen zugutekommen, wurdest Du als SPD-Spitzenkandidat zitiert. Tatsächlich wird die Grundausstattung der Hochschulen im aktuellen Haushaltsentwurf weiter abgesenkt.
„Ein Mann, ein Wort“ sieht anders aus!
Werte Koalitionäre, es tut mir leid, Ihre Bildungspolitik muss nachsitzen!
Bei der Musikschulförderung kommt es zu einer faktischen Kürzung. Zwar erhalten die Musikschulen gegenüber 2014 225.000 Euro mehr, durch die Übertragung des Programms „Jedem Kind ein Instrument“ auf die Musikschulen reduzieren sich die ihnen zur Verfügung gestellten Mittel aber um zweihunderttausend Euro.
Ein typisches Beispiel für Ihre Tricksereien.
Hinzu kommt Ihr handwerkliches Unvermögen.
Unsere Haushaltsexpertinnen wundern sich über falsche Deckungsvermerke, falsche Jahreszahlen, Sperrvermerke ohne Begründung. Einzelne Titel und ganz Titelgruppen wurden einfach ausgeschnitten und umgesetzt, ohne jeglichen Hinweis, wohin sie verschoben wurden.
Wenn Sie glauben, dass Sie so die linke Opposition in die Orientierungslosigkeit führen und außer Gefecht setzen können, muss ich Sie enttäuschen. Wir produzieren aus der Opposition heraus seit 15 Jahren alternative Haushaltsansätze und sind daher resistent gegen haushaltstechnische Verwirrmanöver jeder Staatsregierung!
Die Sportstättenförderung wird halbiert. Und das, obwohl der Investitionsstau im Sportstättenbereich laut Landessportbund immer noch im dreistelligen Millionenbereich liegt.