Eröffnungs- und Begrüßungsrede beim Bundestreffen der Bundesarbeitsgemeinschaft betrieb&gewerkschaft
Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Kolleginnen und Kollegen,
es ist mir am heutigen Tag eine besondere Freude, Euch hier in Sachsen anlässlich eures Bundestreffens begrüßen zu dürfen.
Der mitgliederstärkste bundesweite Zusammenschluss — nämlich die Arbeitsgemeinschaft Betrieb und Gewerkschaft, trifft sich im Bundesland mit der mitgliederstärksten LINKEN und in der Stadt mit dem weltgrößten Stadtverband der LINKEN — das sind doch gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Beratung.
Wenn sich in diesen Zeiten die Gewerkschafter in der LINKEN versammeln, ist es das einzig richtige mit den aktuellen Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst der Länder zu beginnen.
Denn eines muss klar sein:
Egal, in welcher Form DIE LINKE Verantwortung trägt:
ob in Opposition oder in Regierung
ob in Parlamenten oder in Gewerkschaften
ob in gesellschaftlichen Bewegungen oder in Institutionen
WIR STEHEN AN DER SEITE DER BESCHÄFTIGTEN.
Und zwar immer und überall!
Die aktuelle Forderung nach 5,5% mehr Lohn, wenigstens jedoch 175 Euro ist — unabhängig davon, was nach den Verhandlungen übrig bleibt — nur angemessen.
Von besonderer Bedeutung in diesem Arbeitskampf sind jedoch die Versuche der Arbeitgeberseite, die Betriebsrenten zu kürzen. Auf die moderate Haltung der Gewerkschaftsseite bei diesem Thema — nämlich gegebenenfalls eine Erhöhung der Beiträge mitzutragen — reagiert die Arbeitgeberseite wie folgt:
„Ich habe kein Verständnis dafür, dass die Gewerkschaften die Betriebsrenten des öffentlichen Dienstes dazu benutzen, die Leute auf die Straße zu bringen.“ — So sagt das Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn als Chefverhandler der Arbeitgeberseite.
Liebe Genossinnen und Genossen — im Gegensatz zum SPD-Mann Bullerjahn haben wir LINKEN außerordentlich viel Verständnis dafür, dass das Thema Rentenkürzungen die Menschen auf die Straße treibt!
Mehr noch, ich bin sehr froh darüber, dass bei den Warnstreiks der letzten Wochen die Straßen und Plätze ordentlich voll waren mit Beschäftigten des öffentlichen Dienstes.
Im öffentlichen Dienst der Länder arbeiten über 800 Tausend Beschäftigte — es ist an der Zeit, dass diese „einen großen Schluck aus der Pulle“ bekommen.
Und wenn dafür gestreikt werden muss — dann ist das eben so.
Wir LINKEN werden solche Streiks unterstützen. Solidarisch vor Ort — so, wie wir das immer machen. Gesicht zeigen auf der Straße ist dabei genauso notwendig wie die Unterstützung aus dem Parlament heraus, aus den Räten — aus den Vereinen und Initiativen, in denen wir aktiv sind.
Ich bin mir sicher, Liebe Genossinnen und Genossen, dass wir LINKEN diese Aufgabe ordentlich angehen werden. Im Übrigen, auch wenn ich weiß, dass all dies immer gern in Zusammenhängen diskutiert wird, in denen dann von Profilschärfung und der Hoffnung auf bessere Wahlergebnisse die Rede ist, möchte ich eines klar sagen:
Diesen und andere Arbeitskämpfe zu unterstützen und mitzutragen, an der Seite der Beschäftigten zu stehen und deren Forderungen zu vertreten ist — vollkommen unabhängig davon, ob dies unsere Wahlergebnisse beeinflusst — richtig und notwendig.
Denn wir LINKEN sind die Partei der „sozialen Sicherheit und soziale Gerechtigkeit“, wir sind die „glaubwürdige Interessenvertreterin der Arbeitenden, der Erwerbslosen, der Lernenden, der Studierenden sowie der Seniorinnen und Senioren!“
Liebe Genossinnen und Genossen,
die aufmerksamen politischen Beobachterinnen unter Euch — und ich weiß, dass das sehr viele sind, werden bemerkt haben, dass ich mit den letzten Worten unser sächsisches Wahlprogramm zu den letzten Landtagswahlen zitiert habe. Und zwar nicht irgendwo auf Seite 30, 40 oder 50, sondern ganz am Anfang, aus den zwei ersten Absätzen der Präambel.
Es ist mir wichtig zu betonen, dass wir LINKEN nicht vordergründig einer irgendwie abstrakten Gerechtigkeit oder Freiheit verpflichtet sind, sondern in den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen ganz klar Interessen vertreten. Ich trage hier bei Euch, bei der BAG Betrieb und Gewerkschaften, sicher Eulen nach Athen, wenn ich dabei zuerst die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer benenne.
Aber natürlich sind wir — gerade in diesen Tagen — zum Beispiel auch die Interessenvertreter der Flüchtlinge aus aller Welt, die zu uns ins Land kommen!
Ja, in unserem Bundestagswahlprogramm heißt es ganz klar: Grenzen auf für alle Menschen in Not! Und zu dieser unserer gemeinsamen Haltung müssen wir gerade jetzt, in Zeiten, in denen das gesellschaftliche Klima für Migrantinnen und Migranten rauer wird, klar stehen.
Dies sage ich gerade hier in Sachsen, wo diese Pegida-Veranstaltungen ihren Anfang genommen und in Dresden immer noch ihr Zentrum haben.
In diesem Zusammenhang sind ja einige Politiker aufgeschreckt, wie zum Beispiel SPD-Chef Gabriel, der sich in entsprechenden Gesprächszusammenhängen gezeigt hat oder diverse CDU-Menschen, die gerne auf das Trittbrett dieser Demonstrationen der Menschenfeindlichkeit aufspringen wollen.
Und auch in unserer Partei sagen einige, man müsse mit diesen Leuten reden, nicht mit den Führern der *GIDA-Veranstaltungen, aber mit den Mitläufern.
Naja.
Liebe Genossinnen und Genossen,
ich glaube, für die weit überwiegende Mehrheit unserer Parteimitglieder musste nicht erst eine Bachmann und die Pegida kommen, um zu wissen, dass wir den dauerhaften und unmittelbaren Kontakt zu den Menschen im Land brauchen.
Aber auch hier können und dürfen wir nicht im Allgemeinen bleiben.
Denn gerade jetzt, unter den Bedingungen zunehmenden Rassismus, reden wir zuallererst mit jenen, die von diesem Rassismus und der Menschenfeindlichkeit betroffen sind, mit den Flüchtlingen aus aller Welt genauso, wie mit Menschen mit Migrationshintergrund, die schon lange hier sind oder hier geboren sind und nun bedroht werden.
Und als zweites reden wir mit denen, die gegen diesen Rassismus und diese Menschenfeindlichkeit kämpfen, auf die Straße gehen, Gesicht zeigen und in so vielen Initiativen aktiv sind.
Im Übrigen sind wir das ja auch selbst! Ohne DIE LINKE, ohne so viele unserer Genossinnen und Genossen, die im Bereich der antirassistischen, antifaschistischen Arbeit aktiv sind, wäre an vielen Orten der Widerstand schwächer!
Einige meiner Genossinnen und Genossen haben vor wenigen Wochen im Zusammenhang mit dem Flüchtlingscamp in Dresden auf dem Theaterplatz die Aufgabe übernommen, das Camp vor „Wutbürgern“ zu schützen und diese an einem Informationspunkt mit Diskussionen und Gesprächen abzufangen.
Da waren nicht die „Führer“ der Pegida, sondern diese sogenannten Mitläufer. Der zum Teil abgrundtiefe Hass, die manifeste Menschenverachtung und der völlig selbstverständliche Rassismus, der dabei zu Tage getreten ist, sollte all jenen, die da im Trüben fischen wollen, eine Warnung sein.
Deshalb dazu zum Schluss noch eines: Egal, mit wem wir reden und egal wo: Unsere Haltung für eine Leben in Menschenwürde für alle Menschen, unser JA! zu Flüchtlingen aus aller Welt darf dabei nie verschwiegen werden.
In Zeiten des anwachsenden Rassismus ist es eine der wichtigsten Aufgaben der LINKEN, in diesem Strom nicht mit zu schwimmen, sich nicht nach rechts schieben zu lassen und die einzig richtige, die einzig menschliche Position zu vertreten:
Klare Haltung, klare Kante gegen Rassistinnen, gegen Menschenfeinde aller Couleur. Und klare Kante gegen all jene, die davon profitieren wollen.
Liebe Genossinnen und Genossen
zum Ende hin ist es, so denke ich, angemessen, kurz auf die zukünftige Arbeit zu verweisen.
Vor den Landtagswahlen 2014 in Sachsen ging vom DGB Sachsen die Initiative aus, die drei Parteien LINKE, SPD und Grüne aus gewerkschaftlicher Sicht auf eine Reihe gemeinsamer Positionen zu verpflichten. Selbstverständlich fanden wir das gut, leider scheiterte dies, weshalb wir die die entsprechenden Korrekturen in unserer strategischen Kommunikation vorgenommen haben.
Nunmehr gibt es seit einem halben Jahr einen ganz konkreten und auf Dauer angelegten Gesprächskreis zwischen sächsischen LINKEN-Politikerinnen und Vertretern des DGB und der Einzelgewerkschaften.
Das ist, so denke ich, eine gute und wichtige Sache. Denn auf einer solchen institutionellen Grundlage ist es gut möglich, gemeinsame Interessen in der parlamentarischen und außerparlamentarischen Arbeit noch besser zum tragen zu bringen.
Der gemeinsame Kampf von Gewerkschaftern und LINKEN ist eine der wichtigen politischen Säulen unserer Partei, Eure Arbeit, liebe B U GLer, ist dafür unverzichtbar. Dafür danke ich euch und verabschiede mich mit dem Gruß meiner erzgebirgischen Heimat
GLÜCK AUF!