Rede anlässlich der Gedenkveranstaltung zur Würdigung des 70. Jahrestages der Befreiung Europas vom Faschismus am

Sehr geehrte Damen und Her­ren, liebe Fre­unde, liebe Genossin­nen und Genossen,

vor 70 Jahren wurde Nazideutsch­land endgültig in die Knie gezwun­gen.

Vor 70 Jahren endete der opfer­re­iche Kampf der Alli­ierten gegen Faschis­mus und Krieg, gegen mil­lio­nen­fach­es Mor­den, gegen Folter und Zwangsar­beit, gegen Aus­beu­tung und Unter­drück­ung, wie sie bis dahin von der Men­schheit noch nicht gese­hen wur­den.

Unser Dank gilt deshalb den Sol­dat­en der Anti­hitlerkoali­tion, den Wider­ständlern und Par­ti­sa­nen in allen beset­zten Län­dern und auch denen, die den Mut und die Kraft hat­ten, auch hier in Deutsch­land das Licht der Men­schlichkeit nicht erlöschen zu lassen.

Mil­lio­nen opfer­ten ihr Leben im Kampf.

Im Krieg gegen die eben­so men­schen­ver­ach­t­ende Herrschaft Nazideutsch­lands.

Gegen den Massen­mord an den europäis­chen Juden.

Gegen die Ermor­dung und Ver­sklavung der Bevölkerung der beset­zten Län­der.

Den deutschen Mördern und ihren Helfern Ein­halt geboten zu haben,

war und ist und wird in allen Zeit­en das größte Ver­di­enst bleiben, das der Men­schheit getan wer­den kon­nte.

In mein­er Erin­nerung sind mit diesem Kampf und dem Tag des Sieges, dem Tag der Befreiung vor allem zwei Bilder ver­bun­den:

Das Bild vom Zusam­men­tr­e­f­fen von Sow­jet­sol­dat­en und US-amerikanis­chen GIs in Tor­gau an der Elbe

und das Bild vom Auf­stellen der Fahne der Sow­je­tu­nion auf dem zer­störten Reich­stag in Berlin.

Vor allem zwei Gedanken, zwei Erfahrun­gen verkör­pern sich für mich in diesen Bildern.

Über alles Tren­nende hin­weg muss die Unmen­schlichkeit bekämpft und bezwun­gen wer­den.

Und: Die, die Zer­störung und Tod wollen, wer­den selb­st deren Opfer wer­den.

Dies ist auch siebzig Jahre nach dem Ende des zweit­en Weltkrieges in Europa weit­er notwendig zu erin­nern und wird es immer bleiben.

Sehr geehrte Damen und Her­ren,

liebe Fre­unde,

liebe Genossin­nen und Genossen,

Vom „Auf­bau ein­er neuen Welt des Friedens und der Frei­heit“ — wie es im Schwur von Buchen­wald nach dem Zusam­men­bruch Deutsch­lands als Ziel for­muliert wurde — sind wir lei­der weit ent­fer­nt.

Men­schen­feindlich­es Denken find­et in diesem Land in schein­bar neuen, oft genug jedoch auch in alt­bekan­nten For­men seinen Weg.

Ein Denken, das von der Ungle­ich­heit, von der grund­sät­zlichen Ungle­ich­w­er­tigkeit men­schlichen Lebens aus­ge­ht.

Es ist niemals zu früh, dage­gen Wider­stand zu leis­ten.

Wider­stand gegen Nazi-Aufmärsche auf der Straße.

Wider­stand gegen die etwas sub­til­eren Het­zer unter dem Etikett der Pegi­das, Legi­das oder welche Hülle sie sich auch immer geben.

Aber eben auch den Wider­stand des Erin­nerns, der zeigt, wohin Men­schen­feindlichkeit let­ztlich führt.

Wir dür­fen nicht vergessen,

dass sich die Bestie des Faschis­mus,

des deutschen Nation­al­sozial­is­mus aus zwei Quellen nährte:

aus ein­er ungerecht­en Gesellschaft­sor­d­nung der Aus­beu­tung und Unter­drück­ung und

aus der Ide­olo­gie des Nation­al­is­mus.

Bei­de Quellen sind bei weit­em nicht ver­siegt.

Und eine „neue Welt des Friedens und der Frei­heit“ wird es nicht geben, solange Aus­beu­tung, Unter­drück­ung nicht bekämpft und beseit­igt wer­den. Solange Ide­olo­gien der Ungle­ich­w­er­tigkeit men­schlichen Lebens befördert wer­den.

Solange die Men­schen aufeinan­der gehet­zt wer­den und Sün­den­böcke gesucht und gefun­den wer­den.

Solange wir nicht begreifen, dass wir eine Men­schheit sind, die füreinan­der ein­ste­hen muss.

Ich fand es völ­lig unangemessen, als der Min­is­ter­präsi­dent vor weni­gen Tagen in Zei­thain an den Gräbern vor tausenden sow­jetis­chen Kriegs­ge­fan­genen und Kriegs­ge­fan­genen ander­er Natio­nen davon sprach, dass der Osten der Bun­desre­pub­lik nicht am 8. Mai 1945, son­dern erst am 9. Novem­ber 1989 befre­it wor­den sei.

Wer die Sin­gu­lar­ität des Holo­caust,

wer die Sin­gu­lar­ität des 2. Weltkrieges so rel­a­tiviert, hat nicht ver­standen und will nicht ver­ste­hen, welch­es Leid, welch­es Elend vom deutschen Faschis­mus in die Welt getra­gen wurde.

 

Für mich, für meine Partei bleibt der 8. Mai 1945 der Tag der Befreiung, der Tag des Sieges über die Unmen­schlichkeit.

Sehr geehrte Damen und Her­ren

liebe Fre­unde,

liebe Genossin­nen und Genossen,

unser Erin­nern und ehren­des Gedenken heute und hier 70 Jahre nach dem Ende des zweit­en Weltkrieges in Europa gilt nicht nur der Ver­gan­gen­heit, son­dern auch der Gegen­wart.

Mil­lio­nen Tote, Mil­lio­nen Gefal­l­ene mah­nen uns, dass ihr Tod nicht umson­st gewe­sen sei.

Unser Erin­nern und Gedenken heute und hier an all jene, die die faschis­tis­che Bar­barei bezwun­gen haben und diesen Kampf mit ihrem Leben bezahlt haben muss seine Fort­set­zung find­en in

unser­er alltäglichen Arbeit,

unserem alltäglichen Ein­satz für eine Welt des Friedens und der Frei­heit für alle Men­schen.

Ein Ende dieser Auf­gabe ist nicht abzuse­hen.

Deshalb ist sie unauf­schieb­bar, deshalb ist sie die unsere.

 

Vie­len Dank.