Eröffnungsrede Preisverleihung Willkommenskultur am 19. Juni 2015
Verehrte Anwesende!
Morgen, am 20. Juni, begehen wir den Weltflüchtlingstag der Vereinten Nationen. Der amtierende UNO-Flüchtlingskommissar, António Guterres weist darauf hin, dass dieses Thema eine globale Dimension hat. Zitat: „Überall auf der Welt fliehen Familien vor Gewalt. Die Zahlen sind gewaltig, aber wir dürfen nicht vergessen, dass diese Menschen Mütter und Väter, Töchter und Söhne sind, Menschen wie Du und ich – bevor der Krieg sie zur Flucht gezwungen hat. Am Weltflüchtlingstag sollten sich alle daran erinnern, was uns verbindet: unsere gemeinsame Menschlichkeit.“
Menschlichkeit, sie muss im Zentrum aller Politik stehen, auch der Asylpolitik. Sie muss verteidigt werden – in einer Zeit, in der Fremdenfeindlichkeit und verschiedene Formen von Rassismus Konjunktur haben. In einer Zeit, in der Hetzer die Ungleichwertigkeit von Menschen propagieren und Ängste ausnutzen. In einer Zeit, in der viele ihre Abneigung ausleben, nicht wissen oder nicht wissen wollen, in welcher Situation sich Geflüchtete wirklich befinden, und mindestens in Kauf nehmen, dass sich ein Klima der Angst und der Feindseligkeit ausbreitet. In einer Zeit, in der die Axt an den zivilisatorischen Grundkonsens gelegt wird, nach dem alle Menschen – wer sie auch sind und woher sie kommen mögen – das Recht haben auf ein Leben in Würde.
In einer solchen Zeit gibt es Menschen, die sich trotz allen Gegenwinds für ein friedliches Miteinander, für Verständnis und Verständigung einsetzen. Sie tun dies mit großem Engagement, Standhaftigkeit und Kreativität, und sie nehmen auch Risiken auf sich. Das wollen wir erstmalig mit unserem Preis „Gelebte Willkommenskultur und Weltoffenheit in Sachsen – 2015“ würdigen.
Ursprünglich hatten wir uns entschlossen, den Preis in den Kategorien „Praktische Hilfe“ und „Politisches Engagement“ zu vergeben. Nicht zuletzt der Blick auf die Bewerbungen hat uns aber gezeigt, dass man beides nicht trennen kann. Wer Asylsuchenden praktisch hilft, wirkt immer auch politisch, und wer politisch für Asylsuchende wirkt, hilft ihnen praktisch. Deshalb hat sich die Jury entschlossen, den Preis stattdessen in zwei anderen Kategorien zu vergeben: In der Kategorie „Etablierte Initiative“ für Projekte, die schon eine etwas längere Zeit arbeiten, und in der Kategorie „Junge Initiative“ für Projekte, die erst am Anfang ihrer Tätigkeit stehen. Ich denke, das ist angemessen.
Außerdem darf ich heute eine Überraschung verkünden. Es ist uns gelungen, noch einen weiteren, dritten Preis zu ermöglichen. Mit ihm wollen wir Einzelpersonen würdigen, die sich für Geflüchtete einsetzen, ohne eine Organisation im Hintergrund zu wissen. Auch hier wollen wir die gute Tat fördern, wenngleich es – wie in den beiden anderen Kategorien – leider nur eine unter vielen sein kann. Wir werden alle Engagierten weiter aus ganzer Kraft unterstützen, nicht nur auf parlamentarischer Ebene.
Ich möchte, auch im Namen meiner Fraktion, allen sehr herzlich danken, die sich an unserer Ausschreibung beteiligt oder Vorschläge gemacht haben. Mein Dank gilt den Jurymitgliedern Johanna Stoll, Emiliano Chaimite, Juliane Nagel, Marion Junge und Lutz Richter, die eine schwere Entscheidung auf sich genommen haben. Wir sind gespannt, welche engagierten Menschen wir heute – stellvertretend für viele, viele andere – auszeichnen dürfen.
Es ist mir eine besondere Freude, den ehemaligen Sächsischen Ausländerbeauftragten Prof. Dr. Martin Gillo zu unserer Veranstaltung begrüßen zu dürfen. In seiner fünfjährigen Amtszeit hat er Maßstäbe gesetzt, wenn es darum geht, die Interessen vom Menschen ausländischer Herkunft würdig und mit Nachdruck zu vertreten. Er hat weit mehr eingelöst als seinen gesetzlichen Auftrag und ist somit ein Vorbild für alle, die ihm in dieser Position nachfolgen. Er wird jetzt ein Grußwort an uns richten, wofür ich mich schon jetzt herzlich bedanken möchte.