Zur Asyl-Debatte im Landtag: Ging es nicht Nummer kleiner – „Chaos-Wochen bei Asyl in Sachsen beenden“?
Zur Aktuellen Debatte „Nationale Aufgabe Asyl gemeinsam bewältigen – europäische Migrationsagenda voranbringen“ auf Antrag der Koalitionsfraktionen CDU und SPD:
Ging es nicht thematisch eine Nummer kleiner – zum Beispiel „Chaos-Wochen beim Thema Asyl in Sachsen beenden?“ Wenn es um Waren geht, heißt das Motto: Grenzen auf! Egal ob es um europäischen oder transatlantischen Freihandel geht. Für TTIP-Fans ist klar: Jegliche regionale Regulierung ist Teufelszeug. Auch innerhalb der EU herrscht seit langem das Dogma: Alles, was den völlig freien Markt bis in den letzten Winkel des Kontinents garantiert, muss genutzt werden. Wenn es um Menschen geht, heißt das Motto: Grenzen zu! Die sogenannte Arbeitnehmer-Freizügigkeit in der EU wurde erst nach jahrelangem Gezerre Realität. Bis zum heutigen Tage wird die Freizügigkeit von Bürgerinnen und Bürgern immer wieder in Frage gestellt, wenn sie Bevölkerungsgruppen angehören, die für unerwünscht erklärt werden. Jetzt fordert die Bundesregierung Solidarität innerhalb der EU, aber die EU wurde vor allem als Wirtschaftsunion erfunden – mit Menschen als Kunden. Das rächt sich nun. Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, wir müssen jedem gerecht werden, auch bei den Geflüchteten. Es bedarf legaler Wege für Schutzsuchende. Das sagen die leitenden Geistlichen der 20 evangelischen Landeskirchen in Deutschland, auch der sächsische Landesbischof Dr. Carsten Rentzing. Herzlichen Dank dafür! Deshalb ist der Slogan zum 25. Jahrestag der deutschen Einheit richtig gut: Grenzen überwinden! Er ist eine Kampfansage an alle Versuche, Menschen einzumauern. Wie zum Hohn führt Deutschland, das Land des Mauerbaus und Mauerfalls, ausgerechnet im Vormonat des Jubiläums wieder Grenzkontrollen ein. Damit soll nun die nationale Aufgabe Asyl bewältigt und die europäische Migrationsagenda vorangebracht werden? Das glauben Sie doch wohl selbst nicht! Ich glaube als Kind der DDR nicht an Mauern: Millionen haben vor dem Mauerbau trotz eines sich verschärfendes Grenzregimes das Land verlassen. Selbst seit dem Mauerbau 1961 bis 1988 haben 600.000 Menschen die DDR verlassen. Seit 1989 sind dann Millionen gen Westen gezogen. Der Westen jubelte, als diese Fluchtbewegung über Ungarn durch die Öffnung des „Eisernen Vorhangs“ die entscheidende Dynamik bekam. Nun applaudiert der Westen, da dieser „Eiserne Vorhang“ wieder geschlossen wird – das ist doch nur noch zynisch! Auch innerhalb Europas lassen sich Menschen nicht auf Knopfdruck in ihren Wanderungsbewegungen lenken. Deshalb sagen wir, Gregor Gysi hat das neulich erst im Bundestag deutlich gemacht: Wir wollen nicht Menschen verteilen, aber die Kosten, die nun mal mit ihrer Integration verbunden sind. Eines darf aber nie vergessen werden: Deutschland ist das mit Abstand bevölkerungs- und wirtschaftsstärkste Land Europas. Von dieser Stärke profitieren auch wir in Sachsen, die wir unseren Staatshaushalt bisher nur zur Hälfte aus eigener Kraft finanzieren. Auch deshalb sollte unser Beitrag zur Solidarität mit Flüchtlingen selbstverständlich sein. Wir liegen in der Mitte Europas – Grenzen darf es hier nie wieder geben!