Tillichs Thesenpapier zu 25 Jahren Einheit Ausdruck der beklagten defizitären politischen Streitkultur in Sachsen
Zum heute vom sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU) vorgestellten Thesenpapier zur Wiedergründung des Freistaates vor 25 Jahren:
„Die politische Streitkultur ist defizitär“ – in Sachsen. Das schreiben die zwei Frauen und 17 Männer der von der Staatsregierung beauftragten Expertenkommission. Das zitiert der Ministerpräsident zustimmend. Dieses „Thesenpapier“ selbst ist beredter Ausdruck der defizitären Streitkultur: Es dient vorwiegend der politischen Heiligsprechung von Helmut Kohl, der historischen Verdammnis aller alternativen demokratisch-sozialistischen Überlegungen in der Wendezeit und der Fortschreibung der parteiamtlichen Geschichtsschreibung aus dem Blickwinkel der sächsischen CDU. Wir leben heute glücklicherweise in einem freien Land, und deshalb verteidige ich selbstverständlich das Recht von Menschen, ein solches Dokument zu erdenken und zu verbreiten. Dass hier aber wie in der DDR eine Art offizielle geschichtspolitische Lehre produziert wird, zeigt einmal mehr, dass die CDU Sachsen das machtpolitische Erbe der SED angetreten hat. Besonders bizarr ist, dass einerseits die Ausreisewelle aus der DDR der 80-er Jahre als „größte Bürgerbewegung“ gefeiert, die gegenwärtigen rassistischen Abwehrkämpfe in fast allen sächsischen Regionen gegen die aktuelle, zu uns kommende „Bürgerbewegung“ gegen Krieg und Krise verschwiegen werden. Insofern bleibt mein Resümee: Ausdrucken lohnt nicht.
PS.: These 23 (Das Verständnis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und die Akzeptanz der repräsentativen Demokratie sind auch 25 Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands bei Teilen der sächsischen Bevölkerung zu schwach ausgeprägt. Insbesondere die politische Streitkultur ist defizitär. An die Stelle von offener, fairer und respektvoller Auseinandersetzung tritt allzu häufig Radikalismus bis hin zu offenem Hass und Gewaltbereitschaft.) stimme ich ausdrücklich zu. Der darin beschriebene Zustand ist auch Ausdruck der Arroganz der sächsischen CDU, die Alternativen in Debatten nie zugelassen hat.