Von der demokratischen Aufbruchstimmung der friedlichen Revolution ist nach 25 Jahren wenig übrig geblieben
Aktuelle Debatte auf Antrag der Koalitionsfraktionen CDU und SPD „In Freiheit und Selbstbestimmung – 25 Jahre Parlamentarismus in Sachsen“:
Es gilt das gesprochene Wort!
1. Feststellung: Von der demokratischen Aufbruchsstimmung der friedlichen Revolution ist nach 25 Jahren CDU-Herrschaft in Sachsen wenig bis gar nichts übrig geblieben.
2. Feststellung: Die wahren Heldinnen und Helden der friedlichen Revolution von 1989 sind auf die Straße gegangen um das Einparteiensystem mit angeschlossen willigen Erfüllungsgehilfen, zu überwinden.
Sie wollten Partizipation, Streitkultur und Meinungspluralismus.
3. Feststellung: Bekommen haben sie und wir alle eine neue Staatspartei, die mit regelmäßigen patriotischen Parolen, Selbstlob und Ausgrenzungen agiert.
4. Feststellung: Die aktuelle sächsische Demokratie ist ausgesprochen beteiligungsskeptisch und staatsfixiert. An einer vitalen Bürgergesellschaft zeigt sie kaum Interesse. Sie handelt nach der ausgesprochenen konservativen Devise: Viele Köche verderben den Brei!
5. Feststellung: Wir haben in diesem Parlament die Freiheit zu sagen, was wir wollen. Egal ob jemand zuhört oder nicht.
6. Feststellung: Sachsen nennt sich Frei-staat. Das soll unterstreichen, so die offizielle Auslegung auf der Internet-Präsenz des Landes, dass Sachsen „von seinen freien Bürgern regiert wird.“ Man muss nicht den Verirrungen derer auf den Leim gehen, die lauthals „Volksverräter“ schreien, um festzustellen: Auf die Idee, dass Sachsen zurzeit von seinen freien Bürgerinnen und Bürgern regiert wird, kommt ernsthaft wohl niemand.
7. Feststellung: Die Staatspartei SED hatte wenigstens noch die Blockparteien zu Wort kommen lassen. Sachsens CDU aber ist totalitär gestimmt. Wie man bei der nächsten geplanten Festveranstaltung „25 Jahre Sächsischer Landtag“ am 27. Oktober in der Dresdner Dreikönigskirche sehen kann. Als Rednerinnen und Redner sind ausschließlich Menschen aus der CDU oder ihrem Umfeld vorgesehen. Wie schon am 3. Oktober bei der amtlichen Feierstunde der Staatsregierung.
8. Feststellung: Die sächsische CDU 2015 ist die SED hoch zwei des Jahres 1989. Damit ist auch die Frage geklärt, wer die wahre Nachfolgepartei der SED ist.
9. Feststellung: Ihre Schamlosigkeit ist grenzenlos. Da verhöhnte Dresdens Ex-OB Herbert Wagner beim Festakt am 3. Oktober in Meißen die Künstlerinnen und Künstler, die im Herbst 1989 für eine demokratisch veränderte DDR eingetreten sind. Nebenbei bemerkt: wie Millionen andere damalige DDR-Bürger auch.
10. Feststellung: Wir LINKE wollen nicht die politischen Schlachten jener Tage wiederaufleben lassen – das ist Geschichte. Wir erwarten aber Respekt gegenüber Engagierten, die eine andere Meinung hatten als damalige und spätere CDU-Funktionäre!
11. Feststellung: Wohin diese Arroganz der Staatspartei CDU führt, wundert dann auch niemanden mehr. Leider gibt es immer mehr und mehr Menschen in Sachsen, die mit demokratischen Spielregeln nichts mehr anfangen können. Seit über einem Jahrzehnt blockiert die CDU die Absenkung der Hürden für direkte Demokratie.
12. Feststellung: Freiheit und Selbstbestimmung können wir 25 Jahre nach der Wiedererstehung Sachsens und elf Jahre nach dem Beitritt unserer Nachbarländer in die EU nur europäisch denken.
13. Feststellung: Wir brauchen einen Neustart – in Sachsen und in Europa. Wer die Früchte des Mauerfalls durch neue Mauern schützen will, wird das nicht schaffen.
14. Feststellung: Wir müssen die sozialen Mauern einreißen – in Sachsen, Deutschland und der Welt! Das kommt allen zugute, gerade auch unseren Werten und unserer Kultur.
15. Feststellung: Der Gesellschaftswandel, der durch steigenden Altersdurchschnitt und regionale Entvölkerung auf der einen und Zuwanderung überwiegend junger Menschen auf der anderen Seite eintritt, ist das zentrale Thema der nächsten Jahre.
Wir müssen deswegen vermitteln, dass dieser Prozess eine Chance für Sachsen ist und keine Bedrohung.
Schlussbemerkung: „Ich kenne keinen, der sich die DDR, so wie sie war, unfrei, bürokratisch, langweilig und knapp an Gütern, zurückwünschte mit der ewigen Bevormundung. Und doch war die angemaßte Autorität der Funktionäre nicht das Ganze“, schrieb Stefan Heym am 30. September 1995 in einem Aufsatz zu fünf Jahre Einheit.
Ich stimmte dieser Einschätzung uneingeschränkt zu!