Zur Verabschiedung von Annekatrin Klepsch, der designierten Dresdner Kulturbürgermeisterin, in der Landtags-Linksfraktion
Liebe Anne,
dieser Abschied heute war von der Fraktion weder geplant noch gewollt. Er hat uns gewissermaßen ereilt. Wenn auch nicht ganz plötzlich und unerwartet, denn Deine Kandidatur für das Amt der Dresdner Kulturbürgermeisterin ist ja nun schon eine Weile im öffentlichen Raum. Und natürlich habe ich keine Sekunde an Deiner Fähigkeit gezweifelt, die Dresdner Stadträtinnen und Stadträte von Deinen Qualitäten zu überzeugen.
Es sind Qualitäten einer Fachpolitikerin mit breitem, praktisch erprobtem Spektrum, ob es nun Kulturpolitik, Jugendhilfe, frühkindliche Bildung, Wissenschaft und Hochschulen und so weiter und so fort sind. Es sind zugleich Qualitäten einer Führungspersönlichkeit, die ihr Schicksal nicht darin sieht, nur ein Rädchen im Getriebe und willige Vollstreckerin von Beschlusslagen zu sein. Ich weiß, wovon ich rede. Es war nicht immer einfach. Aber immer interessant. Und stets mit Erkenntnisgewinn verbunden.
Du kannst mir glauben, dass mir diese kleine Rede nicht leicht fällt. Es sind ja Worte des Abschieds. Da nun mal jeder Abgeordneten im Rahmen der Verabschiedung aus dem Landtag eine Dokumentation der eigenen gehaltenen Parlamentsreden zusteht – zumindest haben wir es bisher immer so gehandhabt –, werde ich dir jetzt gleich den entsprechenden Reden-Band überreichen. Herausgegeben von der Fraktion, die so auch gewissermaßen ganz offiziell für die erbrachten Leistungen dankt. Es wird Dich wahrscheinlich selbst erstaunen, wann und wie oft Du zu den höchst unterschiedlichen Themen Deines breit gefächerten Verantwortungsbereichs das Wort ergriffen hast. Immer argumentationsstark, finde ich.
Mehr oder minder gern wirst Du Dich dabei daran erinnern, dass Du manches Mal für uns als „Feuerwehr“ Dich einsetzen ließest – als in vielerlei Hinsicht „Unbelastete“, der es aber nie an Empathie für diejenigen gebrach, denen ihre biographischen Rahmenbedingungen nicht wenig drückenden Ballast auf die Schultern geladen haben. Wie gesagt: Leicht gemacht hast Du es Dir selbst nie – und uns auch nicht: Deine Wissbegierde ist unstillbar, und Dein Drang, politische Positionen mit zweifelhafter Plausibilität in ihrer Begründung auch dann in Frage zu stellen, wenn sie in linken Kreisen alternativlos zu sein scheinen.
All dies werden wir nun in der Fraktion, aber auch im Landtag schmerzlich vermissen, die Du zu Beginn des siebten Jahres, das sicher kein verflixtes geworden wäre, Richtung Dresdner Rathaus verlässt. Du hinterlässt außerdem zuverlässig und wirkungsvoll bestellte Politik-Felder, deren künftige Pflege mir teilweise noch Kopfzerbrechen bereitet. Daher ist dieser Abschied auch nicht so rund und reibungslos, wie es im Idealfall bei der Verabschiedung Langgedienter am Ende einer Wahlperiode stattfindet.
Es war klar, dass das kommunale rot-rot-grüne Regierungsprojekt in der sächsischen Landeshauptstadt, von dem wir uns eine Initialzündung für einen Politikwechsel auf Landesebene erhoffen, die Besten braucht. Vor allem solche wie Dich, die in Dresden sozial wie kulturell tief verwurzelt sind. So füge ich mich mit dem sprichwörtlichen weinenden und lachenden Auge in mein Schicksal und wünsche Dir eine glückliche Hand in Deinem neuen Amt.
Es wird Dir – so meine persönliche Prognose – kein ruhigeres Leben bescheren. Da Du nicht nur eine erprobte Politik‑, sondern auch Familien-Managerin bist, werden Deine Kinder sicher weiter an Deinem bewegten Leben aus erster Hand Anteil nehmen können. Und das – ich weiß hier aus eigener Erfahrung, wovon ich spreche – kommt auch in gewohnter Weise Deiner politischen Kultur zugute.
Wer so viel wünscht wie ich jetzt hier, darf sich vielleicht auch etwas erbitten: Dass wir unsere aus meiner Sicht gute Zusammenarbeit auch unter veränderten funktionalen Bezügen fortsetzen. Immerhin bin ich ja schon durch meinen Wohnsitz in Deine dienstliche Obhut gegeben…
Danke, Anne!