Zurück zu DDR-Grenzregime? / Popanz Integrationsverweigerer
Zum Interview des sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU) mit der „Freien Presse“ („Wer keine Integration will, muss dazu gezwungen werden können“) im Vorfeld des CDU-Landesparteitages am Wochenende erkläre ich:
Herr Tillich baut den Popanz des Integrationsverweigerers auf, den man unter Kontrolle bringen müsse. Damit schürt er unverantwortlich die besonders in Sachsen grassierenden Ängste und irrationalen Bedrohungsszenarien. Er dokumentiert damit einmal mehr – auch durch Bekräftigung seiner fatalen Aussage, der Islam gehöre nicht zu Sachsen –, dass die unrühmlichen landestypischen kollektiven Hysterien einen Absender haben: die sächsische CDU.
Alle, die mit praktischer Flüchtlingshilfe zu tun haben, wissen, dass das Problem nicht darin besteht, angebotene Deutschkurse mit bisher Unwilligen zu füllen, sondern überhaupt Deutschkurse für Asylsuchende zu bekommen. Zur Wahrheit gehört auch, dass die meisten in ehrenamtlicher Verantwortung stattfinden. Der Ministerpräsident widerspricht sich zudem selbst, indem er einerseits zur Integration „zwingen können“ will, andererseits einschränkend sagt: „Wir sollten den Menschen, die länger hierbleiben, die Möglichkeit geben, Deutsch zu lernen (…)“ – wer aber länger hierbleiben soll, weiß die CDU in Sachsen selbst nicht. Der von ihre beklatschte Herr de Maizière stellt ja sogar das Bleiberecht von Menschen aus Syrien in Frage.
Noch absurder aber ist Tillichs Ruf, dass wir „wieder Grenzkontrollen brauchen, die auch ihren Namen verdienen.“ Was meint „wieder“? Die Bundesrepublik Deutschland hatte im Unterschied zur DDR immer offene Grenzen – ihre „grüne Grenze“ war nie ein Hindernis. Also kann das „wieder“ nur eine Anknüpfung ans DDR-Grenzregime bedeuten, das Herr Tillich aus eigener praktischer Anschauung kennt. Da hätten wir aber gerne schon genau gewusst, was er wieder haben will: Stacheldraht, Mauer, Selbstschussanlagen, Schusswaffengebrauch gegen „Grenzverletzer“? Ich erwarte, dass Herr Tillich sich dazu auf dem CDU-Landesparteitag äußert. Ich kann mir ernsthaft nicht vorstellen, dass sich sächsische Christ-Demokraten aus dem Maßnahmen-Arsenal der DDR-Grenzbefestigung bedienen wollen.