Jeder und jede im Landtag muss einen eigenen Beitrag leisten, um die Eskalationsspirale in Sachsen zu stoppen

Rede von der heuti­gen Land­tags­de­bat­te über den AfD-Antrag „Verurteilung jeglich­er poli­tisch motiviert­er Gewalt“ - Es gilt das gesproch­ene Wort!

Die Eskala­tion von Kon­flik­ten, die wir zurzeit ger­ade in Sach­sen erleben, ist in erster Lin­ie ein poli­tis­ches, kul­turelles, soziales und dann polizeilich­es und strafrechtlich­es Prob­lem. Und in dieser Rei­hen­folge muss es auch bear­beit­et wer­den.

Vor weni­gen Wochen erlebten wir den Anschlag auf das pri­vate Leben­sum­feld von Min­is­ter Gemkow. Ich habe damals gesagt: Das ist Ter­ror pur und ver­di­ent nur eine Antwort: Ver­ach­tung, Ver­fol­gung und Verurteilung. Wer Ver­let­zun­gen von Fam­i­lien­ange­höri­gen poli­tisch Ver­ant­wortlich­er in Kauf nimmt, ist so durchgek­nallt, dass er mit allen recht­staatlichen Mit­teln schnell­st­möglich entschärft wer­den muss.

Dieser Anschlag war aus mein­er – aus Sicht der LINKEN — zugle­ich ein neuer Tief­punkt poli­tis­ch­er Unkul­tur in Sach­sen. Dabei ist mir her­zlich egal, welch­es Pseudo­mo­tiv der oder die Täter ihrem brachialen Verge­hen gegen das Fun­da­ment zivil­isierten Zusam­men­lebens wom­öglich umhän­gen. Die fortschre­i­t­ende Enthem­mung bei der Wahl der Mit­tel im poli­tis­chen Kon­flikt ist ein zen­trales Prob­lem für die Demokratie in Sach­sen.

Ob ille­gale Block­aden von Asy­lun­terkün­ften, Bran­dan­schläge, Über­griffe auf Flüchtlingshelfer/innen, Attack­en auf Jour­nal­is­ten, Angriffe auf öffentliche Ein­rich­tun­gen und Polizeikräfte, die nicht abreißende Serie von Zer­störun­gen an Abge­ord­neten- und Partei-Büros, die Angriffe auf Geflüchtete  – hier sind längst alle Gren­zen über­schrit­ten. Das staatliche Gewalt­monopol gerät in Sach­sen ins Wanken.

All das ändert nichts an mein­er vor­ge­tra­ge­nen Fest­stel­lung: Wer meint, mit Kör­per­ver­let­zun­gen und Sachbeschädi­gun­gen seinem Unmut Aus­druck ver­schaf­fen zu müssen, und selb­st Unbeteiligte gefährdet, hat ein falsches Feind­bild und muss strafrechtlich belangt wer­den.

Natür­lich haben wir als Partei DIE LINKE ein poli­tis­ches Prob­lem, wenn Leute mit dem Pflaster­stein in der Hand Straßen­bahn­hal­testellen und wahl­los alles, was sich in Wur­fweite befind­et, zer­legen und vor- und hin­ter­her den Ein­druck zu erweck­en ver­suchen, das geschehe aus link­er Moti­va­tion.

Selb­stver­ständlich lässt sich aus unser­er linken Grundüberzeu­gung keine Recht­fer­ti­gung zur Zer­störung von Straßen­bahn­hal­testellen ableit­en. Und erst recht nicht, in der Nähe ein­er Asy­lun­terkun­ft bürg­erkriegsähn­liche Zustände zu insze­nieren. Das hat meine Kol­le­gin Juliane Nagel bere­its am Sonnabend scharf verurteilt, und dem schließe ich mich an.

Alle die da mein­ten, am Sonnabend eine Spur der Ver­wüs­tung durch die Karl-Liebknecht-Straße ziehen zu müssen, die haben der Willkom­men­skul­tur, dem Antifaschis­mus, dem Anti­ras­sis­mus, dem Kampf gegen alte und neue Nazis einen Bären­di­enst erwiesen.

Das ist meine Überzeu­gung und das ist auch die Posi­tion aller Mit­glieder mein­er Frak­tion.

An der Stelle will ich mal noch ein­fü­gen: Wer nun meint, den säch­sis­chen Ver­fas­sungss­chutz als Schuldigen benen­nen zu müssen, weil er nicht rechtzeit­ig genug gewusst und nicht richtig informiert hat, scheint immer noch zu glauben, dass Fußball immer und über­all eine saubere Sportart ist.

Liebe Kol­legin­nen und Kol­le­gen der CDU, SPD und der GRÜNEN,

wir müssen ALLE aus diesen Vor­fällen ler­nen. Deshalb sollte jede und jed­er erst mal bei sich selb­st anfan­gen und nicht als erstes andere beschuldigen.

Wir alle wer­den unsere Schlussfol­gerun­gen zu ziehen haben. Zum Beispiel genau darauf zu acht­en, dass unsere Worte und unser Ver­hal­ten nie­man­dem Vor­wand für Gewalt geben kann.

Dazu beste­ht vor allem bei Antrag­steller AfD drin­gende Notwendigkeit. Denn Ihre Pressemit­teilun­gen und Wort­mel­dun­gen, Ihr Auftreten bei den  von Ihnen organ­isierten „Asyl-Chaos“-Veranstaltungen sind oft genug geistige Brand­fack­eln, die dann von anderen in Brand­s­tiftung und Anschläge gegen Geflüchtete umge­set­zt wer­den.

Ich würde mir aber auch von der CDU weniger Besser­wis­serei wün­schen, zumal Sie in einem Glashaus sitzen, das bere­its teil­weise zerdep­pert wurde.

Wis­sen Sie, Herr Kol­lege Hart­mann, es fällt schon auf, dass Sie nach der Ran­dale von Leipzig schnell von „Staats­fein­den“ sprechen.

Das haben Sie in Hei­de­nau nicht getan. Sie haben stattdessen in Ihrer Pressemit­teilung lang und bre­it Ver­ständ­nis für Bürg­er­sor­gen anlässlich der Asylpoli­tik gezeigt. Uns wäre angesichts dessen, was sich an brachialer Krim­i­nal­ität rund um die dor­tige Erstauf­nah­meein­rich­tung gegen Geflüchtete ent­laden hat, ein solch­es State­ment von Ihnen als Gewal­trecht­fer­ti­gung vorge­hal­ten wor­den.

Bitte gehen auch Sie in sich, meine Damen und Her­ren von der CDU! Man kann näm­lich nicht ständig auf allen Ebe­nen Brand­briefe an die Bun­deskan­z­lerin schreiben und vor „here­in brechen­den Flüchtlingsströ­men“ war­nen. Und dann erstaunt tun, wenn Leute im Namen Ihrer Kri­tik, meine Damen und Her­ren von der CDU, zur Tat schre­it­en: ob in Hei­de­nau, Freiberg, Jahns­dorf oder ander­swo.

Jed­er und jede hier im Raum muss sich der Ver­ant­wor­tung stellen, einen eige­nen Beitrag leis­ten, um die Eskala­tion­sspi­rale zu stop­pen.

Es ist höch­ste Zeit für ein Bünd­nis aller demokratis­chen Organ­i­sa­tio­nen und zivilge­sellschaftlichen Kräfte für ein friedlich­es, buntes Zusam­men­leben und eine gewalt­freie Stre­itkul­tur im Freis­taat Sach­sen.