Unterrepräsentanz der Ostdeutschen in Führungspositionen hat gravierende Folgen für gesellschaftliches Klima
Zur aktuellen Studie und Berichterstattung über Unterrepräsentanz der Ostdeutschen in Führungspositionen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, insbesondere aber auch an Hochschulen:
Diejenigen, die 1990 überall dort, wo zwei Ostdeutsche noch in verantwortlicher Position saßen, eine „Seilschaft“ witterten, die beseitigt werden müsse, haben offenbar ihrerseits Karriere-Seilschaften die Bahn geebnet, die nun eine westdeutsche Dominanz in Schlüsselstellungen Ostdeutschlands verstetigen. Zugleich wurden nach der Wende Hunderttausende qualifizierte junge Ostdeutsche faktisch durch ökonomische Perspektivlosigkeit in die alten Bundesländer vertrieben – diese Menschen fehlen uns nun als Nachwuchs im Osten. Die Folgen dieser Unterrepräsentanz der Ostdeutschen in verantwortlichen Funktionen ihrer Heimat sind gravierend: Menschen, die sich selbst nicht angemessen vertreten und daher nicht mehr beheimatet fühlen, tun sich schwerer, neu Ankommende mit offenen Armen aufzunehmen. Das rechtfertigt kein Fehlverhalten, schon gar keine Übergriffe, macht aber eine vielerorts spürbare negative Grundstimmung in der Gesellschaft und unterentwickelte „Willkommenskultur“ erklärbar. Wahrscheinlich brauchen wir ein Förderprogramm für Ostdeutsche, das dieser Unterrepräsentanz entgegengewirkt. Mit ein paar Rückkehr-Werbe-Kampagnen ist es nicht getan. Mich würde interessieren, was sächsische CDU-Politiker wie Kurt Biedenkopf, Georg Milbradt und Stanislaw Tillich, die seit Anfang der neunziger Jahre die Politik der dominierenden Partei in Sachsen mit prägen und damit die gesellschaftlich höchst problematische Schieflage durch entsprechende Weichenstellungen zu verantworten haben, nun als Lösungsvorschläge auf den Tisch legen.