Veranstaltung „Familie mit Kindern in Sachsen – Leben zwischen Wirklichkeit und Wunsch“
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Genossinnen und Genossen,
schön, dass Sie unserer Einladung zu einem — aus meiner Sicht — so wichtigen Thema gefolgt sind.
Diese Veranstaltung knüpft an unser letztes Gespräch mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände an, welches einmal jährlich stattfindet und eine absolute Bereicherung für mich und viele Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion darstellt. Durch die Gespräche mit den Familienverbänden erfahren wir wie es in der Realität der Familien in Sachsen aussieht. Durch Gespräche und Veranstaltungen wie diese erfahren wir, was Politik tun kann – eigentlich muss, um das Leben der Familien in Sachsen lebenswerter zu gestalten.
Lebenswert bedeutet für uns als LINKE, dass keine Familie in Armut leben muss oder von ihr bedroht wird. Hiervon sind leider vor allem kinderreiche Familien und Alleinerziehende betroffen.
Lebenswert bedeutet, dass jedes Kind die gleichen Entfaltungsmöglichkeiten hat.
Lebenswert bedeutet auch, dass jeder Lebensentwurf und jede Familienform gleichwertig ist. Dabei ist es völlig egal ob alleinerziehend, ob kinderreich, egal ob verheiratet oder nicht, egal ob Frau und Frau oder Mann und Mann.
Lebenswert bedeutet, Zeit zu haben. Zeit zu haben für die Kinder, für seine Partnerin oder seinen Partner. Zeit zu haben für die Familie. Zeit füreinander ist mittlerweile vermutlich für die meisten Familien das höchste Gut. – Da weiß ich wirklich wovon ich spreche ‑J
Für dieses „lebenswert“ bedarf es jedoch einer modernen Familienpolitik, die sich von überholten Wertvorstellungen verabschiedet.
Letztere entsprechen in keinem Maße der Realität der Familien von heute. Das kann man auch relativ einfach an Zahlen festmachen: Vor 10 Jahren waren knapp Dreiviertel der Paare mit Kindern verheiratet, 2014 war es nur noch die Hälfte. Auch der Anteil der Alleinerziehenden ist seit 1996 um ca. 10% gestiegen. Diesem Trend muss auch die Familienpolitik angepasst werden.
Das heißt, dass Familien mehr und besser unterstützt werden müssen. Diese Unterstützung sehen wir finanziell – nicht nur über das Ehegattensplitting- , aber auch in der Organisation des Familienalltags.
Das können, nein das müssen familienfreundliche Arbeitszeiten in Betrieben oder längere und flexible Öffnungszeiten von Kitas sein. Diese sind vor allem für Eltern mit ungewöhnlichen Arbeitszeiten oder auch Alleinerziehende besonders wichtig.
Da vor allem Alleinerziehende und ihre Kinder viel eher in Armut leben oder durch sie bedroht sind, muss man ihnen Sicherheit und Unterstützung anbieten. Diese Unterstützung sollte auch unabhängig von staatlichen Leistungen zum Beispiel in Form von Weiterbildungsangeboten oder durch bessere soziale Vernetzung funktionieren. An dieser Stelle leisten vor allem die Familienverbände einen großen Beitrag um genau diesen Familien das Leben ein wenig leichter zu machen.
Auch beim Thema Integration von Geflüchteten spielt die Familie eine entscheidende Rolle. Leider haben das vor allem die alten Bundesländer bereits bei der Integration der Gastarbeiter in den 50er Jahren und auch danach verpasst, woraus heute zum Teil irrationale Ängste herrühren.
Der Fehler war, dass man dachte, die Gastarbeiter würden wieder gehen – dadurch fand die Integration überhaupt nicht statt, selbst dann nicht als es zum Familiennachzug gekommen ist.
Hier findet sich im Folgenden ein weiterer Denkfehler: die Frauen, die ja eine enorm wichtige Position innerhalb der Familie einnehmen, wurden nicht in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft integriert. Also, Integration von Familien, insbesondere Integration von Frauen, stellt einen wichtigen Teil moderner Familienpolitik dar – indem Fall unabhängig des Geburtsortes.
Familienpolitik für uns LINKE heißt auch, dass diese sich vor allem am Wohl des Kindes und einer geteilten Erziehungsverantwortung orientiert. Männer sollten mehr in die Verantwortung für die Erziehung der Kinder genommen werden. In Schweden ist das bereits seit Jahren gut funktionierende Realität und Selbstverständlichkeit. So nehmen zum Beispiel die Väter in Schweden viel häufiger Elternzeit. Damit wird die Frau in der Erziehung nicht isoliert und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird zur Normalität und nicht zum Spießrutenlauf.
Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird auch durch eine gut ausgebaute Infrastruktur gewährleistet. Familien brauchen ein soziales wie auch institutionelles Netzwerk um sich, das sie in ihrer Erziehung unterstützt und auch dem Kind die bestmöglichen Fördermöglichkeiten bietet. Dafür müssen vor allem die Kreise und Kommunen entsprechend finanziell ausgestattet werden, denn nur sie können diese Infrastruktur gewährleisten.
An dieser Stelle könnte ich noch viel mehr aufzählen, was für uns als LINKE wichtig und richtig ist. Aber ich würde das Wort zunächst an meine Kollegin Kerstin Lauterbach übergeben, die mit ihrer Großen Anfrage versucht hat Licht ins familienpolitische Dunkel der letzten Jahre zu bringen.
Als Schnittstelle zur Politik werden Frau Brackelmann und Frau Fischer als Vertreterinnen der Familienverbände anschließend ihre Eindrücke und Erfahrungen schildern und vielleicht schon einen Bogen zwischen der Lebenswirklichkeit der Familien und politischen Handlungsoptionen schlagen.
Die ich hiermit ganz herzlich begrüßen möchte.
Ich denke, damit haben wir für die anschließende Diskussion einen wichtigen Rahmen geschaffen und werden durch einen hoffentlich regen Austausch über Familienpolitik aber auch über Realitäten in Familien herausarbeiten können, was vor allem Politik zu einem lebenswerten Leben der Familien beitragen kann.
Ich muss mich leider dafür entschuldigen, dass ich die Veranstaltung sehr Zeitnah verlassen muss, weil es meine heutige Terminplanung leider nicht zulässt länger bei Ihnen zu bleiben.