Zu Ragnitz: Treuhand-Unrecht muss vom Bundestag aufgearbeitet werden! Erwarte von Köpping Unterstützung
Zu den Aussagen von Prof. Dr. Joachim Ragnitz vom Dresdner Ifo-Institut in „Bild“ („Osten erst in 230 Jahren auf West-Niveau!“) wie „Man hätte von Anfang an bei der Treuhand-Privatisierung ostdeutsche Unternehmer bevorzugen und mehr Firmengründungen im Osten fördern müssen” erkläre ich:
Vor allem hätte man die Menschen aus dem Osten besonders fördern müssen bei der Übernahme bzw. beim Kauf von Unternehmen oder Unternehmsteilen. So hätten viel mehr Beschäftigte von Unternehmen aus DDR-Zeiten ihren Betrieb in eigene Hände nehmen können – es wäre ganz konkret „Volkseigentum“ entstanden, das diesen Namen wirklich verdient. Das war aber politisch nicht gewollt – die LINKE bzw. damals PDS ist die einzige Partei gewesen, die die Verschleuderung der ostdeutschen Volkswirtschaft als 1‑D-Mark-Schnäppchen oder sogar noch mit Zubrot an überwiegend westdeutsche Interessenten entschieden abgelehnt hat, unter denen sich eben nicht nur verdienstvolle Investoren befanden.
Die Folgen sind bekannt: Im Osten fehlen Konzernzentralen, gut bezahlte Arbeitsplätze sind Mangelware, viele Betriebsstätten sind verlängerte Werkbänke. Und nicht wenige Ost-Betriebe wurden nur zu symbolischen Preisen übernommen, um sie später im Sinne der Marktbereinigung und Beseitigung von Konkurrenz stillzulegen.
Die Treuhandpolitik, die nicht zuletzt auch kriminellen Investoren Tür und Tor öffnete und zur Deindustrialisierung ganzer Regionen führte, bedarf der umfassenden Aufarbeitung. Ich unterstütze daher die Forderung der Thüringer LINKEN nach einer Enquetekommission des Deutschen Bundestages in der nächsten Wahlperiode, die diese tiefen Einschnitte in das Leben Millionen Ostdeutscher aufarbeitet. Am Ende dieser notwendigen und längst überfälligen Aufarbeitung sollten aber klare Empfehlungen stehen, was nun getan werden muss, damit die wirtschaftliche Ost-West-Angleichung eben nicht 230 Jahre dauert…
Ich würde mich freuen, wenn Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) diese Aufarbeitung der Treuhandpolitik öffentlich unterstützen würde. Es ist gut, wenn die Benachteiligung Ostdeutscher endlich auch von einer SPD-Ministerin thematisiert wird. Diese Benachteiligung ist allerdings nicht vom Himmel gefallen. Wo es Opfer gibt, gibt es auch Täter. Sie sind nicht selten bis heute mit Rendite und Renommee gesegnet. Das unterscheidet sie von den Treuhandpolitik-Geschädigten, deren Schicksal bis heute heißt: unterbrochene Erwerbsbiographie, Dumpinglöhne, Niedrigrente.