Dieselgipfel – Sachsen: Dulig widerspricht sich selbst / keine „Bestrafung“ ganzer Bevölkerungsgruppen
Wie die sächsische Staatsregierung mit dem „Dieselgipfel“ umgeht, kritisiere ich scharf:
Sachsens Regierungsspitze agiert einmal mehr gespalten und schwach – Tillich begrüßt die Ergebnisse des „Dieselgipfels“, während sein Stellvertreter von der SPD, Wirtschaftsminister Martin Dulig, „enttäuscht“ ist und sich „ärgert, dass die Automobilindustrie offenbar noch immer nicht verstanden hat, was auf dem Spiel steht“. Daran, dass es so weit gekommen ist, hat Martin Dulig persönlich eine Aktie. Als die Linksfraktion 2015 im Landtag darüber sprechen wollte, wie Schaden aus der Dieselaffäre abzuwenden sei, polterte Dulig unsachlich: „Es ist kein Skandal, es ist kein Desaster.“ Er behauptete gar: „Es ist ein Angriff auf die deutsche Automobilindustrie, der vollzogen wird.“ Entsprechend löst seine 180-Grad-Kehrtwende jetzt bei sächsischen Autobauern Unverständnis aus, aber auch bei uns: Was hat Martin Dulig zusammen mit seinen niedersächsischen Parteifreunden (gegen den Anteilseigner Land Niedersachsen kann bei VW keine wichtige Entscheidung getroffen werden), eigentlich dafür getan, dass es nicht zu der derzeitigen Zuspitzung kommt? Offenbar so gut wie nichts.
Marco Böhme, mobilitätspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, fügt hinzu:
Das Mindeste, was nun passieren muss, ist, dass es nicht nur Software-Updates für die betroffenen Fahrzeuge gibt, sondern dort, wo eine Umrüstung möglich ist, diese schleunigst umgesetzt wird. Und selbstverständlich haben dafür die Konzerne zu zahlen! Das ist sowieso nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn dies maximal 30 % Schadstoffreduktion bringt, der Grenzwert aber um 400 % überschritten wird. Man stelle sich vor, ein Bäcker hätte jahrelang so vorsätzlich gepfuscht wie die Verantwortlichen in der Autoindustrie – der faktische Freifahrtschein zum Rechtsbruch muss entzogen werden!
Parallel braucht es eine Umsetzung der vielen Ideen für eine nachhaltige Verkehrspolitik: Sofortmaßnahmen wie Fahrpreissenkung im ÖPNV, mehr Tempo-30-Zonen, verbesserte Bedingungen für Radverkehr und ÖPNV. Das Geld dafür ist da. Pläne gibt es auch. Es mangelt an der politischen Umsetzung. Die Verkehrswende geht alle an. Es ist falsch, einseitig einkommensschwache Benutzer*innen älterer Autos oder die Benutzung von Dieselfahrzeugen pauschal zu „bestrafen“. Es geht darum, dass in den Städten wieder der Mensch im Mittelpunkt steht – gesundheitsgefährdende Luftverschmutzung und Lärmbelastung sowie horrender Flächenverbrauch für Autoverkehr gerade in Vierteln, wo Menschen wohnen, die nicht viel Geld zur Verfügung haben, sind damit unvereinbar. Wir brauchen bessere Park&Ride-Systeme, damit künftig in den Stadtzentren weniger unwirtliche Straßenschluchten und mehr belebte Plätze für Lebensqualität für alle sorgen — Bewohner*innen wie Besucher*innen.