Meine letzte Rede als Landesvorsitzender

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Auf der 2. Tagung des 14. Lan­desparteitages der säch­sis­chen LINKEN am 04. und 5. Novem­ber 2017 in Chem­nitz hat­te ich die Möglichkeit das let­zte Mal als Lan­desvor­sitzen­der der LINKE Sach­sen zu sprechen:

Liebe Genossin­nen und Genossen,

liebe Gäste,

Chem­nitz ist eine gute Adresse. Hier sind Kraftk­lub und Karl Marx beson­ders groß. Bei­de sind beispiel­hafte Quellen der Inspi­ra­tion – auch für einen Parteitag der LINKEN.

Wir haben es selb­st in der Hand, ob wir auch eine Quelle der Inspi­ra­tion sind. Lasst uns von diesem Parteitag das Sig­nal nach ganz Sach­sen und darüber hin­aus senden:

Wir, DIE LINKE, rufen zum „Wet­tbe­werb um die besten Ideen für die Zukun­ft der Men­schen in Sach­sen auf“! Notwendig ist das alle­mal.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

wir tre­f­fen uns hier sechs Wochen nach der Bun­destagswahl, welche ein his­torisches Wahlergeb­nis brachte.

Es gibt einen Kraftk­lub-Song mit dem Titel: „Wenn du mich küsst.“ Darin heißt es: „Und wenn du mich küsst, dann ist die Welt ein biss­chen weniger Scheiße!“ Um es klar und deut­lich zu sagen: Das säch­sis­che Wahlergeb­nis wird lei­der auch durch noch so viel Küssen nicht weniger Scheiße.

Man kön­nte ja sagen: Noch nie waren wir der CDU so dicht auf den Fersen – uns tren­nen nur noch gut zehn Prozent! Wenn ich das ernst meinen würde, würdet ihr mich wahrschein­lich fra­gen:

Was hast du denn genom­men? Denn die CDU wurde ja ger­ade über­holt – von ein­er Partei, die irgend­was zwis­chen schräger deutschna­tionaler Truppe und aktu­al­isiert­er Wiedergän­gerin der NSDAP ist.

Das ist übri­gens keine Wähler*innenbeschimpfung, son­dern eine Fest­stel­lung mit Blick auf AfD-Funk­tionäre wie Gauland, Höcke und Maier. Sie sind eine Gefahr für das friedliche Zusam­men­leben der Men­schen in Deutsch­land – und beson­ders gefährlich hier bei uns in Sach­sen!

Beson­ders pein­lich aber ist Frau Petry. Sie will nach eigen­em öffentlichem Beken­nt­nis völkisches Denken in Deutsch­land wieder hof­fähig machen. Sie find­et auch Schüsse auf Flüchtlinge an der Gren­ze o.k. – und – das muss ich jet­zt mal loswer­den – sie spielt jet­zt zugle­ich auch mit Hil­fe säch­sis­ch­er Medi­en die Rolle der helden­haften AfD-Dis­si­dentin.

Petry hat die AfD ver­lassen, weil sie ihr ange­blich zu recht­slastig gewor­den ist. Nein, das ist gel­o­gen. Petry hat es erst ermöglicht, dass sich die AfD zu ein­er ras­sis­tis­chen und frem­den­feindlichen Partei entwick­elt hat.

Also, um an die soge­nan­nte „blaue Wende“ der völkischen Petry zu glauben, muss man schon ganz schön besof­fen — also blau sein!

Wer nüchtern ist, erken­nt an den täglichen aus­län­der­feindlichen Hass-Pressemit­teilun­gen der „Blauen Gruppe“ im Land­tag, unterze­ich­net vom Petry-Ver­traut­en Wurl­itzer, dass zwis­chen diesen Leute und der AfD-Frak­tion kein Blatt Papi­er passt.

Wer von der CDU mit Petrys Truppe gemein­same Sache machen will und seien es nur Gedanken­spiele, der ver­ab­schiedet sich selb­st von den Grundw­erten der Demokratie!

Es ist doch offen­sichtlich, worum es hier geht: den Auf­bau eines Erpres­sungspoten­zials in der Hand ein­er immer weit­er nach Recht­saußen rutschen­den säch­sis­chen CDU. Damit soll der kleine Koali­tion­spart­ner SPD noch klein­er gemacht wer­den als er schon ist. Und was fällt dem stel­lvertre­tenden Min­is­ter­präsi­den­ten der SPD zur aktuellen Lage ein?

Er will der „sta­bile Fak­tor“ in diesem ganzen Elend bleiben. Mein Gott, Mar­tin, kriegst du ger­ade noch mit, was in Sach­sen los ist?

Ein­er, der schon lange nichts mehr mit­bekom­men hat, ist zurück­ge­treten. Sach­sens Min­is­ter­präsi­dent Stanis­law Tillich.

Nun soll also Michael Kretschmer der Mes­sias der säch­sis­chen CDU wer­den.

Dazu schrieb mir eine Frak­tion­skol­le­gin:

„Ich bin fas­sungs­los! Soviel Scham­losigkeit, fehlende Demut vor allem und ger­ade auch von Kretschmer selb­st, Ich kann das nicht mehr in Worte fassen! Ich ahne Schlimmes: Wie muss sich ein AfD-Wäh­ler in der Lausitz fühlen, der eben den Gen­er­al aus dem Bun­destag befördert hat und ihn nun als MP zurück­bekommt?

Nicht, dass ich über­mäßig auf die Gefühlswelt des AfD-Wäh­lers Rück­sicht zu nehmen bere­it bin: Aber das ist doch ein poli­tis­ch­er Affront und hat mit Wahlergeb­nisver­ste­hen nichts zu tun oder?“, soweit meine Frak­tion­skol­le­gin.

Für mich ste­ht fest:

Die säch­sis­che CDU will ein „Weit­er so“!

Diese CDU ist nicht mehr zu ret­ten! Und unsere Auf­gabe ist es auch nicht, die säch­sis­che CDU vor ihrem eigen­em Unter­gang zu ret­ten, liebe Genossin­nen und Genossen.

Nun wird oft gefragt, wer ist dieser Michael Kretschmer? Die Antworten hat er selb­st in den let­zten Jahren gegeben.

Der Mann war strikt gegen den Min­dest­lohn und behauptete, damit wer­den Arbeit­splätze ver­nichtet, der Min­dest­lohn führe nicht zu mehr sozialer Gerechtigkeit.

Wir wis­sen: Das Gegen­teil ist wahr: 300.000 Men­schen haben durch die Ein­führung des Min­dest­lohns mehr Geld in der Tasche.

Noch ein halbes Jahr nach der Abstim­mung im Bun­destag brüstete sich Kretschmer in einem Fernse­hin­ter­view, er sei – Zitat – „ein­er der­jeni­gen, der in den ver­gan­genen Jahren am meis­ten dage­gen argu­men­tiert hat.“ Hätte Herr Kretschmer beim Min­dest­lohn das Sagen gehabt, hät­ten Hun­dert­tausende Men­schen in Sach­sen weit­er Schaden genom­men. So ein Mann gehört nicht in die säch­sis­che Staatskan­zlei!

Ich finde auch, dass ein Mann nicht in die säch­sis­che Staatskan­zlei gehört, über dessen Auftritt bei „Anne Will“ die Online-Redak­tion ein­er kon­ser­v­a­tiv­en über­re­gionalen Tageszeitung schrieb:

„Kretschmer (…) trat dabei in manchen Phasen wie der in die CDU ver­längerte Arm von Pegi­da auf.“

Wir vergessen auch nicht, dass Kretschmer den Grenz­za­un von Ungarn lobte und schon vor Jahren stolz verkün­dete:

„Ich habe mich dafür aus­ge­sprochen, dass wir kon­se­quenter abschieben, inzwis­chen fordern das viele. Was gestern als Unver­schämtheit galt, ist heute Gesetz.“

Wer dafür sorgt, dass Unver­schämtes zum Gesetz wird, dem darf der säch­sis­che Land­tag nicht die Führung des Freis­taates anver­trauen!

Ein säch­sis­ch­er Jour­nal­ist hat dieser Tage auf sein­er Face­book-Seite doku­men­tiert, wie Kretschmer sein Face­book-Pro­fil offen­bar ein­er umfassenden „Säu­berung” unter­zo­gen hat und etliche Beiträge ent­fer­nt hat, die den Forderun­gen der AfD wom­öglich zu sehr ähneln und ihn bei der Wahl zum Min­is­ter­präsi­den­ten die drin­gend benötigten Stim­men der SPD kosten kön­nten.

Für welch­es Geld der Welt, wird sich die SPD-Frak­tion für dumm verkaufen lassen? Wir sind ges­pan­nt auf die Antwort am 13. Dezem­ber!

Liebe Genossin­nen und Genossen,

schon im Herb­st 1989 und im Früh­jahr 1990 war diese Stadt hier mein Ziel, als ich mit dem Bus von Aue nach Karl-Marx-Stadt fuhr, um im Bezirksvor­stand der SED bzw. SED/PDS mitzuar­beit­en.

Vor zehn Jahren wurde hier in Chem­nitz die Linkspartei in Sach­sen aus der Taufe gehoben. Es war heiß. Wir haben geschwitzt, aber wir haben es gemein­sam geschafft.

Chem­nitz erlebte weit­ere zahlre­iche Parteitage mit Weg­marken unser­er eige­nen Geschichte. Freude und Trauer lagen und liegen häu­fig eng beieinan­der und bleiben unvergessen.

Vor fünf Jahren starb Lisa-Marie Jatzke am Rande des Parteitags durch eine heimtück­ische Krankheit.

Lisa-Marie hat den Parteitag selb­st noch voller Lebensen­ergie eröffnet. LMJ, wie sie genan­nt wurde, sagte damals:

„Wir schaf­fen es immer wieder, uns viele Fra­gen zu stellen und diese auch ver­schieden zu beant­worten und brin­gen uns damit erstaunlicher­weise auch weit­er.“

Im Gedächt­nis an diese lei­den­schaftliche Mit­stre­i­t­erin für eine bessere Welt ohne Ras­sis­mus, Anti­semitismus, Sex­is­mus und Homo­pho­bie möchte ich uns jet­zt und auch mir per­sön­lich die Fra­gen stellen, die uns weit­er­brin­gen kön­nen – zu Antworten, die nicht lang­weilen, son­dern erstaunen.

Denn dieses Bun­destagswahlergeb­nis vom 24.September in Sach­sen ist der größte Umbruch seit 1989, er hat das gesamte Parteien­sys­tem – beson­ders auch in Sach­sen — in den Grund­festen erschüt­tert. Das trifft auch auf uns zu.

Ja, die CDU selb­st hat den Recht­sruck im Lande zu ver­ant­worten. Wenn sich ein Michael Kretschmer nun hin­stellt und sagt, die CDU sei „das Orig­i­nal der AfD“, dann lässt das für die weit­ere säch­sis­che CDU-Poli­tik Schlimm­stes befürcht­en.

Das wer­den wir als kon­se­quent antifaschis­tis­che Partei auch so sagen.

Die Nest­beschmutzer sind ja nicht wir, son­dern die säch­sis­che CDU, die in ihrem Namen das „C“ wie christlich in ein „N“ wie nation­al über­führt. Wenn die CDU Deutsch­lands kon­se­quent wäre, würde sie den Lan­desver­band Sach­sen auss­chließen.

Die größten Prob­leme, die wir in Sach­sen haben, sind ja keine Betrieb­sun­fälle. Sie sind sys­temim­ma­nent, sie grün­den in der Sys­tem­atik der Poli­tik der säch­sis­chen CDU. Ich habe das schon mal die Unart des Regierens der CDU in Sach­sen genan­nt. Denn die CDU lähmt mit obrigkeitsstaatlichem Gehabe die demokratis­che Zivilge­sellschaft.

Die CDU will keine Chan­cen­gle­ich­heit, son­dern eine Teilung der Gesellschaft in oben und unten. Deshalb ist die unsin­nige und zu frühe Tren­nung der Kinder nach Klasse 4 auch gewollt.

Kul­tus­min­is­ter wird man unter der CDU nur, wenn man diesen Unsinn mit­macht. Der neue Kul­tus­min­is­ter — egal ob hemd­särmelig oder nicht — treibt den Unsinn auf die Spitze und dif­famiert den Wun­sch der über­wälti­gen­den Mehrheit der säch­sis­chen Bevölkerung nach län­gerem gemein­samem Ler­nen im Schul­we­sen als – Zitat – „Schul­haus­baupro­gramm“.

Ich bin froh, dass die Ini­tia­tive „Gemein­sam länger ler­nen in Sach­sen“ die Weichen für die Vor­bere­itung in Rich­tung Volk­sentscheid für län­geres gemein­sames Ler­nen gestellt hat. Wozu wir als LINKE den notwendi­gen poli­tis­chen Druck gemacht haben.

Da ste­ht eine echt harte Auf­gabe vor uns allen, also machen wir die näch­ste Land­tagswahl zu ein­er Volksab­stim­mung über Chan­cen­gle­ich­heit und län­geres gemein­sames Ler­nen in Sach­sen!

Auch die Spal­tung des Lan­des ins­ge­samt ist sys­temim­ma­nent – sie ist die Folge der „Leucht­turm-Poli­tik“ der CDU seit 1990. Deshalb muss das The­ma Regio­nen-Gerechtigkeit ein Schw­er­punkt unser­er lan­despoli­tis­chen Arbeit sein. Wir kämpfen für eine Infra­struk­tur-Offen­sive, und das bedeutet vor allem: flächen­deck­ender ange­bot­sori­en­tiert­er öffentlich­er Nahverkehr, schnelles Inter­net über­all und ärztliche Grund­ver­sorgung auch auf dem Land.

Was wir aber im gesamten Land brauchen, ist eine soziale Offen­sive für alle Men­schen die hier leben.

Ja, ich betone es heute noch ein­mal auch in aller Öffentlichkeit: Uns LINKEN geht es um Umverteilung in der Gesellschaft von oben nach unten.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

die LINKE in Sach­sen hat immer schon große Kraftzen­tren — struk­turell, ter­ri­to­r­i­al aber auch per­son­ell — gehabt und nicht sel­ten auch Kon­flik­te zwis­chen diesen. Die sich mit der Zeit auch immer mal wieder wan­del­ten.

Ich glaube, dass es mir in den acht Jahren als Lan­desvor­sitzen­der gelun­gen ist, diese Kraftzen­tren unser­er Partei zusam­men­zuhal­ten bzw. zwis­chen diesen einen Aus­gle­ich hinzubekom­men, also interne Reibereien so zu mod­erieren, dass daraus pro­duk­tive Energie entste­ht. Mein Ziel war es immer, Plu­ral­is­mus und pro­duk­tiv­en Mei­n­ungsstre­it zu unter­stützen.

Das kostet Zeit, Aus­dauer und auch Kraft. Ich sage trotz­dem, ich habe es gerne gemacht. Nie­mand musste mich zwin­gen, mich für das Amt mehrfach zu bewer­ben, auch wenn das Amt eines Lan­desvor­sitzen­den der LINKEN in Sach­sen echt kein „Pony­hof“ ist.

Nun sind 8 Jahre vor­bei und ich habe für mich entsch­ieden, in diesem Amt Schluss zu machen. Obwohl mich Genossin­nen und Genossen in den let­zten Wochen gebeten haben, ich solle doch noch ein­mal kan­di­dieren. Danke für das Ver­trauen und bitte nicht sauer sein, dass ich mich anders entsch­ieden habe.

Am Ende so ein­er Amt­szeit stelle ich mir schon im Sinne von Lisa-Marie Jatzke die Frage:

Warum schaf­fen wir es eigentlich nicht, mehr Men­schen davon zu überzeu­gen, dass die Alter­na­tive zur CDU nicht Recht­saußen in der Grau­zone zwis­chen Zivil­i­sa­tion und Bar­barei liegt?

Son­dern links und damit in der Mitte ein­er sol­i­darischen, human­is­tis­chen und aufgek­lärten Gesellschaft?

Ich denke, das liegt daran, weil wir viel zu oft zu langsam, zu harm­los, zu tech­nokratisch, zu bürokratisch, zu ein­fall­s­los, zu angepasst, kurzum: zu lang­weilig sind. Manche wer­den jet­zt sofort behaupten: lang­weilig gewor­den sind.

Zugegeben:

Der Par­la­men­taris­mus ist ein gnaden­los­es Geschäft. Das ewige Ein­brin­gen von Druck­sachen, die im Geschäfts­gang der tod­sicheren Ablehnung ent­ge­gen­ber­at­en wer­den, führt zwangsläu­fig zu zynis­ch­er Rou­tine und emo­tionalem Ver­schleiß. Auch das ist – sys­temim­ma­nent.

Man kann sich daran gewöh­nen, sorgt doch das Diäten­sys­tem für ein solides Schmerzens­geld.

Aber wir dür­fen uns nicht daran gewöh­nen, liebe Genossin­nen und Genossen.

Deswe­gen sind die, die das aus den eige­nen Rei­hen oder von außen kri­tisieren, keine Nest­beschmutzer, son­dern Mah­n­er in eigen­er Sache.

Die Rolle link­er Abge­ord­neter war immer eine andere als die ihrer kon­ser­v­a­tiv­en oder lib­eralen Kol­legin­nen und Kol­le­gen. Wir sind nicht der ver­längerte Arm eines Estab­lish­ments, son­dern Men­schen, die die Botschaft der Verän­derung von unten auf die Bühne des soge­nan­nten Hohen Haus­es zu tra­gen haben. Das ist unser Job, und den müssen wir ver­dammt noch mal bess­er machen!

Damit uns dies wieder bess­er gelingt, bedarf es ein­er großen Kraftanstren­gung. Und deshalb möchte ich ger­ade jet­zt, da uns der Zer­fall der Staatspartei CDU vor neue Her­aus­forderun­gen stellt, alle meine Kraft als Frak­tionsvor­sitzen­der auf die stärkere Pro­fil­ierung unser­er Auf­gabe als Oppo­si­tions­führerin konzen­tri­eren.

Wer, wenn nicht wir, soll denn Sach­sen von den falschen Dog­men der CDU-Finanzpoli­tik befreien?

Die SPD? Die Grü­nen? Etwa die AfD?

Wir waren es doch, die seit vie­len Jahren vor der falschen, oft nicht notwendi­gen Finanzpoli­tik in diesem Land gewarnt haben.

Wir waren es doch, die immer und immer wieder erk­lärt haben, wir müssen in die Köpfe investieren und nicht auss­chließlich in Beton.

Was uns dabei nicht gelun­gen ist, ist klar zu machen, dass diese Finanzide­olo­gie der säch­sis­chen CDU keine Marotte eines etwas knur­ri­gen Pro­fes­sors auf dem Stuhl des Finanzmin­is­ters ist, son­dern eine beson­ders aus­geprägte Form des Neolib­er­al­is­mus.

Wenn die SPD Sach­sen um den Vizem­i­nis­ter­präsi­den­ten Dulig nun denkt, sie muss nur die Schat­ulle des Finanzmin­is­ters öff­nen, um rechtzeit­ig vor den näch­sten Wahlen irgend­wie Geld übers Land zu schüt­ten, dann kann ich nur sagen:

Ohne einen radikalen Wech­sel in der Art, wie Poli­tik – auch Finanzpoli­tik – in diesem Land gemacht wird, ist das echt raus­ge­wor­fenes Geld!

Oder um Albert Ein­stein zu zitieren: „Prob­leme kann man niemals mit der­sel­ben Denkweise lösen, durch die sie ent­standen sind.“

Die Strate­gie der säch­sis­chen CDU offen­bart sich nun als Bumerang.

Die CDU-geführte Staat­sregierung hat das Land sehen­den Auges in einen drama­tis­chen Lehrer*innenmangel geführt, der sich auch in den näch­sten Jahren weit­er ver­schär­fen wird. In höch­ster Not hat sie ein Maß­nah­men­paket los­geeist, für 213 Mil­lio­nen Euro in zwei Jahren. Aber allein in diesem Jahr steckt der CDU-Finanzmin­is­ter trotz Niedrigzin­sen 231 Mil­lio­nen Euro in die Schulden­til­gung. Wie irre ist das denn?

Die CDU-geführte Staat­sregierung wollte ein Vier­tel der Polizei-Stellen stre­ichen. Die Zahl der Straftat­en stieg und Sach­sen rutschte im Län­derver­gle­ich bei der öffentlichen Sicher­heit vom vierten auf den elften Platz.

Auch hier wurde viel zu spät, zu zöger­lich und zu wenig umges­teuert. Statt für Polizei vor Ort zu sor­gen, ver­greift sich die CDU lieber an Grun­drecht­en und set­zt auf tech­nis­che Überwachung. Das ist ein Irrweg, der nicht beruhigt, son­dern noch mehr verun­sichert!

Von dem immensen, vor allem per­son­ellen Prob­lem in der Jus­tiz, im Strafvol­lzug, an den Hochschulen, im öffentlichen Dienst im All­ge­meinen habe ich noch gar nicht gesprochen.

Zu diesen nur angeris­sen Ver­säum­nis­sen der CDU –Poli­tik der let­zten Jahrzehnte kommt auch eine unsägliche Extrem­is­mus-Debat­te:

Jahre­lang hat die CDU und ihre willfähri­gen Helfer*innen nicht nur in eini­gen Behör­den der Öffentlichkeit einzure­den ver­sucht, dass der Demokratie in Sach­sen gle­icher­maßen Gefahr von rechts und links dro­he.

Ergeb­nis ist eine Ver­harm­lo­sung der extremen Recht­en und eine damit ein­herge­hende offene Aus­län­der­feindlichkeit. Diese Tol­er­anz von Ras­sis­mus trägt ger­ade in Sach­sen ihre Früchte.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

ich behaupte, diese Extrem­is­mus-Debat­te ver­fängt auch in Teilen der eige­nen Partei und bei manchen Wähler*innen der LINKEN.

Was ich mir zum Beispiel seit vie­len Jahren für Vor­würfe zur poli­tis­chen Arbeit von Jule Nagel anhören muss, geht schon lange nicht mehr auf die so oft zitierte Kuh­haut.

Wenn wir also nicht aufhören, dem neolib­eralen Zeit­geist in unseren eige­nen Rei­hen Tür und Tor zu öff­nen, dann brauchen wir uns über unsere öffentliche Wahrnehmung nicht zu wun­dern, liebe Genossin­nen und Genossen.

Ich finde es toll, wenn Genoss*innen wie Jule Nagel eine ganz starke Grundüberzeu­gung haben von ihrer eige­nen poli­tis­chen Agen­da und  zugle­ich immer bere­it sind, andere Argu­mente anzuhören und sie – wenn notwendig zu berück­sichti­gen in ihren eige­nen Über­legun­gen.

Wir LINKE sind keine gek­lon­ten Parteisol­dat­en, ehrlich und offen aus­ge­tra­gen­er Mei­n­ungsstre­it sollte unser poli­tis­ches Grund­nahrungsmit­tel sein!

Wenn wir in diesem Herb­st an hun­dert Jahre Okto­ber­rev­o­lu­tion denken, dann gehen uns neben allen his­torischen Irrtümern im Namen des Sozial­is­mus auch die großen sozialen Prob­leme jen­er Zeit durch den Kopf.

Wenn Unrecht nicht rechtzeit­ig vernün­ftig beseit­igt wird, entlädt es sich in Ver­w­er­fun­gen.

Wir haben es ger­ade hier im Osten mit ein­er mas­siv­en Ent­täuschung seit der Wende zu tun, die viele 1989/1990 als Auf­bruch ver­standen haben. Diese Ent­täuschung wird durch ein mas­sives Demokratie- und Rechtsstaatsver­sagen ger­ade auch hier in Sach­sen noch ver­stärkt.

Auch deshalb haben wir als LINKE Sach­sen neue Auf­gaben von his­torisch­er Trag­weite zu bewälti­gen. Die da wären:

1. Wir müssen ger­ade in Sach­sen die Demokratie-Block­ade der CDU-geführten Staat­sregierung und ihrer obrigkeit­shöri­gen Staats­funk­tionäre auf allen Ebe­nen durch­brechen.

2. Wir müssen den Men­schen eine Per­spek­tive für ihre Zukun­ft anbi­eten, für ihre Kinder und ihre Enkelkinder an jedem Ort in Sach­sen.

3. Wir müssen prekarisierte Wähler*innen zurück­gewin­nen, sie dür­fen aber nicht gegen neu gewonnene Wähler*innen und Mit­glieder aus­ge­spielt wer­den.

Liebe Genossin­nen und Genossen,

habe ich eigentlich wie im Märchen drei Wün­sche frei?

Wahrschein­lich nicht. Und trotz­dem….

Ich wün­sche mir natür­lich neben ein­er schlagkräfti­gen Frak­tion eine eben­solche Partei.

Nach dem ich mich entsch­ieden habe nicht wieder zu kan­di­dieren und Antje mir sig­nal­isiert hat für diese Auf­gabe zur Ver­fü­gung zu ste­hen, habe ich viele Gespräche geführt und nie ein Geheim­nis aus meinem Vorschlag gemacht.

Na klar gab es auch Genoss*innen die Bedenken geäußert haben, was jet­zt nicht über­raschend ist.

Ich habe im Lan­desvor­stand am 29. Sep­tem­ber meinen Vorschlag vor­ge­tra­gen und einen Tag später wur­den die Medi­en informiert.

Was sind meine Gründe für den Vorschlag Antje Feiks:

Anhand ihrer Lebens­geschichte kann man sagen, dass sie eine echte Linke ist. Sie weiß, wie unsere Partei, unser Lan­desver­band, tickt. Sie ist eine Net­zw­erk­erin und ist auch bun­desweit inner­halb der Partei gut ver­net­zt.

Sie hat sich vor allem bei Mitwirkungsmöglichkeit­en der Mit­glieder­schaft, aber auch bei den The­men Osten und Europa her­vor­ge­tan. Wenn es hart auf hart kommt, kann sie kämpfen und — bess­er ver­han­deln als ich. Und sie hat sich irgend­wie einen Blick auf die Partei von außen bewahrt.

Auch deshalb, weil ihr beru­flich­er Werde­gang jen­seits der Poli­tik ange­fan­gen hat.

Bei ihr wird die säch­sis­che LINKE in guten Hän­den sein.

Wir haben aus his­torischen Grün­den anders als CDU und SPD keine Generalsekretär*in, die dann auch noch von der jew­eili­gen Vor­sitzen­den vorgeschla­gen wird. Die Lan­des­geschäfts­führung ist bei uns in erster Lin­ie eine admin­is­tra­tive und in beschränk­tem Umfang eine poli­tis­che Tätigkeit.  Die bei­den Per­so­n­en an der Spitze der Lan­despartei müssen im Ein­vernehmen wirken. Aus der Geschichte des eige­nen Lan­desver­ban­des soll­ten wir eigentlich wis­sen, dass das Gegen­teil im Chaos endet.

Mein drit­ter Wun­sch:

Wie schon gesagt, kön­nen und müssen wir uns stre­it­en. Über die richtige Strate­gie, die richti­gen The­men, die richtige Ansprache und auch über unser Per­son­al.

Nur lasst uns bitte vere­in­baren, dass es dafür Orte gibt: gewählte Gremien, Räume, wo nach legit­imierten Regeln disku­tiert und trans­par­ent entsch­ieden wird.

Und ja, wir entschei­den mit qual­i­fizierten Mehrheit­en. Bedeutet nicht, dass die Mehrheit Recht haben muss.

Nur sollte eine Min­der­heit akzep­tieren, dass es Mehrheit­sentschei­dun­gen gibt, und Mehrheit­en müssen akzep­tieren, dass es trotz­dem eine Min­der­heit­en­po­si­tion geben kann.

BEIDES gehört zum Respekt vor unser­er inner­parteilichen Demokratie!

Es geht nicht um Sieger und Besiegte. Es geht um eine hand­lungs­fähige Mehrheit.

Auch wenn ich meine Redezeit jet­zt überziehe –es ist das let­zte Mal als Lan­desvor­sitzen­der – so möchte ich mich fast am Schluss bei all denen bedanken, mit denen ich in den let­zten Jahren Poli­tik machen durfte, im Großen wie im Kleinen.

Es waren viele, deswe­gen will ich echt keine Namen nen­nen.

Was mir aber ein Bedürf­nis ist:

Ich möchte mich bei den Mitar­bei­t­erin­nen und Mitar­beit­ern der Lan­des­geschäftsstelle bedanken.

Sie waren immer, nicht nur für mich, ein Garant dafür, dass die Partei in den let­zten Jahren echt als Organ­i­sa­tion funk­tion­iert hat, und wenn ich dazu noch weiß, dass es in den ver­gan­genen 17 Jahren einen 100%igen Wech­sel von ganz erfahre­nen zu ganz jun­gen und neuen Mitarbeiter*innen gegeben hat, was ohne Brüche erfol­gt ist, dann macht mich das echt auch ein wenig stolz.

Habt vie­len Dank!

„Eins ist klar: So kann das nicht weitergeh‘n mit dem Land.“ singt Kraftk­lub.

Ich sage:

Wir machen dem Land ein Ange­bot, wie es weit­erge­hen kann mit „unserem“ Sach­sen. Ich freue mich, liebe Genossin­nen und Genossen, dass ihr hier seid und daran mitar­beit­et.

Glück Auf!