Kretschmers „Plan“ ist ein Phantom – werden CDU und SPD diesen Meister des Nichtssagenden wählen?
Zum Interview mit „Sachsens designiertem Ministerpräsidenten“ Michael Kretschmer in der „Sächsischen Zeitung“ vom Wochenende erkläre ich:
Kretschmers „Plan für Sachsen“ ist ein Phantom. Er will „höhere Löhne“, kämpfte aber bis zuletzt gegen den Mindestlohn. Er spricht von „gesellschaftlichem Zusammenhalt“, verweigert aber Geflüchteten das Familienleben. Er bekennt sich zu einer unbestimmten „Fehleranalyse“ und tut zugleich so, als habe die CDU Sachsen bisher alles toll gemacht. So wird das nichts mit dem Neuanfang.
Offenbar lebt der designierte CDU-Ministerpräsident in einer Parallelwelt wie sein Vorgänger Tillich. Kretschmer bescheinigt Tillich, „ein kraftvoller Vertreter unserer sächsischen Interessen“ bei den Sondierungsgesprächen in Berlin zu sein. Zugleich spricht er davon, dass man dort „uns als Industrieland voll gegen die Wand fahren wird“. Das passt alles nicht zusammen.
Mangels echter eigener Ideen pflegt Kretschmer weiter den verhängnisvollen, längst gescheiterten Sachsen-Chauvinismus und behauptet wider alle sozioökonomischen Fakten, die CDU-Finanzpolitik habe „den Freistaat Sachsen so groß gemacht im Vergleich zu anderen Bundesländern“. Die Menschen haben eine andere Wahrnehmung: Die niedrigsten Löhne sind hier ebenso zu finden wie Ärztemangel und ein völlig unzureichender öffentlicher Personennahverkehr in den Regionen, mit dem man ohne Auto eben nicht mobil sein kann.
Wenn Herr Kretschmer schließlich ein „hohes Vertrauen in die sächsische Union, aber auch in meine Person“ spürt, dann hat er wohl schon lange keine Leserbriefspalten in den Zeitungen mehr gelesen. Die Menschen in der Oberlausitz haben Kretschmer aus dem Bundestag hinaus gewählt – und hatten dafür offenbar gute Gründe. Dass er sie nun in Sachsen regieren soll, ist ein schlechter Witz. Das bestätigt dieses Interview ohne Substanz.
Die Frage, ob er nun künftig längere Haare haben wird oder weiter einen Bart, interessiert vermutlich außer Antje Hermenau, die meinte, diese Sache öffentlich thematisieren zu müssen, niemanden wirklich. Oder um die alte Redewendung zu gebrauchen: Der Bart ist ab bei der sächsischen CDU, es geht nichts mehr. Kretschmer ist politisch ein Tillich hoch zwei: Er möchte wie sein Vorgänger eine Projektionsfläche der Hoffnung werden – selbst ganz leer und bar klarer landespolitischer Programmatik. Das Modell funktioniert aber nicht mehr, denn professionelle Kommunikation kann keine inhaltsleere Politik aufwiegen.
Mit diesem Interview hat Herr Kretschmer keinerlei Grund geliefert, ihn zum Ministerpräsidenten zu wählen. Ich bin gespannt, ob die Abgeordneten von CDU und SPD diesem Meister des Nichtssagenden tatsächlich folgen werden. Die Abstimmung ist ja glücklicherweise geheim.