Familien-Feiertag für Sachsen – auch als Ausgleich für unbezahlte Mehrarbeit und Zusatzbelastung durch Bußtag
Der Entwurf eines „Gesetzes zur Einführung eines Kinder- und Familienfreitages als gesetzlicher Feiertag“ (Parlaments-Drucksache 6/13238) der Linksfraktion steht heute zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung des Sächsischen Landtags. Dazu erkläre ich: Wir haben zwei Feiertage weniger als Bayern. Die Besonderheit unter allen Bundesländern ist, dass nur die Menschen in Sachsen für einen ihrer gesetzlichen Feiertage – den Buß- und Bettag – zusätzlich bezahlen müssen, nämlich mehr für die Pflegeversicherung. Der DGB hat das mal ausgerechnet: Jede Beschäftigte aus Sachsen zahle im Schnitt zehn Euro im Monat oder, bei einem Bruttoeinkommen von 3.100 Euro, 190 Euro im Jahr.
Es gibt aber auch einen grundsätzlichen Entschädigungsbedarf. Nämlich den für zunehmende unbezahlte Arbeit. So hat es nach den letzten verfügbaren Zahlen von 2017 in Sachsen 58,4 Millionen Überstunden gegeben. Das entspricht einem Anstieg um sagenhafte 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Hälfte davon ist unbezahlt. Wer ein bisschen rechnen kann, kann sich leicht ausrechnen, dass jede/r Beschäftigte/r dem Unternehmen zwei Arbeitstage geschenkt hat. Da ist es nur recht und billig, wenn wir einen dieser Arbeitstage zurückschenken.
Ein solcher Feiertag wäre ein starkes Signal an die Familien in Sachsen – wobei für uns LINKE Familie nicht ausschließlich Mama, Papa, Kind ist. Dieser neue Feiertag passt als nichtkonfessioneller Feiertag zu einer Gesellschaft, die zu drei Vierteln nicht religiös, aber an humanistischen Werten des Zusammenlebens interessiert ist. In einer Zeit, in der es nur um höher, schneller, weiter geht, wäre ein solcher Feiertag genau das richtige. Die IG Metall hat in ihrem letzten Tarifabschluss mit dem Slogan „Mein Leben, meine Zeit“ eine neue Richtung eingeschlagen: So können Beschäftigte zwischen mehr Geld und mehr Freizeit (zusätzliche Urlaubstage) wählen. Eine erste Zwischenbilanz einer Befragung, für was sich die Beschäftigten entscheiden, zeigt: 70 bis 80 Prozent haben sich für mehr freie Zeit entschieden.
Nun werden wirtschaftspolitische Ladenhüter als Gegenargumente angeboten, die niemand mehr abkauft: Ein weiterer Feiertag schade der Wirtschaft. Dann müsste die Wirtschaft in Bayern und Baden-Württemberg längst zusammengebrochen sein. Unabhängig von der Landtags-Entscheidung hat meine Fraktion gestern per Beschluss die Betriebsvereinbarung mit den Beschäftigten der Fraktion dahingehend geändert, dass den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ab diesem Jahr ein Familientag als freier Tag gewährt wird, immer am ersten Freitag im Juni.