Jüdisches Leben fördern, aber Kampf gegen Antisemitismus nicht vernachlässigen – zur Berufung von Thomas Feist
Zur Berufung des früheren CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Feist zum „Beauftragten zur Förderung des jüdischen Lebens“ erkläre ich:
„Im Januar 2018 haben wir gefordert, bei der Staatskanzlei eine Antisemitismus-Beauftragte oder einen Antisemitismus-Beauftragten zu berufen (Drucksache 6/12174). Sie oder er soll den Kampf gegen Antisemitismus koordinieren und mit der Zivilgesellschaft zusammenwirken. Lange haben uns die Regierung und die CDU-Fraktion erklärt, das sei unnötig. Nun aber hat sich die Regierung bewegt und einen Beauftragten für die Förderung des jüdischen Lebens berufen. Das ist gut – wir freuen uns, dass unser Druck offenbar gewirkt hat.
Wir sind gespannt, wie und mit welcher Autorität Thomas Feist sein Amt ausüben wird. Die Voraussetzungen könnten besser sein – nicht nur weil seine Berufung anscheinend vor allem dazu dient, einem unterlegenden CDU-Bundestagskandidaten ein neues öffentliches Amt zu verschaffen. Insbesondere die finanzielle Ausstattung seines Amtes sowie dessen ministerielle Zuordnung sind inakzeptabel. Mit kärglichen 150.000 Euro pro Jahr kann der Antisemitismus nicht wirksam bekämpft und zugleich jüdisches Leben gefördert werden. Mit der Zuordnung zum Kultusministerium anstatt zur Staatskanzlei wird das Amt symbolisch abgewertet. Unabhängig von der Personalie Thomas Feist bezweifeln wir zudem, dass die oder der Beauftragte das breite Aufgabenspektrum des Amtes bewältigen kann, wenn sie oder er noch den eigenen Lebensunterhalt verdienen muss. In diesem Fall wäre ein Hauptamt besser als ein Ehrenamt.
Es sollte zum Amtsverständnis des Beauftragten gehören, neben der Förderung des jüdischen Lebens auch präventiv gegen Antisemitismus vorzugehen. Laut dem neuesten Sachsenmonitor meinen 21 Prozent der sächsischen Bevölkerung, Juden versuchten ‚heute Vorteile daraus zu ziehen, dass sie während der Nazi-Zeit die Opfer gewesen sind‘. Dieser Wert ist seit 2017 um fünf Prozentpunkte gestiegen. ‚Die Juden haben einfach etwas Besonderes und Eigentümliches an sich und passen nicht so recht zu uns‘, meinten elf Prozent, geringfügig mehr Menschen als im Vorjahr. Und 2018 erlebte Sachsen einen neuen Höchststand der Zahl antisemitisch motivierter Straftaten, die zumeist rechtsmotiviert sind. Nie wieder sollen jüdische Bürgerinnen und Bürger in unserem Land Opfer werden, weil sie Jüdinnen und Juden sind.“